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Full text of "Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns"

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B6 


THIS  BOOK  IS  DUE  ON  Tt 
INDICATED  BELOW  AND 
JECT  TO  AN  OVERDUE 
POSTED    AT    THE    CIRCI 
DESK. 


MAK  Z  1  1988 


I 


Ergebnisse 

über  die  Konstitution  der 
chromatischen  Substanz  des 

Zellkerns. 


Von 


Dr.  Theodor  Boveri, 

Professor  an  der  Universität  Würzburg. 


Mit  75  Abbildungen  im  Texte. 


QH605 
B6 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena 

1904. 


Verlag  von   GUSTAV   FISCHER  in  JENA. 


n    .,  ^         i.  |    Dr.  Theodor  Boveri,   Professor  an  der  Universität 

AClICtl-OllKlICn.   Würzbui         II«  li    I.     Die    Bildung   der    Richtungskörper 

i    und    Ascaris  lumbrieoides.     (Aus   dem  Zoologischen 

Mit  -1  lithographischen  Tafeln.     Preis:  4  Mark 

||,,:    11       I>i-    Befruchtung  und  Teilung  de>  Eies  von  Ascaris  mega- 

hen    Institut   zu  München.)     1888.     Mit  5  litho- 

|-,,  Mark  DO  Pf.         Heft  III.     Ueber  das  Verhalten 

nz  bei  der  Bildung  der  Richtungskörper  und  bei 

Mii    :;  lithographischen    Tafeln.     Preis:   4  Mark.   — 

x.iiiir   der  Centrosomen.     1901.     Mit  8  lithographischen 

ii.     Preis:   15  Mark. 

Das  Problem  der  Befruchtung.  l°^r-™^™ttl 

n  im  Text.     1902.     Preis:  1   Mark  80  Pf. 

Zoll-  und  Protoplasmastudien.  S^rSISÄ 

r    Kern-  und   Zellteilung.     Nach   Untersuchungen  an  Nocti- 

i  j.iiii-iinii.     Mit  4  Tafeln   und  23  Textabbildungen.   Preis: 

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N'atorwissenschaftl.  Wochenschrift,  Bd.  XIV,  Nr.  33  v.  13.  August  1899: 

die,    denen    wirkliche  Erkenntnis    wichtiger    ist  als  eingebildete,    muß  ein 
ich,  das  ruhige  und  verständige  Kritik  übt,   willkommen  sein. 

Untersuchungen  über  den  Bau  der  Cyanopbyceen 

)inJ   D -»Uf/\r»mM      ^  ""  Alfred  Fischer,  a.  o.  Prof.  der  Botanik  in  Leipzig. 
UHU   udKlmCIL    Mit  \i  Tafeln.     Preis:  7  Mark. 

Uci  Reichende  ebemisebe  Pbysiologie  der  niederen 

j    JAff>       ^  "n   ' )r    <>tto  von  Pnrth,  Privatdozent   an   der   Universität  Strass- 
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lienstliches  und  mit  erklärenden  Figuren  in  trefflicher 
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ächaften  der  modernen  mikroskopischen  Forschung 
•  Oscar  Hertwig. 

Ueber  das  Scbicksal  der  elterlicben  und  grosselter- 

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•      '  Mark. 


Ergebnisse 

über  die  Konstitution  der 
chromatischen  Substanz  des 

Zellkerns. 


Von 


Dr.  Theodor  Boveri, 

Professor  an  der  Universität  Würzburg. 


Mit  75  Abbildungen  im  Texte. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena 

1904. 


Eii*  B.  H.  Hill 

tibrarii 
6 


rth  (Earalttn  £tatr 
Unilair 


135909 

This  book  may  be  kept  out  TWO  WEEKS 
ONLY,  and  is  subject  to  a  fine  of  FIVE 
CENTS  a  day  thereafter.  It  is  due  on  the 
day  indicated  below: 


(4W> 

;AU6  1 


3  1986 


NUV  2  1  IÄö 


L)ie  folgende  Schrift  ist  die  erweiterte  Bearbeitung  eines 
Referats,  welches  ich  auf  Wunsch  der  Vorstandschaft  der 
Deutschen  Zoologischen  Gesellschaft  auf  deren  XIII.  Jahresver- 
sammlung zu  Würzburg  an  Pfingsten  dieses  Jahres  vorgetragen 
habe*).  Da  der  behandelte  Gegenstand  über  den  Kreis  der 
engeren  zoologischen  Fachgenossen  hinaus  bei  Anatomen, 
Physiologen,  Botanikern  auf  Interesse  rechnen  darf,  schien  es 
gerechtfertigt,  eine  in  dieser  Art  noch  nicht  vorliegende  zu- 
sammenfassende Darstellung  allgemeiner  zugänglich  zu  machen. 
Dabei  wurde  die  ursprüngliche  Fassung  sowohl  im  einzelnen 
vielfach  erweitert,  als  auch  durch  Hinzufügung  zweier  neuer 
Abschnitte  vermehrt;  endlich  sind  eine  Anzahl  Textbilder  beige- 
geben worden,  durch  die  dem  Leser  die  wesentlichen  Beweismittel 
der  dargestellten  Lehre  vorgeführt  werden.  In  diesem  Zustand 
könnte  die  Schrift  vielleicht  geeignet  sein,  auch  dem  Ferner- 
stehenden als  eine  Einführung  in  die  Probleme  der  Kern- 
morphologie  zu  dienen. 

Die  überraschende  Art,  in  welcher  Mitte  der  achtziger 
Jahre  die  theoretischen  Postulate  über  Vererbung  mit  den  Be- 
obachtungen über  das  Verhalten  des  Chromati ns  bei  der  Zell- 
teilung und  Befruchtung  zusammentrafen,  hat,  hauptsächlich 
unter  dem  Einfluß  der  fruchtbaren  Theorien  August  Weismanns, 
dazu  geführt,  daß  sich  die  Chromatinprobleme  in  der  Behand- 

*)  Verhandlungen  der  Deutschen  Zoologischen  Gesellschaft.  XIII.  Jahres- 
versammlung.     Leipzig   1903. 


[  V  rt* 

Ltoren    so    sehr   mit   spekulativen    Elementen 

[gen,    daß  die  Grenze  /wischen  den  Tatsachen 

annahmen  in  vielen  Schriften  fast  völlig  verwischt 

r   Zustand    hat   es   auf   der  anderen  Seite  dahin 

daß  auch  das  rein   und  streng  Naturwissenschaftliche 

ur  Von    manchen  Seiten    als  willkürliches  Spiel 

htet  und  verachtet  wird. 
II  ü  scheiden,  scheint  mir  ein  Bedürfnis  zu  sein. 

I  :    schichte  unseres  Wissensgebietes  in  den  letzten 
fahren  [  t    hat,    wird    bereitwillig   und    dankbar   aner- 

wertvoll,    ja    vielleicht    unersetzlich    gerade    auf 
Feld    der   Versuch    gewesen   ist,   aus   spärlichen   Tat- 
dun  h  Verbindung  mit  einem  konsequenten  Hypothesen- 
:.    Bild    dessen    zu   konstruieren,    was   in  seiner  wahren 
vielleicht  von  einer  fernen  Zukunft  erhofft  werden  darf. 
>t   nicht   zu    bezweifeln,   daß  der  Wunsch  nach  Ver- 
L<  her    theoretischer   Luftschlösser   ein  mächtiger 
zu    mühevollsten    Einzeluntersuchungen    g'ewesen    ist. 
wo    wir    uns    über   den    wirklichen   Fortschritt  Rechen- 
llen,    müssen    wir    uns   klar  darüber  sein,  wie 
htung    und    F.xperiment    für    sich    allein    zur    Zeit 
m  gen.     Diesen    Bereich    abzustecken,    ist    die 

der  die   folgende  Darstellung  dienen  soll;    aber 
wollte    ich    bei    der    Beschränkung    auf   diese   Grenzen 
allernächste    I  Ivpothesenatmosphäre    verzichten, 
•    die  i<-d<-r  Tatsachenkörper  tot  bleiben  muß. 

W Qrzburg,  Juli    H103. 

Th.  Boveri. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 
I.   Die  Theorie   der  Chromosomenindividualität 4 


II.   Über  die   Teilunosstruktur  der  Chromosomen 


'& 


23 


III.  Qualitative  Verschiedenheit  im  einzelnen  Chromosoma 20 

IV.   Verschiedenwertigkeit  der  einzelnen   Chromosomen  eines  Kerns       ...  42 

V.   Die  Reduktion  der  Chromosomenzahl  in  der  Oo-  und  Spermatogenese    .  59 

VI.   Über  die  Möglichkeit  und  das  Vorkommen  qualitativ  ungleicher  Kernteilung  78 

VII.   Zusammenfassung   und  Ausblicke •      •  S() 


'& 


Wenn  ein  Zoologe  die  Konstitution  der  chromatischen 
Kernsubstanz  zu  seinem  Thema  wählt,  so  hat  er  kaum  nötig 
zu  sagen,  daß  der  Ausdruck  Konstitution  nicht  im  chemischen 
Sinn  gemeint  ist.  Aber  auch  von  Struktur  im  morphologischen 
Sinn,  wie  sie  durch  Analyse  bestimmt  präparierter  Zellkerne 
mit  stärkster  Vergrößerung  erkannt  werden  kann,  soll  hier 
nicht  die  Rede  sein.  So  viel  Wertvolles  auch  über  die  Anord- 
nung der  färbbaren  Substanz  in  ruhenden  Zellkernen  ermittelt 
worden  ist*),  die  allgemeine  Erkenntnis,  die  bisher  aus  diesen 
Beobachtungen  fließt,  scheint  mir  doch  zu  gering  zu  sein,  als 
daß  viel  darüber  zu  sagen  wäre. 

Man  wird  vielleicht  fragen,  was  nun  noch  übrig  bleibt, 
wenn  es  sich  weder  um  chemische  Konstitution,  noch  um 
mikroskopisch  erkennbare  Kernstruktur  handeln  soll.  Denn  auch 
ein  Drittes,  woran  noch  gedacht  werden  könnte:  mechanische 
Eingriffe  behufs  Entfernung  einzelner  Teile  und  Beobachtung 
der  Folgen,  ist  an  den  Kernen,  diesen  winzigen,  in  ein  anderes 
Lebendes  eingeschlossenen  Gebilden,  bisher  nicht  möglich  £ 
wesen. 

Und  doch  besteht  noch  ein  Mittel,  um  über  die  Kon- 
stitution der  chromatischen  Substanz  des  Zellkerns  Erfahrungen 
zu    machen    und.    wie    mir  scheint,    die   wichtigsten,   die    bisher 


*)  Es    sei    hier    nur  auf    die   neueste  Arbeit   auf   diesem   Gebiet,  die  Schrift 
von  E.   RöHDE  (78),  hingewiesen. 

Boveri,  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


ht   v.  :i    sind:    das   ist  das  Studium  der  Zustände,  die 

reilung   des   Kerns  auftreten.     So  wenig  ein  ruhender 

für    in  gen    Hilfsmittel   an    scharf  zu   fassenden 

darbietet,  sobald  er  sich  teilt,  tritt  Zahl  und  Ord- 

ganze    chromatische  Substanz    zeigt   sich   nun 

ntriert  in  eine  bestimmte  Zahl  bestimmt  geformter  Stücke, 

hromosomen.      Von    diesen     Körperchen,    die     in    so 

kwürdi]  zmäßiger  Weise  den  Übergang  vom  Mutter- 

rn   zu   den    rochterkernen    vermitteln,    wollen    wir   ausgehen 

und    uns    die    I  vorlegen,    inwieweit    wir   von  hier  aus  zu 

gen   Sätzen   über  die  Kernkonstitution  gelangen 

Unter    „chromatischer    Substanz"    verstehe    ich    also 

r   die   Substanz,    die    uns   in    den  Chromosomen    vor- 

.  '     und  das,   was  im  ruhenden  Kern  aus  ihr  wird  cder  was 

•    ruhenden   Kern   sich  wieder  zu   den    neuen  Chromo- 

m    zusammenzieht     (  >b    sich   diese  Substanz    der  Chromo- 

selbst    wieder   als    irgendwie   zusammengesetzt    erweist, 

•   hier  gänzlich    unberücksichtigt.     Es   mag   also  sehr 

■  ■hl  sein,  daß  hier  unter  ..chromatischer"  Substanz  auch  Teile 

inbegriffen    werden,    die    im    ruhenden    Kern    gerade    als 

.••".  als  „Linin",  „Plastin"  oder  anderswie  bezeichnet 

für    unsere    Betrachtungen    ganz    gleich- 

wenn   das.   was  durch  dvn   ruhenden  Kern  hindurch  die 

tat   der  Chr         somen   vermittelt,   überhaupt  gar  nicht 

rer  Bestandteil  wäre.    Dies  alles  berührt  uns  hier  des- 

1  sich,  wie  das  Folgende  zeigen  wird,  die  ganze 

lediglich  auf  das  aufbaut,    was  uns   die  isoliert 

iromosomen    und    die   ganzen  Kerne    erkennen 

n    i]<r    chemischen    oder   mikrochemischen 

nmter  Kernsubstanzen  zur  Kernfunktion  einstweilen 

Brücke  führt.     Man  könnte  vielleicht  einwenden,  daß  es 

•)  wäre,  dem  zu  besprechenden  Gegenstand 


~       3 

einen  anderen  Titel  zu  geben;  allein  ich  wüßte  keinen,  der 
bei  unserer  gegenwärtigen  Terminologie  nicht  in  noch  höherem 
Grad  mißverständlich  wäre,   als   es   der   gewählte  vielleicht   ist. 

Viele  Namen  wären  anzuführen,  wollte  ich  alle  Forscher 
aufzählen,  die  an  den  Fundamenten  unserer  Lehre  mitgebaut 
haben.  Flemming  aber  muß  genannt  werden  als  derjenige, 
dem  wir  den  Begriff  des  Chromatins  und  die  Verfolgung 
des  Kreislaufs  dieser  Substanz  vor  allem  verdanken.  Aber 
es  blieb  Flemming  bekanntlich  versagt,  den  Schlußstein  in 
das  von  ihm  so  weit  geförderte  Gewölbe  einzufügen.  Wohl 
hat  er  die  Spaltung  der  Chromosomen  in  je  zwei  Schwester- 
chromosomen gesehen;  aber  erst  E.  van  Beneden  (3)  und 
Heuser  (54)  vermochten  1884  nachzuweisen,  daß  von  den 
beiden  Tochterschleifen  eines  jeden  Chromosoma  jede  für  eine 
andere  Tochterzelle  bestimmt  ist,  was  freilich  im  Grunde 
schon  aus  der  Darstellung  Bütschlis  von  1876  (22)  zu  ent- 
nehmen war. 

Unsere  Überzeugung  von  der  Zweckmäßigkeit  und  von 
der  Sparsamkeit  der  Mittel  in  den  Einrichtungen  der  Lebe- 
wesen ist  eine  so  feste,  daß  angesichts  des  so  minutiös  und 
wunderbar  genau  arbeitenden  karyokinetischen  Apparats  un- 
willkürlich die  Idee  entstehen  mußte,  daß  in  den  Chromosomen 
Gebilde  mit  einer  ganz  bestimmten  Struktur  vorliegen  und  daß 
es  wichtig  oder  notwendig  ist,  genau  die  gleiche  Struktur  von 
einer  Zellgeneration  auf  die  nächste  zu  übertragen,  woraus 
ohne  weiteres  folgen  würde,  daß  diese  bestimmte  Struktur  sich 
auch  in  der  scheinbaren  Regellosigkeit  des  ruhenden  Kerns 
erhält.  In  den  lichtvollen  Darlegungen  von  Rorx(;u>,  in  den  Er- 
örterungen über  Vererbung,  die  von  Strasburg  i:n  190),  O.  1 1 1:1:1- 

WIG  (48),    KOELLTKER  (55),   WEISMANN   ( I  oo),    DE   VEIES  (96)   U.  .1. 

an  E.  van  Benedens  fundamentale  Ascaris-  Entdeckungen 
angeknüpft  worden  sind,  sehen  wir  diese  Überzeugung  sich 
äußern. 


I  ),.m  -  ili«  li  sind  Erwägungen  dieser  Art  nichts; 

hnend,   daß   es  vorwiegend  Morphologen  ge- 

Ichen  Gedanken  Ausdruck  gaben,  während 

m  allgemeinen  ablehnend  verhalten,  obgleich 

ben  erwähnten  Schriften  ausgegangen 

i  Grunde  dir  Funktion  des  Chromatins  und  also 

hes  Problem  ersten  Ranges  ist.     Aber  das, 

Air  ten    konnten,    sind    eben    nur 

im    besten    Fall    hohe  Wahrscheinlichkeit,    nicht 

Physiologie   sie  verlangt.     Und   es   wird  zu- 

nicht   jeder,    der    zu    denken    vermag, 

.   werden  kann,  die  Sicherheit  eines  Ergebnisses  an- 

rkennen  g<     st<-ht    dasselbe,    mag    die  Bedeutung   des 

noch  .s<»  hohe  sein,  an  wissenschaftlichem  Rang 

r  unl  irdneten  Stufe. 

W  h  .tl><>    im    folgenden    untersuchen  möchte,   das  ist 

>1>    und    inwieweit    die    Erscheinungen    der   Kern- 

und    die     Experimente,    die    daran    geknüpft    werden 

.  uns  in  die  Lage  versetzen,  exakte  Ergebnisse  in  dem 

wie    man    in    der    Physik    und    Chemie    von    Exaktheit 

Iber    die    Konstitution    und    vielleicht    auch    über    die 

romatischen   Kernsubstanz  zu  gewinnen. 


I    Die  Theorie  der  Chromosomen-Individualität. 

Erscheinung,  die  zu  einer  Erklärung  auffordert, 

in    der    Zahl    der    Chromosomen.      An- 

ach  r   Jahre    hatten    die    Untersuchungen    von 

EMMING    STRASBURGES   van    Bendek  u.  a.  allmählich   zu  der 

"t.     daß    die    Zahl    der    Chromosomen    in 
für   jede    Organismenart    die    gleiche    oder 
';«-  gleiche  sei. 


5 


Den  ersten  wichtigen  Schritt  zur  Aufklärung  dieser  merk- 
würdigen Konstanz  hat  1885  C.  Rabl  (75)  getan.  Eine  Ver- 
gleichung  der  Chromosomenstellung  bei  der  Kernbildung  mit 
der  bei  der  Kernauflösung,  die  er  an  Epidermiszellen  der  Sala- 
manderlarve vornahm,  ergab  das  bemerkenswerte  Resultat,  daß 
die  Chromosomen,  die  aus  dem  ruhenden  Kern  hervorgehen, 
annähernd  in  der  gleichen  charakteristischen  Stellung  auftreten, 
die  die  Tochterchromosomen  beim  Übergang  in  das  Kernge- 
rüst  zu    einander   einnehmen.     Fig.    1    und    2    veranschaulichen 


Fig.   1. 


Fig.   2. 


• 


Fig.    I    und    2.      Epidermiszellen    der    Larve    von    Salamandra    maculata 

(nach  C.  RABL75).    Fig.  1.    Tochterchromosomen  im  Begriff,  den  Kern   zu   bilden. 

Fig.   2.     Mutterchromosomen,  aus  dem  ruhenden   Kerngerüst  einstanden. 


die  Entdeckung  Rabl's.  Zufolge  der  Art,  wie  die  beiden 
Gruppen  der  Tochterchromosomen  während  der  Mitose  aus- 
einander bewegt  werden,  sind  diese  Elemente  in  jeder  Gruppe 
annähernd  in  der  Mitte  ziemlich  scharf  umgebogen;  dieser 
„Schleifenwinkel"  ist  dem  Spindelpol  zugekehrt,  die  freien 
Enden  sind  gegen  den  Äquator  gerichtet.  In  dieser  Anord- 
nung gehen  die  Chromosomen,  wie  Fig.  1  zeigt,  in  die  Bil- 
dung des  ruhenden  Kerns  ein  und  lösen  sich  alsbald  in  ein 
Schwammwerk  auf,  in  welchem  von  jener  Anordnung  kein." 
Spur  mehr  erkennbar  ist.     Bereitet   sich  nun    aber   ein    solcher 


— 

Kern  zur  nächsten    teilung  vor,  so  kommen  die  neuen,  durch 

Gh  rüsts  entstehenden  Schleifen  sofort  in 
hen  charakteristischen  Stellung  zum  Vorschein  (Fig.  2): 
nwinkel  finden  sich  alle  oder  fast  alle  an  der  einen 
und   zwar   .111   jener,    an    der   vorher   der  Spindelpol 
Rabl's  Polseite  des  Kerns),  angeordnet,  die  Enden 
re    Kernseite  ein.      Kabl  erklärt  es  für  un- 
•  im   ruhenden   Kern   keine  Spur  dieser  Anordnung 
hr   vorhanden   sein   sollte;   er   nimmt  an,   daß  ein  Rest  der 
matinfäden   sieh  erhalte  mit  wesentlich  derselben  Verlaufs- 
ini   Knäuel.     Von   diesen  Fäden,   die  Rabl  primäre 
!<•  nennt,    gehen    feine    sekundäre    Fäden    als    seitliche 

ms,   von  diesen   vielleicht  noch  tertiäre  u.  s.  w.     Bei 
ung  würde  die  chromatische  Substanz  ,,auf  vor- 
Bahnen"  in  die  primären  Kernfäden  einströmen  und 
lurch  der  Mutterknäuel  aufgebaut. 

.11/  ähnlii  he,  aber  wegen  der  günstigeren  Verhältnisse  in 

iehunj  h  präzisere  Erfahrungen  konnte  ich  1888 

an   den   Blastomerenkernen  des  Pferdespulwurms  machen. 

.   ilocephala    (bivalens)    enthält   in    seinen    Teilungs- 

Chromosomen,  die  in  der  Äquatorialplatte  so  ange- 

nd,    wie    es    Fig.    3     5    bei   polarer    Ansicht    zeigen. 

Enden    der    Schleifen    nehmen    die    Peripherie 

n,    die    mittleren    Abschnitte    liegen    mehr   zentral. 

n    kommen,    wie   die    Figuren    lehren,    gewisse   Va- 

r  Gruppierung   vor.     Durch  Längsspaltung  der 

überträgt    sich   die   Anordnung  der  Äquatorial- 

Genauigkeit    auf  die  beiden  Tochterplatten. 

htige    Eigentümlichkeit  des  Pferde- 

nun    darin,    daß    die    Kernvakuole,    die   sich 

losomen    bildet,    nicht    gleichmäßig    ge- 

wie    z-    l;-    bei    Salamandra,    sondern    daß    jedes 

typischerw  inen  fingerförmigen  Fortsatz  der 


Kernhöhle  bedingt.  Diese  acht  Aussackungen  erhalten  sich 
dauernd  am  ruhenden  Kern  (Fig.  6),  dessen  chromatisches 
Gerüst  auch  hier  keine  Spur  der  früheren  Schleifengruppie- 
rung erkennen  läßt.  Zieht  sich  das  Gerüst  wieder  zu  den 
Schleifen  zusammen,  so  zeigen  dieselben  sofort  bei  ihrem  Er- 
scheinen annähernd  die  gleiche  Stellung,  die  der  Kernbildung 
vorausgegangen  war,  wie  sich  z.  B.  die  Gruppierung  der  Fig.  7 
leicht  auf  die  der  Fig.  4  zurückführen  läßt.  Was  Ascaris  auf 
Grund    der    besprochenen    Eigentümlichkeit    gegenüber    Sala- 


Fig.  3. 


Fig.  4. 


Fig.  5- 


rp^  JfjZ    S)fc 


Fig.  b. 


Fig.   7 


Fig.  8. 


Fig.  9. 


V-  $ 

Fig.  3_9.  Ascaris  megalocephala  bivalens.  Fig.  3—5.  Aquatorialplatten 
aus  befruchteten  Eiern.  Variationen  der  Chromosomenstellung.  Fig.  6.  Kern  einer 
1  ,,-Blastomere  im  Gerüststadium  mit  den  durch  die  Chromosomenenden  bedingten 
Aussackungen.  Fig.  7—9.  Desgleichen  in  Vorbereitung  zur  Teilung.  Die  Kerne 
der  Fig.  8  und  9  gehören  den  beiden  1 /.,  -  Blastomeren    des    nämlichen    Keimes    an. 

(Vergl.  TH.'BOVERin). 

mandra  mehr  feststellen  läßt,  das  ist  die  Tatsache,  daß  aus 
jeder  Aussackung  der  Kernvakuole,  die  durch  ein  Schleifen- 
ende   verursacht    war,     wieder    ein    Schleifenende    hervorgeht 

(Fig.  7). 

Hier  ist  es  also  völlig  sicher,  daß  die  Chromosomenenden 
nicht  beliebige  Unterbrechungsstellen  eines  vorher  einheitlichen 
Fadens  sein  können;  jedes  neue  Ende  ist  mit  einem  Ende  der 


-  Weifen  identisch.    Fraglich  bleibt 

mittleren   Bezirke   identifiziert  werden 

•■!   vorher  zusammengehörige  Enden  jetzt 

Element    verbunden    werden.     Diese    Frage 

ich  nicht  mit  völliger  Sicherheit,  so  doch  mit 

teinlichkeit  bejahend  beantworten,  und 

nd  ender    ratsachen.     Gehen    wir    von    einer 

rsl    n  Furchungsspindel  aus,  wie  sie  z.  B. 

chnet  ist.  so  wird  diese  spezifische  Gruppierung 

i    auf   die    beiden  Tochterplatten   übertragen; 

rochterkernen     liegt    also    identische    Schleifen- 

/,:    Grund*       Da    nun   die  Schleifenenden   in    den 

stgelegt  sind  (Fig.  6),  so  muß,  wenn 

i    ursprünglich  zusammengehörige  Enden  wieder  in 

hrom<  -soma  zusammenk«  >mmen,  in  dem  einen  dieser  beiden 

rne  bei  der  Vorbereitung  zur  nächsten  Teilung  genau 

nseitig    S  hleifenan Ordnung  auftreten,  wie  in  dem 

In  den  wenigen  Fällen,  welche  in  beiden  Kernen  eine 

ten,  habe  ich  dies  in  der  Tat  so  gefunden.    In 

und       sind  zwei  solche  S< hwesterkerne  gezeichnet;  sowie 

er  -tu  nauer  betrachtet,  bemerkt  man,  daß  jeder 

he  und  zw.tr  sehr  seltene  Konfiguration 

ler   in    Fig.   5    gezeichneten    Aquatorialplatte    ent- 

Faktum   ist  nicht    anders  zu  erklären,    als    daß 

identische  Gruppierung  aus  der  Aquatorial- 

I  erkommen    und   also    während    des   Gerüst- 

lilfsi    ittel  nicht  erkennbar,  bewahrt  haben*). 

dieser  Erfahrungen    von  Rabl   und  mir  und 

er  h    zu    behandelnder   Tatsachen    habe   ich 

Bildung    von   Aussackungen    für  die  einzelnen 

anders   günstig  sind,    hat  neuerdings 

1     Heuschrecke    gefunden ;    auch    hier 

kaum  I  lt  werden,  daß  jeder  aus  einem  Chro- 

der    in  ein  Chromosoma  zusammenzieht. 


1887(7)  die  gewöhnlich  unter  dem  Namen  der  Individualitäts- 
hypothese angeführten  Vorstellungen  ausgesprochen,  die  ich 
hier  mit  den  damals  gebrauchten  Worten  wiedergebe:  „Ich 
betrachte  die  sogenannten  chromatischen  Segmente  oder  Ele- 
mente als  Individuen,  ich  möchte  sagen  elementarste  Orga- 
nismen, die  in  der  Zelle  ihre  selbständige  Existenz  führen. 
Die  Form  derselben,  wie  wir  sie  in  den  Mitosen  finden,  als 
Fäden  oder  Stäbchen,  ist  ihre  typische  Gestalt,  ihre  Ruheform, 
die  je  nach  den  Zellenarten,  ja,  je  nach  den  verschiedenen 
Generationen  derselben  Zellenart,  wechselt.  Im  sogenannten 
ruhenden  Kern  sind  diese  Gebilde  im  Zustand  ihrer  Tätigkeit. 
Bei  der  Kernrekonstruktion  werden  sie  aktiv,  sie  senden  feine 
Fortsätze,  gleichsam  Pseudopodien  aus,  die  sich  auf  Kosten 
des  Elements  vergrößern  und  verästeln,  bis  das  ganze  Gebilde 
in  dieses  Gerüstvverk  aufgelöst  ist  und  sich  zugleich  so  mit 
den  in  der  nämlichen  Weise  umgewandelten  übrigen  verfilzt 
hat,  daß  wir  in  dem  dadurch  entstandenen  Kernretikulum  die 
einzelnen  konstituierenden  Elemente  nicht  mehr  auseinander- 
halten können." 

Ob  diese  Hypothese  in  ihrem  wesentlichen  Inhalt  richtig 
ist  oder  nicht,  dies  ist  eine  so  fundamentale  Frage  für  die 
weitere  Erforschung  des  Chromatins,  daß  es  notwendig  ist, 
ausführlicher  auf  ihre  Begründung  einzugehen.  Die  eine  Tat- 
sachenreihe, auf  der  sie  ruht,  haben  wir  soeben  in  den  Be- 
obachtungen über  die  Chromosomen  an  Ordnung  kennen  ge- 
lernt; die  unerläßliche  Ergänzung  dazu  bilden  die  Feststellungen 
über  die  Chromosomen  zahl. 

In  dieser  Hinsicht  vermochte  ich  (7,  9,  11.  18)  auf  Grund 
gewisser  Abnormitäten  bei  der  Entwicklung  von  Ascaris 
megalocephala  zu  zeigen,  daß  die  Zahlenkonstanz,  die  wir  von 
einer  Zellengeneration  zur  nächsten  finden,  nicht  in  einer  . 
heimnisvollen  Fähigkeit  des  Organismus  begründet  ist,  seine 
chromatische  Substanz  immer  in  eine  ganz  bestimmte  Zahl  von 


.    sondern  daß  sieh  diese  Konstanz  ein- 

lem  Kern  bei  der  Vorbereitung  zur 

reilu  viele  Chromosomen    hervorgehen,    als  in 

l    n     waren.      Die    Möglichkeit    eines 
ist    durch  einige   besonders   günstige  Um- 
.  welch.'  der   Pferdespulwurm  darbietet. 

wir    die     normalen     Kireifungsvorgänge     von 
»hala  univalens   (Fig.    10 — 14),   so   finden   wir 
:  gsspindel   (Fig.  10)  ein  vierteiliges  Chroma- 

enannte  „Tetrade",  wie  solche  für  die  vor- 
der   Oo-    und    Spermatogenese    charakteristisch 
schnitt  V).     Diese  Tetrade  wird  in  zwei  Diaden  zer- 
-  dieser  I  >"]>j>e]rlemente  gelangt  in  die  erste 
(Fig.   12  .    das    andere  bleibt  im   Ei  und  wird   ohne 
lies  Rul  liums  in  die  zweite  Reifungsspindel 

Hirnen     Fig.    1  Hier  zerfällt   die  Diade   in   zwei  ein- 

nes  davon  gelangt  in  die  zweite  Polocyte,  das 
rbleibt  dem  Ei   und  bildet  den  Eikern  (Fig.  13).     Bei 
nach    erfolgter    Befruchtung    geht  aus   dem 
ler  ein,  jetzt  wesentlich  anders  gestaltetes  Element 
or,  •  hes  liefert  der  Spermakern  (Fig.  14).    Die  erste 

enthält  also    bei    dieser  Varietät  des  Pferde- 
Chromosomen  und  diese  Zahl  zwei  läßt  sich 
nze  Embryonalentwicklung  hindurch  verfolgen. 

nun    als   eine   nicht   ganz   seltene  Abnormität 

.'•r.  daß  die  erste  Reifungsspindel,  im  Übrigen 

her  B         iffenheit,  anstatt  radial  tangential  steht 

v  lt    die  Tetrade    in    zwei    den   Polen 

einer  Zellteilung  und  also  zur  Ab- 

yte  kann  es  bei  dieser  Lagerung  nicht 

1  •  ;  '    den  bleiben  im  Ei  und  treten  sofort  wieder 

an  diesen  von  WALDEYEB  198)  vorgeschlagenen  zweck- 
•>  „Richlungskörpers" 


II     — 


Fig.  io. 


Fi 


g.  ir. 


g.    i 


■ 


g-   r6. 


Fig.    13. 


I  >-.-•  ■  ,■    ... 


Fig.  14. 


Fig.    18. 


ia.ocept.i\^;.al^m:::j^ro;me  E,-reifling  von  AscarU 

»    normaler    Stellung  "im    Ei      d™   t'""'    C^'matnuetrade.     Fig.    ,,.      „„.,.,,;. 
Erste     Polocyte    gebildet,      h   H    Ä,'.™   ^  W*».      Fig.      2 
F«    13.     Zweite   Polocyte   gebildet      ;mp-Ui'S?pmdel    mil    ""<*    Diade 
^geblieben,    das    denVfm   budet.     Ffe      ?   'S?*?    C'"'."""-'™ent  * 
ersen    Feü  E.  un<]  Spermakern   „utie  einem   S*™4«*"    Ei    lau,    „,    dei 

— -  <Hg.  I7),  bei  seiner  A-^X  ÄÄ  ^„^ 


1  2 


in     Fig.    i6),    die  nun    radial  steht,   wie 

ite  Reifungsspindel  (Fig.   i-1  .  aber  die  doppelte 

:  enthält   Ganz  regulär  bildet  sich  hierauf 

Pol  >cyte  I  Fig.  i  7),  der  zwei  Elemente 

hen  erhält    das   reife    Ei    hier   zwei   Elemente, 

Eikern  ben.     Da  nun  die  Polocyten  bei 

wahrend    der    Embryonalentwicklung   lange    Zeit 

rt    innerhalb    der    Eisehaie    erhalten,    kann    man    es 

hen,  aus  wie  vielen  Chromosomen  der  Eikern 

in  den  Rirhtungskörpern  fehlende  Element 

»erzählig    in    den    Eikern    eingegangen    sein.     Auf 

Merkmals     läßt      sich     zunächst     konstatieren, 

[kern,  wenn  er  abnormerweise  zwei  Elemente  in  sich 

nmen   hat,  auch  wieder  zwei  aus  sich  hervorgehen  läßt. 

r  Art  ist  in   Fig.  [8  wiedergegeben.    Man  erkennt 

n.  zwei  Chromosomen  enthaltenden  Polocyte,  daß 

gleichen  abnormen  Serie  angehört,   wie  Fig.    15 

Während  der  Spermakern  die  normale  einzige  Schleife 

thält  der  Eikern  zwei.     Die  erste  Furchungsspindel 

in   diesem    Fall   aus   drei  Elementen   auf   anstatt 

diese    erhöhte  Zahl   vermochte   ich  durch  alle 

mbryonen  mit  Urdarm-  und  Mesoblastanlage 

[9    und    20).     Stets    liefert   die    in    Einzahl 

yte    mit    ihren    zwei    Elementen    den    Beweis, 

1  erhöhte  Chromosomenzahl  auf  ein  dem  Eikern 

'  hromosoma  zurückzuführen  ist. 

fahrungen    sind     für    Ascaris    durch    die    Be- 

n    Herla   (47     und   Zoja   (iio),   besonders   aber 

zur    Strassen    (92)    bestätigt    worden.     Ein 

h    in    viel    beschränkterem   Umfang,   lehren 

htungen   von   mir  (13),   Moegan 

B-Wilbo»     [07)  und   \.  M.  Stevens  (88). 


Allerdings  hat  sich  auch  eine  Stimme  im  entgegen^-  - 
setzten  Sinne  vernehmen  lassen.  Delage  (26,  27)  hat,  ohne  die 
eben  angeführten  Beobachtungen  einer  Berücksichtigung  für 
wert  zu  halten,  auf  Grund  höchst  fragwürdiger  Befunde  an 
Echinodermenkeimen,  den  Satz  vertreten,  daß  jede  Organis- 
menart die  spezifische  Eigenschaft  habe,  ihr  Chromatin  bei  der 
Teilung  zu  einer  bestimmten  Zahl  von  Chromosomen  zu  kon- 
zentrieren. Da  die  Mitteilungen  Delage's,  wie  ich  bei  zwei 
Gelegenheiten  ( 1 9,  20)  dargelegt  habe,  eine  ernstliche  Begründung 


Fig.   19. 


Fig.   20. 


Fig.  19  und  20.  Weitere  Folgezustände  der  in  Fig.  15  —  17  dargestellten 
abnormen  Eireifung  bei  Ascaris  megalocephala  univalens.  Fig.  19.  Embryo  von 
6  Zellen.  Fig.  20.  Querschnitt  durch  einen  älteren  Embryo  mit  Urdarm-  und 
Mesoblastanlage.  An  beiden  Keimen  bemerkt  man  die  einzige  Polocyte  (Po)  mit 
zwei  Chromosomen  (vgl.  Fig.  17  und  18);  dementsprechend  in  den  Teilungsfiguren 
der  Blastomeren  drei  Elemente  anstatt  zwei.     (Vgl.  TH.   BOVERI  18). 

dieses  Satzes   nicht   enthalten,    glaube   ich   hier   über   sein.'   Be- 
hauptungen hinweggehen  zu  dürfen. 

Auf  Grund  der  oben  mitgeteilten  positiven  Tatsachen 
habe  ich  als  „Grundgesetz  der  Zahlenkonstanz"  den  Satz 
formuliert  (11,  pag.  175),  „daß  die  Zahl  der  aus  einem  ruhenden 
Kern  hervorgehenden  chromatischen  Elemente  direkt  und  aus- 
schließlich davon  abhängig  ist,  aus  wie  vielen  Elementen  dieser 
Kern    sich    aufgebaut    hat".     Und    es    ist    klar,    dal»    die    An- 


chromatischer  Individuen  damit  erst  ihre  un- 

wonnen  hat 

freilich    wäre,     um    die   Tatsache    der    Zahlen- 

rklären,    noch    eine    andere    Deutung    möglich, 

Abhängigkeit    \<m    der  Chromatinmenge. 

ndermaßen   argumentieren:    nimmt   ein  Kern 

drei  Chromosomen  in  sich  auf,  anstatt  zwei,  so 

mal    so    viel    Chromatin    als    normal,    und    eine 

htung   in   der  Zelle,   welche  die  Größe  der  neuen   Seg- 

stimmt,    könnte    die    Ursache    sein,    daß    aus    dieser 

en    Menge  auch  wieder   iY^mal  so  viele  Chro- 

gehen,  also  wieder  drei  anstatt  zwei. 

Betrachtung   ergabt   jedoch    die   Unzulässigkeit 

Annahme.     Wir  wissen,  daß  sich  das  Chromatin 

i   Teilungen  vermehrt;   die  Chromosomen,  die  aus 

Kern  heri  hen,  sind   im  allgemeinen   doppelt  so  groß 

•ii.  die  ihr         lildet  haben*);  durch  Halbierung  in 

und  Verteilung  auf  zwei  Tochterzellen  erfolgt  wieder 

"•  ng    der   Chromatinmenge  auf  die   Hälfte,    nun 

-   Kuh.  Stadiums  wieder  Wachstum   u.  s.  f.     Wovon 

Vermehrung    des   Chromatins   ab?     Welches 

nun.    wie    groß    der    Zuwachs    sein    wird?      Von 

sind   hier   zwei    Hauptmöglichkeiten   gegeben:    ent- 

Chromatin   selbst   bestimmt   die  Menge 

bildenden,   oder    der    Zuwachs    wird    durch    etwas 

'hromatin  <  enes  bestimmt.    Diese  letztere  Mög- 

man    sich    so   denken,    daß   in    der   Zelle   eine 

steht,    welche    bei   jeder   Verminde- 

en .  Chromatinmenge,   sei   sie   natürlich   durch 

Mit    se     sei    sie   künstlich   durch   Ent- 

men    bewirkt,   zu   einer  Chromatinneubil- 

lieser  Regel    gibt,    berührt    uns    bei    diesen  Be- 


15 

düng   führt,    bis   eine   der   Zellengröße   und   Zellenqualität   ent- 
sprechende Menge  vorhanden   ist. 

Allein  die  Beobachtung  lehrt,  daß  dies  nicht  der  Fall  ist. 
Das  Chromatin,  das  einer  Zelle  bei  ihrer  Entstehung  zufällt, 
vermehrt  sich  nicht  bis  zur  Erreichung  einer  bestimmten,  für 
die  betreffende  Zelle  typischen  Menge,  sondern  es  vermehrt 
sich  genau  proportional  seiner  eigenen  Menge.  Dies 
ergibt  sich  mit  voller  Klarheit  aus  den  Versuchen  mit  künst- 
lich erhöhter  und  vor  allem  künstlich  verminderter  Chromo- 
somenzahl, die  ich  neuerdings  (20)  an  Seeigeleiern  angestellt 
habe,  sowie  aus  den  gleichzeitigen  verwandten  Versuchen 
von  Gerassimow  (36)  bei  Spyrogyra. 

Schon  1889  (12)  hatte  ich  bei  Versuchen  mit  Bruchstücken 
von  Seeigeleiern  beobachtet  und  habe  es  bei  erneuter  Prüfung  (20) 
bestätigt  gefunden,  daß  aus  monosperm  befruchteten  kern- 
losen Fragmenten,  d.  h.  also  aus  solchen  mit  der  Hälfte  der 
normalen  Kernmenge,  Gastrulae  und  Plutei  hervorgehen,  die 
beträchtlich  kleinere  Kerne  besitzen  als  diejenigen  aus  im 
Übrigen  völlig  gleichen  kernhaltigen  Fragmenten.  Stücke 
von  derartigen,  isoliert  gezüchteten  Larven  sind  in  Fig.  2 1 
und  22  (pag.  16)  abgebildet;  sie  stammen  aus  annähernd  gleich 
großen  Eifragmenten  des  gleichen  Weibchens,  die  mit  Sperma  d<  s 
gleichen  Männchens  befruchtet  worden  waren;  die  Larve  der 
Fig.  21  ist  aus  einem  kernhaltigen,  die  der  Fig.  22  aus  einem 
kernlosen  Fragment  hervorgegangen.  Der  Größenunterschied 
der  Kerne  fällt  sofort  in  die  Augen,  zugleich  aber  auch,  daß 
die  kleinkernige  Larve  auf  gleichem  Bereich  beträchtlich  mehr 
Kerne,  also  auch  mehr  Zellen  besitzt,  als  die  großkernij 
Ganz  Entsprechendes  gilt,  wenn  die  Chromatinmenge  im  Ei 
abnorm  erhöht  ist.  Durch  Schütteln  der  Seeigeleier  kurz 
nach  der  Befruchtung  läßt  sich  bewirken,  daß  das  Spermo- 
zentrum  sich  nicht  teilt  und  so  an  Stelle  des  Amphiasters  ein 
Monaster  entsteht,  dem  die  Chromosomen  in  Form  einer  Kugel- 


L     l'i-  Chromosomen  teilen  sich  hier,  wie 
rochterelemente,   die  nun  aber,   da  der 

Verteilungs- 
mechanismus 
fehlt,  alle  wie- 
der in  einem 
einzigen  Kern 
vereinigt  wer- 
den*). Erst  bei 
Auflösung  die- 
ses Kerns  ent- 
steht die  typi- 
sche zweipoli- 
ge Figur,  ab  er 
"■  mit  dem 

Doppelten 
der  norma- 
len Chrom  a- 

tinmenge. 
Eine  Gastrula 

aus  einem 
solchen ,     iso- 
liert     gezüch- 
teten „Monas- 

terei"  ist  in 
Fig.  24  in  po- 
larer   Ansicht 

gezeichnet; 
neben  ihr  steht 

oes  jungen  Pluteus     in  ^lS'  23  zum 
in    kernhaltigen   Ei-    Vergleich  eine 

I  hen    von    den    gleichen 

m.  gleich    weit 


l 


:l    '■ 


entwickelte  normale  Gastrula  von  den  gleichen  Eltern.  Die 
erstere  zeigt  ihrer  dop- 
pelten Chromosomen- 
zahl entsprechend  be- 
trächtlich größere  und 
dafür  bedeutend  weni- 
ger Kerne  als  die  nor- 
male Larve.     Es  mag 

i. 

nebenbei    bemerkt 

sein,    daß    in    allen 

diesen  Eällen    nicht, 
wie  man  wohl   erwar- 
ten möchte,  der  Kern- 

inhalt,   sondern  die 

Kernoberfläche    der 
Chromosomenzahl  pro- 
portional ist. 

Was  durch  diese 
Versuche  für  verschie- 
dene   Keime     gezeigt  l\\?^#     ^ 


Fig.  23. 


9W       J*rW       w  w     *, 


ist,  das  läßt  sich  auch 

in     einem     und     dem- 

.  ■■•  N#  •*•  aO> 

selben    konstatieren,  ^       -  —   ,.  *&'  m 

falls  die  einzelnen 

Keimbereiche  aus 
Blastomeren    mit    ver- 
schiedener Chromatin- 

Fig.  23.  Norm-ale  Gastrula  von  Strongylo- 
centrotus  lividus,  vom  animalen  Pol  gesehen.  «L^* 

Fig.  24.  Gleichalterige  Gastrula  von 
den  gleichen  Eltern,  nach  experimentell  er- 
zeugter Verdoppelung  der  im  befruchteten 
Ei  vorhandenen  Chromosomenzahl. 

Fig.  25.  Ein  Stück  der  Wimperschnur 
eines  Pluteus  von  Strongylocentrotus  lividus 
aus  einem  doppeltbefruchteten  Ei. 

Boveri,  Konstitution  der  chromatischsn  Kernsubstanz. 


F 

'g- 

24. 

iJ&i 

l\ 

>* 

# 

►••ff 

Vi 

1 

1    g. 

25 

—      i8      — 

i    sind.      Sowohl    durch    Doppelbefruch- 

h    durch   die    früher   von    mir   als   „partielle   Be- 

chriebenen    Versuche    (10)    läßt  sich   ungleiche 

der  primären   Blastomeren  erzielen.     Die  ent- 

Larven    bieten    dementsprechend    großkernige    und 

iche  dar.  die  sich  ganz  scharf  gegeneinander 

\\  !\    ntraste    hier    bestehen    können,    zeigt 

Iche   ein    Sank    der    Wimperschnur  eines   Pluteus 

1h.  d.T  aus  einem  d<  »ppeltbefruchteten  Ei  hervorgegangen 

Bedeutung    solcher    Objekte    komme    ich    im 

IV  initt  zurück. 

Fassen    wir    die    besprochenen    Tatsachen    zusammen,    so 

n  wir  s;  gen:  Erhält  eine  Zelle  bei  ihrer  Entstehung  halb 

viel  Chromatin  als  normal,  so  bleibt  der  Kern  dauernd  ent- 

bend  kleiner;  die  Zelle  teilt  sich  wieder,  ohne  den  Normal- 

nd    erreicht    zu    haben.     Umgekehrt:    Wenn  die  Zelle  bei 

ihr-  »tehung  das  Doppelte  der  normalen  Chromatinmenge 

kalt    und    damit  also  schon  bei  ihrer  Bildung  so  viel  besitzt, 

•   Bche  Zelle  erst  hat,  wenn  sie  sich  wieder  teilen  will, 

unterbleibt    nicht   etwa   das  Wachstum,    sondern    auch   hier 

Anwachsen    des   Kerns   auf   ungefähr  das  Doppelte 

Anfangsmenge    statt.     Kurz:    das    Chromatin    vermehrt 

h    /\\  i    zwei     reilungen  mag    es    wenig    oder    viel 

immer  auf  ungefähr  die  doppelte  Menge.     Und  diese 

dso  eine   Funktion  des  Chromatins  selbst  und 

anderen  Faktors  in  der  Zelle.    Ich  möchte  das  sich 

sprechende  Gesetz  kurz  als  das  des  proportionalen 

rnu         itums  bezeichnen. 

sprochenen    I  atsachen   führen  uns  nun  auf  die  für 

wichtige    Interscheidung    von   jungem  Chro- 

vachsenem.         Das  Chromatin,   wie  es  in 

K'  t  junges  Chromatin;  um  wieder  zur  Teilung 

uß  es  wachsen.     Auch    wenn  die  Zelle  bei 


—      ig     — 

ihrer  Entstehung  schon  so  viel  Chromatin  hat,  daß  es  der 
Menge  nach  genug  wäre,  so  muß  es  sich  doch  vermehren,  um 
wieder  ausgewachsen,  um  wieder  teilungsfähig  zu  sein.  Und 
andererseits,  wenn  die  Zelle  weniger  bekommt  als  normal,  so 
kann  das  Chromatin  nicht  über  ein  bestimmtes  Maß  hinaus- 
wachsen, um  dadurch  die  typische  Menge  zu  erreichen,  sondern 
auch  hier  findet  nur  ein  Wachstum  bis  zu  einer  bestimmten 
Grenze  statt;  dann  ist  der  ausgewachsene  Zustand  erreicht  und 
es  erfolgt  die  Teilung. 

Und  im  Zusammenhang  damit  steht  es  nun,  wenn  ich 
bei  meinen  Versuchen  die  auf  den  ersten  Blick  überraschende 
Tatsache  konstatieren  konnte,  daß  von  zwei  identischen  Eiern, 
die  nur  in  der  Menge  ihres  Chromatins  verschieden  sind,  nicht 
dasjenige  sich  öfter  und  rascher  teilt,  das  den  größeren  Kern 
besitzt,  sondern  das  mit  dem  kleineren,  so  daß  also  die  ent- 
stehenden Larven  nicht  nur  durch  die  verschiedene  Kerngröße, 
sondern  ebenso  dadurch  charakterisiert  sind,  daß  die  klein- 
kernigen auf  genau  dem  gleichen  Entwicklungsstadium  und 
bei  gleichem  Alter  mehr  Zellen  besitzen  als  die  großkernigen. 
Der  Grund  für  diese  Erscheinung  liegt  offenbar  darin,  daß 
ein  bestimmtes  Größen  Verhältnis  von  Kern  und  Protoplasma 
(R.  Hertwigs  Kernplasmarelation  (52))  angestrebt  wird  und  daß 
dieses  Verhältnis  bei  der  Unfähigkeit  des  abnorm  kleinen 
Kerns,  sich  über  seine  ursprüngliche  Anlage  hinaus  zu  ver- 
größern, nur  dadurch  erreicht  werden  kann,  daß  sich  das 
Protoplasma  durch  öftere  Teilung  entsprechend  verkleinert 
Das  Gleiche  in  umgekehrter  Richtung  gilt  für  Eier  mit  abnorm 
großem  Kern.  Da  seine  Abkömmlinge  nicht  im  Stande  sind. 
etwa  durch  Unterdrückung  des  Wachstums  zwischen  zwei 
Teilungen,  sich  auf  die  Normalgröße  zu  verkleinern,  so  muß 
die  Zahl  der  Teilungen  bis  zur  Erreichung  eines  bestimmten 
Embryonalstadiums,  der  normalen  Entwicklung  gegenüber,  ent- 


20       — 


ermindert     werden,    damit    das    nötige  Verhältnis 

un.l    Protoplasmamenge   gewahrt  bleibt. 

Stellungen   erledigt  sich  nun  zugleich  der 

nwand,  der  noch  gegen  unser  Gesetz  des  proportionalen 

chstums   hätte   erhoben   werden    können.     Man   könnte 

lieh   vorstellen,  der   Kern  mit  abnorm   wenig  Chroma- 

shalb  nicht  bis  zur  Xormalmenge  zu  gelangen, 

s  Protoplasma  sich  nach  einer  bestimmten  Pause  wieder 

und  der   Kern  sich  mitteilen  müsse,    ohne  Zeit  gehabt  zu 

seine  volle   erreichbare  Menge   zu   vergrößern. 

\V  inen    diesen   Einwand   mit  voller  Bestimmtheit   zurück- 

u.      Denn    von    allem  anderen  abgesehen,   lehren   die  Yer- 

:   in    der  klarsten  Weise,    daß   nicht   das  Protoplasma   den 

sondern   umgekehrt   der  Kern  das  Protoplasma   bei  der 

hl  und  Schnelligkeit  der    Teilungen  beherrscht*). 

Was    wir    in    diesen    Feststellungen    über    das   Chromatin 

en,  «las  ist  nun   nur  denkbar  bei  Annahme  einer 

S      51  Mi/  zukommenden  Individualität.     Es  kann  sich  im 

:in    des    ruhenden    Kerns    nicht    um    eine    gleichartige 

Substanz  handeln,  auch  nicht  um  etwas  einem  Krystall 

V.  hbar<  mdern  wir  sind  gezwungen,  im  Chromatin  ein 

mehrere    „Individuen"    anzunehmen,    ganz    in    dem    Sinn, 

wir    eine    Zelle    oder    ein    Metazoon    als    Individuum    be- 

chnen,    d.  h.  Gebilde    mit  einer   festen,   anisotropen  Struktur 

ininuer  Maximalgröße.     Denn  nur   ein  solches    „orga- 

[ndividuum   kann   einen  Jugendzustand  und  einen  aus- 

chsenen   Zustand  als  immanente  Eigenschaft  besitzen. 

w  n  aber   geht  aus   den    betrachteten  Tatsachen 

ich!    das  Chromatin    des  ganzen  Kerns   ein  Indi- 
hier  gemeinten  Sinn  darstellt.     Denn  nicht  eine 
nzen    Kerns  repräsentiert,  wie  wir  ge- 
ht nicht  für  die  frühesten   Furchungsstadien  ;  aber 
unsere   Erörterungen   nicht  in   Betracht. 


2  1        

sehen  haben,  den  ausgewachsenen  Zustand,  sondern  eine  be- 
stimmte Größe  seiner  —  in  verschiedener  Zahl  möglichen  — 
Teile. 

Überblicken  wir  noch  einmal  alles  in  diesem  Abschnitt 
Besprochene,  so  können  wir,  wie  ich  glaube,  Folgendes  be- 
haupten: i)  Es  ist,  auf  Grund  des  Zahlengesetzes  in  Verbin- 
dung mit  der  eben  betrachteten  Erscheinung  des  porportionalen 
Kern  Wachstums,  eine  absolut  notwendige  Annahme,  daß  im 
Kern  Einzelgebilde,  die  sich  als  Individuen  bezeichnen  lassen, 
vorhanden  sind;  2)  wir  können  in  gewissen  Stadien  des  Zellen- 
lebens solche  in  der  Tat  unterscheiden,  nämlich  die  Chromo- 
somen, die  uns  hierbei  zugleich  eine  besonders  charakteristische 
Eigenschaft  organischer  Individuen  zeigen,  nämlich  Fortpflan- 
zung durch  Teilung,  und  von  denen  jedes,  wie  ich  bei  As- 
caris  megalocephala  nachweisen  konnte  (11),  im  Stande  ist,  für 
sich  einen  Kern  zu  bilden,  der  bei  seiner  Auflösung  wieder 
ein  solches  Individuum  aus  sich  hervorgehen  läßt;  3)  wir  haben 
an  verschiedenen  Kernen,  die  sich  aus  mehreren  Chromosomen 
aufbauen,  die  deutlichsten  Anzeichen,  daß  jeder  Kernbezirk, 
der  aus  einem  Chromosoma  entstanden  ist,  sich  wieder  in 
eines  zusammenzieht. 

Ich  bin  der  Meinung,  daß  wir  nach  diesen  Feststellungen 
befugt  sind,  nicht  mehr  lediglich  von  einer  Hypothese,  son- 
dern von  einer  Theorie  der  Chromosomen-Individualität 
zu  reden.  Es  gibt  keine  andere  Annahme,  um  allen  Tat- 
sachen gerecht  zu  werden.  Wohl  liegen  noch  mancherlei  Ein- 
wendungen vor,  von  denen  uns  die  wichtigsten  bei  unseren 
weiteren  Betrachtungen  begegnen  werden;  und  es  darf  auch 
nicht  verschwiegen  werden,  daß  es  Zellen  gibt,  für  welche  wir 
gewaltige  Metamorphosen  unserer  chromatischen  Individuen 
während  des  Ruhestadiums  oder  ganz  spezifische,  von  den 
typischen  Kern  Verhältnissen  abweichende  Vorgänge  annehmen 
müssen,  um  z.  B.  solche  Erscheinungen,  wie  sie  an  den  Keim- 


— 


er    ••   foachtet  worden  sind  [Fick  (35),  Carnoy 

mit  der  ITheorie  in  Einklang  bringen  zu  können 

welche  die  Theorie  wirklich  erschüttern  könnten' 

h   nirgends;    im   Gegenteil,    wo   wir  nur  immer  in  der 

.11    I  hritt    in    der   Erforschung   der    Kern- 

macht  sehen,    stets  ergibt  sich  eine  neue  Bestä- 

r    rheorie.     Dies  wird  sich  deutlich  zeigen,  wenn  wir 

Betrachtungen  angelangt  sein  werden. 

S  II   ich  schließlich  <\cn  Grad  der  Berechtigung,   den  mir 

[ndividualitätstheorie     zu     besitzen    scheint,     durch    einen 

Verj        h   charakterisieren,  so   möchte  ich  auf  chemische  Ver- 

Jtnisse  hinweisen.     Wir  machen  aus  Sauerstoff  und  Wasser- 

ff  Wasser  und  können  aus  dem  Wasser  wieder  im   gleichen 

Verhältnis    Sauerstoff    und    Wasserstoff    gewinnen.      Wie    die 

•   Grund   dieser  Tatsache  im  Wasser  Sauerstoff  und 

ff    enthalten    sein    läßt,    obgleich    die    Eigenschaften 

5l    Ffe  völlig  verschwunden  sind,   ganz  ebenso  und,   wie 

<  heint,  mit  ganz  ebenso  guten  Gründen  denkt  sich  unsere 

in   dem    ruhenden    Kern   die   einzelnen   Chromatinindi- 

erhalten. 

zum  Schluß  nicht  unterlassen  zu  bemerken,  daß  es, 
ohl  in  allen  Wissensgebieten,  die  sich  auf  Organismen  be- 
Luch  in  dem  eben  betrachteten,  Grenzen  geben  wird,  wo 
ihre  Gültigkeit  verlieren.     Es  ist  fraglich,  ob  das, 
dem  Verhalten  der  Chromosomen  bei  den  höheren 
nd  Pflanzen  abgeleitet  haben,  schon  für  die  niedersten 
Wenn  wir  an  das  denken,  was  wir  auf  höheren 
1    als    ..Individuum"    und    „Individualität"   be- 
im«!   wie    wir   hierbei    überall    auf   Grenzfälle   treffen, 
ch  dem    Begriff  nicht  mehr  fügen  wollen,  so  werden  wir 
ndem   dürfen,  wenn  es  auch  unserem  Begriff  der 
dnindividuen  nicht  beschieden   sein   wird,   alles  zu  um- 
die  Natur  an   Zuständen   der  Zellkerne   darbietet. 


23 


IL  Über  die  Teilungsstruktur  der  Chromosomen. 

In  diesem  kurzen  Abschnitt  soll  auf  einige  Probleme 
hingewiesen  werden,  die  mit  der  Übertragung  der  Chromatin- 
individuen  von  einer  Zellgeneration  auf  die  nächste  zusammen- 
hängen, Probleme,  die  bisher  sehr  geringe  Angriffspunkte  zu 
weiterer  Erforschung  darbieten  und  daher  auch  kaum  beachtet 
worden  sind. 

Der  Querschnitt  eines  in  Teilung  begriffenen  Chromo- 
soma  hat  einen  klar  ausgeprägten  disymmetrischen  Bau,  wir 
können  zwei  Polseiten  und  eine  äquatoriale  Zone  an  ihm 
unterscheiden;  der  Querschnitt  des  neu  gebildeten  Tochter- 
elements ist  dementsprechend  monosymmetrisch,  er  hat  eine 
polare  und  eine  äquatoriale  Seite.  Nehmen  wir  die  einfachste 
Möglichkeit  an,  daß  nicht  nur  das  chromatische  Individuum 
selbst,  sondern  auch  dessen  Polaritätsverhältnisse  im  ruhenden 
Kern  erhalten  bleiben,  so  muß  sich  in  irgend  einer  Periode 
zwischen  zwei  Teilungen  ein  Übergang  des  monosymmetrischen 
in  den  disymmetrischen  Zustand  vollziehen.  Über  die  Auf- 
stellung eines  derartigen  Postulats  aber  vermögen  wir  vorläufig 
nicht  hinauszukommen. 

Offenbar  in  naher  Beziehung  zu  diesem  polaren  Bau 
stehen  Strukturverhältnisse  der  Chromosomen,  durch  welch«' 
ihre  Verknüpfung  mit  den  sie  dirigierenden  Spindelfasern  ver- 
mittelt wird.  Ich  habe  mehrfach  (n,  17)  an  der  Hand  normaler 
und  abnormer  Teilungsfiguren  darauf  hingewiesen,  daß  sich 
die  Verbindung  der  Chromosomen  mit  den  Zugfasern  der 
Spindel  nicht  von  einer  Mitose  zur  nächsten  erhält,  wie  es  in 
dem  bekannten  RABLschen  Schema  (7  6)  angenommen  ist.  sondern 
daß  sie  bei  jeder  Teilung*)  neu  entsteht.  Wenn  wir  nun  sehen, 
daß    es    für   jede    Chromosomenart    typische    Stellen    sind,    an 


*)  Vielleicht  mit  einer  bestimmten  Ausnahme  (vgl.   Abschnitt    V,  p.  6t 


24      — 

»indelfasem    herantreten:    bei    Ascaris    megalo- 

B  der    nahezu    die    ganze    Länge    der 

Salamandra  der  Schleifenwmkel,  bei  Echiniden  das 

menende,  so  nötigt  dies     zu  der  Annahme,   daß 

vor    den    übrigen    irgendwie    ausgezeichnet    sind. 

Im    spezielleren    sind    diese    Angriffsstellen   der   Chromo- 

ai  geordnet,  daß  sie  sich  auf  zwei  opponierten  Seiten 

r  zu  den  „Polseiten"    der  Tochterelemente 

nrichtung,    auf    welcher  ja    die    reguläre   Ver- 

lunj  i      hterelemente    im    wesentlichen    beruht     [vgl. 

M     BOVERJ   !'  '  . 

Art.    wie    die    vorhandenen  Pole    sich   mit    den 

'hr  in  Verbindung  setzen,  habe  ich  (n)  für  Ascaris 

•  hala  drei  < besetze  formuliert,  die,  wie  ich  glaube,  mit 

n   Modifikationen,    allgemeine  Gültigkeit   besitzen 

■  •'•  :  .      Sie   Kulten: 

i.   D  hromosomen    gestatten     eine    Festheftung    der 

•i   nur  an  ihren   Polseiten. 

[sl   die  erste   Fibrille  einer  Sphäre   mit  der  einen  Pol- 

x  i  Chromosoma  in  Verbindung  getreten,  so  können  die 

Ldchen  der  gleichen  Sphäre  nur  gleichfalls   an  diese 

h  n,  auch   wenn  die  andere  noch  frei  ist. 

e    Schleife    mit    einem    Pol    in  Verbindung   ge- 

können  sich  die  Radien  eines  anderen  nur  noch  an 

ht  mit   Beschlag  belegte  Seite  anheften. 

in    dritten    Satz    ist  zugleich   ausgesprochen,    daß, 

'hromosoma    bereits  von    zwei  Polen    mit   Beschlag 

weiteren    etwa    vorhandenen    von    einer   Ver- 

dii  Chromosoma  ausgeschlossen  sind. 

len  zweipoligen   Figuren  würden    allerdings  zu 
klärui  Stelle    «lieser    drei   Gesetze   die   einfachere 

habe   jede    der    beiden   Polseiten  oder, 
^gedrückt,  jedes   der   beiden    im  Mutterelement  vor- 


^5 

bereiteten  Tochterelemente  eine  gewisse  Affinität  zu  einem 
der  beiden  Spindelpole,  so  daß  es  von  vornherein  für  diesen 
bestimmt  sei;  und  auch  bei  den  mehrpoligen  Figuren  könnte 
die  Tatsache,  daß  jedes  Chromosoma  nur  mit  zwei  Polen  in 
Verbindung  tritt,  zunächst  zu  der  Vermutung  verleiten,  es 
seien  für  jedes  Element  zwei  bestimmte  Pole,  welche  allein 
ihre  Radien  an  dasselbe  anheften  können. 

Allein  eine  Vergleichung  der  Variationen  in  der  Schleifen- 
verteilung bei  verschiedenen  mehrpoligen  Figuren  führt,  wo- 
von im  VI.  Abschnitt  noch  genauer  die  Rede  sein  wird,  zu 
dem  Resultat,  daß  eine  solche  Prädestination  nicht  besteht, 
daß  vielmehr  zunächst  jeder  der  vorhandenen  Pole  die  Fähig- 
keit besitzt,  mit  jeder  Seite  eines  jeden  chromatischen  Elements 
eine  Verbindung  einzugehen  und  daß  es  rein  vom  Zufall  ab- 
hängt, welche  Kombination  in  jedem  einzelnen  Fall  ver- 
wirklicht wird. 

So  dunkel  nun  auch  die  Einrichtungen  sind,  welche  wir 
auf  Grund  der  hiermit  in  Kürze  angedeuteten  Verhältnisse  in 
den  Chro,mosomen  annehmen  müssen  und  so  unbefriedigend 
also  gerade  in  diesem  Punkt  der  Stand  unserer  Einsicht,  so 
ist  doch  schon  das  wenige,  was  wir  aussagen  konnten,  von 
großer  Bedeutung  bei  dem  Versuch,  mehrpolige  Teilungs- 
figuren für  eine  Analyse  der  Wertigkeit  der  einzelnen  Chro- 
mosomen des  gleichen  Kerns  zu  benutzen,  wovon  weiterhin 
die  Rede  sein   wird. 


_     26     — 


Ml    Qualitative  Verschiedenheit  im  einzelnen 

Chromosoma. 

Wir  haben  im  vorigen  Abschnitt  aus  dem  Verhalten  der 

neu  bei  der  Teilung  eine  Ungleichheit  verschiedener 

l<,  s    und    desselben    Elements    erschlossen.     Diese 

keit    ist    aber   oder  kann  wenigstens  sein  etwas 

n   Äußerliches,    wie   etwa   der  Henkel   an    einem    Krug  mit 

Viel   wichtiger  ist  die  Frage,    ob  auch  der  wesentliche 

jeden    chromatischen  Elements,   dasjenige,    woran 

Funktion  in  der  Zelle  geknüpft  ist,  Bereiche  verschiedener 

Wertigkeit    unterscheiden    läßt.     Die  Antwort  lautet  bejahend. 

ine  solche   qualitative  Verschiedenheit   einzelner 

.   3  gleichen  (  hromosoma  bisher  mit  Sicherheit  aus  der 

der    Nematoden,    in    der   Familie   der   Ascariden,   und 

andererseits  wenigstens  mit  großer  Wahrscheinlich- 

I    jekl     Dytiscus)  annehmen. 

Verhältnisse  bei  den  Ascariden,  zuerst  von  mir  bei  As- 

3, 18),  dann  von  ( ).  Meyer  (64)  und  K.  Boxnevie  (5) 

zwei    anderen    Arten     nachgewiesen,    werden    durch 

illustriert,  die  sich  auf  Ascaris  meg.  univalens,  also 

V.r  mit  zwei  Elementen  im  befruchteten  Ei  beziehen. 

das  zweizeilige  Stadium;  in  jeder  Elastomere  erkennt 

rl  ge    reilungsfigur  in  polarer  Ansicht  mit  ihren  zwei 

.     Aber  nur  in  der  unteren  Zeile  haben  die  Chromo- 

nd    derer   des   Eies   bewahrt;    in    der   oberen 

r  S<  hleife  die  beiden  verdickten  Enden  abge- 

en,   während   der   miniere  Abschnitt  in  eine  große  Anzahl 

r.  in  Reihe  aufeinanderfolgender  Körner  zerfällt. 

kleinen  ( !hromatinkörner  nehmen  an  der  weiteren  Ent- 

il.  ,:      S  bleifenenden  sind  dem  Untergang  verfallen. 


27 


Fig.  27   zeigt  die  beiden  Blastomeren  auf  einem  etwas  späteren 
Stadium,  gegenüber  der  Fig.  26  um  90  °  um  ihre  gemeinsame 

Fig.   26. 


Fig.   28. 


Fig.  2;. 


C^J 


Fig.  29. 


Fig.   26 — 29.      Vier   Stadien    aus   der   Furchung   von    Ascaris    megalocephala 
univalens;  die  gegenseitige  Stellung  der  Teilungsfiguren  ist  schematisch  so  angenomn 
daß  der  Vorgang  der  Chromatindiminution  an  möglichst  wenigen    Figuren    anschau- 
lich wird  (vgl.   TH.   BOVERI    18). 

Achse   gedreht     In    der   unteren  Zelle   haben   sich   die  beiden 
Chromosomen  in  typischer  Weise  gespalten,  mit  jedem  Pol  sind 


—  — 

,men  verbunden;  in  der  oberen  Zelle  haben 
nur  die  kleinen   Körner,  die  aus  dem  mittleren  Abschnitt 
en    Chromosomen    hervorgegangen    sind,    geteilt    und 
l      hterplatten  auseinandergerückt,   die  Enden  — 
1  in  dem   Durchschnitt  zu  sehen  —  verharren   im 
werden,    wenn    sich    die    Zelle    durchschnürt,   in 
Weise    auf   die    beiden    Tochterzellen    verteilt 
sie  immer  kleiner  werden  (Fig.  29)  und  schließlich 
Aus  den  zahlreichen  kleinen  Chromosomen  jeder- 
ein    Kern    auf,    der   sich   von    dem   der  beiden 
unteren  'Ten  sofort  dadurch  unterscheidet,  daß  ihm  die 

I.  hnitt  besprochenen  und  in  Fig.  6  (pag.  7)  abgebildeten 

fehlen,  die  ja,   wie   wir    wissen,    ihre   Existenz    eben 
-  hleifenenden    verdanken,    die    in    den    beiden    oberen 
dem     Kern     verloren    gegangen    sind.      Wir    be- 
im.-u   einen    solchen     Kern    als    diminuierten    Kern.     In 
sehen    wir   die  vier  Blastomeren    in    der  Vorbereitung 
hsten    reilunj       Die  beiden  oberen  verhalten  sich  ganz 
-  ihren  Kernen  gehen  wieder  die  gleichen  kleinen 
men   hervor,  die  wir  in  sie  eingehen  sahen,  und  auch 
•1  Abkömmlinge  !>•  wahren  diesen  Charakter.  Zwischen 
unteren    Zellen    dagegen    tritt   wieder   die   gleiche 
ut.  wie  vorher  zwischen  den  beiden  primären  Blaste- 
me   in   unserer  Figur  die  rechte)  bewahrt  die 
Chromosomen  und  überträgt  dieselben  auf  ihre 
hterzellen,  in  der  linken  vollzieht  sich  wieder  die  Ab- 
nden   und    der  Zerfall  der  mittleren  Schleifenab- 
dieser    Zelle   entstehen    also   zwei   Tochterzellen 
•i    Kernen,   ein  Charakter,  der  sich  nun   gleich- 
A.bkömmlinge  forterbt.    Ganz  der  gleiche  Diffe- 
lerholt  sich  beim  Übergang  vom  acht- 
S    idium    zwischen    den    beiden  hier  vor- 
►ßk<  Zellen  und  dann  in  völlig  entsprechender 


—      29     — 

Weise  noch  einmal,  im  ganzen  also  viermal,  wie  dies  in  dem 
Furchungsschema  der  Fig.  30  dargestellt  ist,  in  welchem  der 
schwarze  Kreis  eine  Zelle  mit  ursprünglichem  Kern,  der  weiße 
eine  solche  mit  diminuiertem  Kern,  der  von  vier  schwarzen 
Punkten  umgebene  weiße  Kreis  eine  Zelle  bedeutet,  in  der  die 
Diminution  stattfindet.  Zuletzt  bleibt  eine  Zelle  mit  ursprüng- 
lichem Kern  übrig,  das  ist  die  Urgeschlechtszelle  (UG),  aus 
der  sich  durch  lauter  gleichartige  Teilungen  die  Oocyten  oder 
Spermatocyten  des  neuen  Individuums  ableiten;  die  Gesamtheit 
der  übrigen  Zellen  bezw.  die  Nachkommen  dieser  Zellen  re- 
präsentieren das  Soma  des  neuen  Organismus. 


befruchtetes  Ei 


5om  a 


Fig.  30.     Furchungsschema  von  Ascaris  megalocephala. 


Es  muß  zunächst  erwähnt  werden,  daß  dieser  Vorgang 
mehrfach,  neuerdings  wieder  von  NüSSBArM(72)  gegen  die  Indi- 
vidualitätstheorie ins  Feld  geführt  worden  ist  wie  mir  scheint, 
ohne  zureichende  Begründung.  Die  gesetzmäßige  Zerlegui  g 
eine  Chromosoma  in  eine  Anzahl  von  Chromosomen,  wie  sie 
uns  der  Vorgang  bei  Ascaris  meg.  darbietet,  kann  so  wei 
ein  Einwand   gegen   die  Individualität  der  Chromosomen    sein. 


Zerfall   einer  Zelle   in  viele  Zellen  gegen 
lalitat    der    Zelle.     Es   widerspricht   doch   der   Indi- 
nicht,    daß    sich    die   Chromosomen    in   jeder 
in  zwei    rochterchromosomen  spalten;  nun,  etwas  ganz 
s  ist  «1er  Zerfall  des  großen  Ascaris-Chromosoma; 
reilung,  wenn  auch  in  anderer   Richtung.    Aber  so 
-•ii  durch  Generationen   immer  symmetrisch  teilen 
cinin.il   in  unsymmetrische  Abkömmlinge,   wie  z.  B. 
I'  tenbildung,     warum     soll    nicht    auch    in    den 

-  I  »erartiges  vorkommen?   Allerdings  werden 
h  hier  vermuten  dürfen,  daß  es  sich  um  eine  Son- 
hiedenwertiger  Bestandteile  handelt. 
Wenn  die   Dinge  so  lägen,   daß  aus  einem  Kern,   in  den 
bandförmige    Chromosomen    eingetreten    sind,    ein 
Haufen    winzig    kleiner    hervorginge,    so   ließe   sich    verstehen, 
-    Faktum    gegen    die  Individualitätstheorie   angeführt 
S         er  spielt  sich  ja   alles  unter  unseren  Augen  ab; 
ii  das  isoliert  vorliegende  Chromosoma  sich  vermehren, 
sehen  in  den  einen  Kern  zwei  große  Chromosomen,  in  den 
idem  ele  kleine  eingehen,   und  nun   erst  hat  die  Indi- 

um- Probe  abzulegen  und  besteht  sie  glänzend: 
Kern,    der   viele   kleine  Chromosomen   in   sich  aufge- 
ehen    wieder   viele   kleine,   aus   dem  Kern,    der 
►ßen  entstanden  ist,  wieder  zwei  große  hervor. 
Ehe  ich  nun  auf  die  r»"deutung  des  Diminutionsvorganges 
i    für   unser    Problem   noch   etwas   näher  eingehe, 
ich   mich    zur    Besprechung  der  interessanten  Befunde, 
GlARDlNA  für    Ihtiscus   beschrieben    hat.     Auch    hier 

um    die    Ausbildung    eines    Gegensatzes    von 
Uen  zu  somatischen*),  auch  hier  darum,  daß  sich 
Propagationszellen  Kernbestandteile  erhalten, 

I  rudimentäre  Propagationszellen  aufzufassen  sind,  was 
ch   irri  r  alle  somatischen  Zellen  sagen  könnte. 


3i 


die  den  somatischen  verloren  gehen.  Allein  der  Weg,  wie 
dies  erreicht  wird,  ist  ein  anderer.  Um  zunächst  das  Äußer- 
liche zu  charakterisieren,  so  liegt  der  Prozeß  nicht  am  Anfang 


Ooponie    0  1 


Fig.   31.     Schema   der    Bildung   der    Oocyten    und    Xährzellen    bei  Dytiscus. 
(Nach   Gl  ARDINA  37). 

der  Keimbahn,  wie  bei  Ascaris,  sondern  am  Ende  und  dürfte 
wohl  auf  das  weibliche  Geschlecht  beschränkt  sein.  Er  betrifft 
die  Bildung  einer  Oocyte  und  von  15  Xährzellen  aus  einer 
Oogonie  (vgl.  das  Schema  Fig.  31).  Im  Kern  dieser  Oogonie  Ol 
(Fig.  32)  tritt  vor  ihrer  Teilung  eine  Scheidung  des  Chromati ns 
ein  in  einerseits  etwa  40  Chromosomen,  die  sich  in  (\w  «inen 
Kernhälfte  ansammeln  (Fig.  33),  andererseits  einen  retikulierten, 
später  zu  einer  vakuolisierten  Masse  sich  umwandelnden  Be- 
reich, der  die  andere  Kernhälfte  einnimmt.  Aus  den  40  Chro- 
mosomen baut  sich  nach  Auflösung  des  Kerns  die  Äquatorial- 
platte auf  (Fig.  34—36),  die  kompakte  Chromatinmasse  l 
sich  als  Ring  um  die  Spindel  herum,  wie  dies  in  Fig.  J5  bei 
seitlicher,  in  Fig.  36  bei  polarer  Ansicht  der  Spindel  zu  sehen 
ist,  und  wird  manchmal,  noch  ehe  die  Tochterplatten  von- 
einander  entfernt   sind,    über    den    einen    Pol    hinausgeschoben 


32 


I  und  damit  der  einen  Tochterzelle  zugeteilt  (Fig.  38)*). 
-halt  .    nzen  Ring  und  dazu  noch  40  Tochter- 

re,    kleinere  Zelle   nur   die   40  anderen 

I  [-Chromosomen.     Von   ihr  stammen   durch  lauter  gleich- 

1  ,     Nährzellen  ab  (Fig.  31).    In  der  anderen 

•  wiederholt  sich  der  glei<  he  Prozeß.   Aus  den  Tochter- 

chi  hat  sich  ein   Ruhekern  entwickelt,  der  gewöhn- 

h    mit    dem    sich    auflockernden    Chromatin    des    Ringes    zu 

iheitlichen     ..Kern"    zusammentritt    (Fig.    39).      Doch 

111  die  beiden  Bestandteile  dauernd  unterscheid- 

Bei    der   nächsten     reilung   entstehen   aus   dem   Teil,    der 

I    chterchromosomen    aufgebaut    hatte,    wieder 

1  hromosomen  (Fig.  40,  untere  Zelle),  der  andere  Teil 

ler  zum   kompakten   Ring"  und  geht  ganz  in  die  eine 

über.      Der   gleiche   Prozeß   wiederholt   sich   noch 

1    erwähnt    sein,    wie   wenig  stichhaltig  der  Einwand  ist, 

i'iv\  \it,    yrie    der  Chromatinring   in   die    eine  Tochterzelie  ge- 

!  ..  rhebt,  daß  die  Bewegung  der  Tochterchromosomen 

dei    Spindel  fasern  beruht.     Die  Bewegung  des  Chroma- 

niit    dei    I  der   Chromosomen  gar  nicht  zu  vergleichen.     Und 

durch  Sphärenradien  bewegt  werden,  so  ist  damit  nicht  be- 

in    d(  •    Zelle    nicht    noch    andere  Teile    liegen    können,   die  auf  andere 

Ich  komme  auf  dieses  Verhältnis  bei  Besprechung  der 

Kernteilung  nochmals  zurück. 


ierung    der    Keimzellen    und    Nähr  Zeilen   in    der 

Dytiscus    e  1  \im>i\a  37).       (Fig.    40    aus    verschiedenen 

I    g.   $2.   Oogonie  0,   in  Vorbereitung  zur  Teilung. 

Scheidung    der    isolierten    Chromosomen    von 

okulierten    Chromatinmasse.      Fig.  34.    Kernauflösung; 

ui  die  Spindel  ein;  das  übrige  Chromatin  metamorphosiert 

ringförmigen  Körper,  der  sich  um  die  Spindel  herumlegt, 

b'ig.   j6    bei  polarer  Ansicht  zu  sehen.     Fig.  37. 

.    hinausgerückt   und    damit   ausschließlich    der 

zufallend    (Fig.   38).      Fig.    39.      Der   aus    den 

Oogonie  02  mit  dem  kernartig  umgebildeten 

•   Vorbereitung  von  0.2  zur  Teilung  tritt  die  gleiche 

rung   wieder  auf  (Fig.  40). 


Fig.  32. 


33 
Fig.  33- 


F'&  34- 


Fig-  35- 


■\; 


Fig-   3  6. 


-y 


Fig-  37 


wfö&tt 


Fig.   38. 


Fig.    39- 


40« 


?f 


o. 


0 


o. 


Boveri,  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


.: 


54 

D  Generation     dieses    Zellenstammbaumes 

Zellen,    15    mit   diminuiertem    Kern,   das 

hrzellen,    eine,    auf    die    neben    dem    allgemeinen 

hließlich    der    Ring    übergegangen    ist,    das   ist 

in   der   sich    nach    einiger  Zeit   der  Gegensatz   der 

rnbereiche  völlig  verwischt. 

Prozeß  gab  Anlaß    zu   einem  Angriff    gegen 

lualitätstfr  Giardina    hat    festgestellt,    daß   die 

lurch    welche    die   Oogonien    01    entstehen,    etwa 

men     enthalten;    der    Kern    einer    solchen     Zelle 

Elemente    in    sieh    auf.      Da    nun    bei    seiner 

mehr    als    die    Hälfte    des    Chrom atingerüsts   zu   dem 

wird,  so  müßte,  meint  Giardina,  nach  der  Individualitäts- 

lie  Zahl  der  jetzt  auftretenden  Chromosomen  bedeutend 

r   als    ;      sein.      Da    er    auch   hier    ungefähr   40    gezählt 

hält    er    damit    die     Theorie    für    widerlegt     Ahnlich   wie 

chreibt  er  der  Zelle,  unter  Ignorierung  der  positiven 

Lehen,   die    Eigenschaft  zu,  ihr  Chromatin,  auch  nach 

n  Verlusten  an  Chromosomen,  in  stets  die  gleiche  Zahl 

S<  .  menten  zu  zerlegen. 

m   zu  n,    auf  wie   schwachen  Fundamenten    dieser 

d   ruht,  knüpfe  ich  an  den  Diminutionsvorgang  bei  As- 

lumbricoides  an,  wie  er  von  K.  Bosnevie  (5)  festgestellt 

und  in   Fig.    \\    -43  schematisch  dargestellt  ist.     Fig.  41 

•sprünglichen   Chromosomen    des   befruchteten  Eies; 

nur  7   gezeichnet.     Auch  hier    besteht, 

A  Efalocephala,  der  Diminutionsvorgang  darin, 

hromosoma  die  beiden  Enden  und  damit  der 

ihrer    Substanz    abgestoßen    wird;    der    mittlere 

ch    bei   Ascaris  megaloeephala   in   eine    große 

men  teilt,  bleibt  bei  Ascaris  lumbrieoides 

und   43)  und  wir  haben  hier  also  den  Fall, 

l   hromosomen    in    den    diminuierten 


35 


Kernen  genau  die  gleiche  bleibt  wie  in  den  nicht 
diminuierten.  Im  Gegensatz  zu  der  Ansicht  von  <  Iiakihna 
konstatieren   wir   somit   vor   allem   die  wichtige  Tatsache,    daß 

Fig.  41. 


Fig.  42. 

1 


Fig.  43- 


Fig.  46. 


Fig.  41 — 43.  Schema  der  Chromatindiininu tion  bei  Ascaris  lumbricoides 
(vergl.  K.  BOXXEVJE  5).  Fig.  41.  Urchromosomen.  Fig.  42.  Differenzierung  der- 
selben in  den  persistierenden  mittleren  Teil  und  die  dem  Untergang  bestimmten 
Enden.  Fig.  43.  Die  diminuierten  Chromosomen  in  die  Spindel  eintretend,  die 
abgestoßenen  Enden  davon  ausgeschlossen.  Fig.  44 — 46.  Schemata  zur  Kern- 
differenzierung bei  Dytiscus.  Fig.  44.  Ruhender  Kern  der  Oogonie  ( \  nach 
der  Individualitätstheorie.  Fig.  45  a  und  b.  Die  beiden  möglichen  Deutungendes 
Differenzierungsvorganges.     Fig.  46.  Folgestadiuni   zu  Fig.  .} 

Konstantbleiben  der  Elementzahl  trotz  erheblicher  Chromatin- 
ausscheidung  mit  der  Individualitätstheorie  im  besten  Einklang 
stehen  kann. 


-     36     - 

Es  i  nun   noch,   ob  sich  nicht  der  unanalysierbare 

\)\  s  auf  den   eben   betrachteten,  genau  analysier- 

n  Ascaris  lumbricoides  zurückführen  ließe.    Mir  scheint, 
nicht   nur  möglich   ist,   sondern  daß   die  Abbildungen 
iii\i:i'i\\  sogar  entschieden  für  eine  prinzipielle  Überein- 
mmung   beider  Fälle  sprechen.     Denken    wir  uns   das   chro- 
Jsche     Kerngerüst     der    Oogonie    Ox ,     der    Individualitäts- 
maß,  aus    }«)   selbständigen    Bezirken  bestehend,    wie 
s,  hematisch  ausgedrückt  ist,  so  ist  eine  Scheidung 
K    mplexes  in  zwei  Bereiche,  die  sich  fortan  verschieden 
ten,    in    zweierlei   Weise   denkbar.     Entweder   (Fig.    45b) 
estimmte    Anzahl    der   40  Gerüstbezirke,   sagen    wir    20, 
indeln    sich    in    u>t<>    in    Chromosomen    um,    die    20    übrigen 
bmelzen     zu     dem     kompakten     Chromatinkörper;     oder 
lern     cin/e]nen     der    40   Gerüstbezirke    wird    ein    Teil 
einem  Chromosoma,   der  Rest  löst  sich  davon   los  und  alle 
zusammen   vereinigen  sich   zu  dem  späteren  Ring 
I  a  und    |  Das  schließliche  Resultat  könnte  in  beiden 

sentlicb   gleich  aussehen;  nur  würden  wir  im  ersteren 
in     den    Mitosen     eine     reduzierte     Zahl    von    vermutlich 
im    letzteren    die    typische    Zahl    von    40    kleineren 
iromosomen     erhalten.      Der    zweite    Fall    würde    ein    voll- 
nmenes   A.nalogon    zu    dem    von    Ascaris   lumbricoides   dar- 
.    wie    .ms    der    Vergleichung    der    einander    gegenüber- 
!    .  uren    unmittelbar   ersichtlich  ist.     Nur   wäre    der 
der    sich    bei    den   Nematoden    in    voller  Klarheit  an 
K>liert    vorliegenden   <  Ihromosomen   abspielt,   bei   Dytiscus 
•  verlegt,    die  eine  exakte  Bestimmung,  was  vor- 
ht,  nicht  zuläßt 

Immerhin    sind    gewisse    Anhaltspunkte    vorhanden,    um 

»ßei   Wahrscheinlichkeit   entscheiden   zu  können,    welche 

len    Deutungen  das   Richtige  trifft.    In    dem  zuerst   an- 

mmenen    Fall    ist   zu   erwarten,   daß   die  40  Chromosomen 


37 

der  in  Fig.  32  repräsentierten  Oogonie,  sobald  sie  bei  der 
Kernauflösung  erkennbar  werden,  sich  sofort  auf  die  eine 
Kernhälfte  beschränkt  zeigen,  im  zweiten  Fall  wäre  zu  ver- 
muten, daß  die  Chromosomen  durch  den  ganzen  Kern  zer- 
streut auftreten  und  sich  erst  allmählich  in  der  einen  Korn- 
hälfte sammeln.  Obgleich  nun  Giardina  über  diesen  wichtigen 
Punkt  nicht  spricht,  scheint  mir  doch  aus  seinen  Figuren  hervor- 
zugehen, daß  der  zweite  Modus  verwirklicht  ist.  Die  Chromo- 
somen zeigen  sich  auf  den  früheren  Stadien  durch  den  ganzen 
optischen  Schnitt  des  Kerns  verteilt,  erst  auf  den  Bildern  der 
späteren  Stadien  ist  der  Gegensatz  zweier  differenter  Kern- 
bereiche zu  erkennen.  Wir  sind  also  einstweilen  wohl  be- 
rechtigt, die  Differenzierung  bei  Dytiscus  als  prinzipiell  iden- 
tisch mit  der  bei  Ascaris  lumbrieoides  zu  betrachten,  d.  h.  an- 
zunehmen, daß  sich  jedes  chromatische  Individuum  des  Kernes 
Ox  in  zwei  verschieden  wertige  Bereiche  spaltet,  von  denen 
fortan  nur  der  eine  an  den  mitotischen  Vorgängen  teilnimmt, 
der  andere  besondere  Wege  einschlägt.  Und  in  dieser  Auf- 
fassung ist  es  eben  begründet,  daß  ich  die  von  Giardina  ent- 
deckten Verhältnisse  in  diesem  Abschnitt  zur  Sprache  bringe, 
der  von  der  qualitativen  Verschiedenheit  einzelner  Bereiche  des 
gleichen  Chromosoma  handelt. 

Nun  ist  aber  zwischen  den  Ascariden  und  Dytiscus  ein 
interessanter  Unterschied  hervorzuheben.  Bei  den  Ascariden 
wird  die  Differenzierung  dadurch  bewirkt,  daß  die  beiden 
Tochterzellen  zunächst  den  ganzen  Chromatinbestand  der 
Mutterzelle  erben  und  daß  dann  in  der  somatischen  Zelle  die 
Schleifenenden  abgeworfen  werden  und  degenerieren.  I 
Dytiscus  dagegen  erhält  die  Nährzelle  gar  nichts  von  demjenigen 
Chromatin,  das  sie  doch  nicht  braucht;  dieses  geht  bei  der 
Teilung  vollständig  in  die  Zelle  der  Keimbahn  ein.  Es  ist 
hier  also  ein  sparsamerer  Modus  gefunden  als  bei  den  A.S« 
riden;    und    wenn    wir    noch    etwas    genauer   ins   Auge    fassi 


-     38     - 

rauf   der  Unterschied    im    letzten  Grund  beruht,   so  liegt  er 
S  »nderung  in  Chromatinbereiche  verschiedener 
Wertigkeit   bei    Dytiscus  schon  in  der  Reihe  der  Propagations- 
len     .-in tritt,    so    daß    sich    die    Nährzellen    sofort    als    rein 
Seitenzweige  abspalten  können.    Das  für  die  Keim- 
bahn   spezifische  Chromatin    wird    auf   einem  Weg,   der   nichts 
mit    drm    Mechanismus    der    Karyokinese   zu   tun    hat,    in   der 
iligen    Keimzelle    festgehalten.     Bei   den  Ascariden   ist    es 
itlich  anders.     Hier  tritt  in  der  Keimbahn  eine  Chromatin- 
nderung  Oberhaupt  gar  nicht  ein,    die   somatische  Zelle  muß 
mit    bei    ihrer   Bildung   den    vollen   Chromatinbestand  in  sich 
hmen,  sie  ist  bei  ihrer  Entstehung,  dem  Chromatin  nach, 
i  h  noch  Keimzelle  und  gibt  erst  sekundär  durch  Rückbildung 
reils  d<  -  I  hromatins  diesen  Charakter  auf. 
Es    drängt    sich    hier    die  Frage    auf:    Sollte  ein    solcher 
i),  wie  die  besprochene  Chromatindifferenzierung,  nur  ganz 
lisch    in    weit    von  einander  entfernten  Tiergruppen  vor- 
kommen    oder    ist    er    vielleicht    weitverbreitet    und    nur    noch 
nicht    aufgefunden?     Hierzu    dürfte   zu   bemerken  sein,   daß  so 
ffallende  DifFerenzierungsprozesse,    wie  bei  Ascaris  und  Dy- 
ä    wohl   nur  sehr  spärlich   vorkommen.     Aber  es  ist  denk- 
r,  daß  der  Vorgang  vielleicht  so  unscheinbar  abläuft,  daß  er 
i  chtung  entzieht.     Schon  bei  Ascaris  lumbricoides 

ist  er  so  v  hervortretend,    daß   er  ohne  die  Kenntnis  der 

Verhältnisse    bei     Ascaris    megalocephala    kaum    aufgefunden 
irden  wäre.    Wo  ersieh,  wie  bei  jenem  Wurm,  ohne  Verände- 
rn!       er  Chromosomenzahl  abspielt,  fehlt  ein  weiteres  wichtiges 
Merkmal,  durch  das  er  auffallen  konnte.    Denkt  man  sich  nun, 
s    zur    Degeneration    bestimmte  Chromatin   werde  allmählich 
aul         st,   ohne    sich    vorher   in   Form    von  Diminutionsstücken 
Iten  zu  haben,  so  wäre  es  fast  unmöglich,  hiervon  etwas 
wahrzunehmen. 


—     39     — 

Was  an  eine  weitere  Verbreitung  ähnlicher  Vorkomm- 
nisse  glauben  macht*),  ist  vor  allem  der  Umstand,  daß  das 
Xichtgebrauchtwerden  bestimmten  Chromatins  in  bestimmten 
Zellen,  nachdem  wir  es  überhaupt  als  eine  Tatsache  kennen, 
kaum  eine  Eigenschaft  einzelner  Gattungen  oder  Familien  sein 
kann.  Auf  der  anderen  Seite  müssen  wir  aber  auch  an  die 
Möglichkeit  denken,  daß  ungebrauchte  Teile  der  Chromosomen 
doch  (gleich  den  nutzlosen  Drohnen  im  Bienenstock)  beibehalten 
werden.  Und  hier  ließe  sich  noch  an  das  so  sehr  verschiedene 
Verhalten  verschiedener  Organismen  in  ihrem  Regenerati«  >ns\  er- 
mögen denken.  Dieses  Vermögen  könnte  davon  abhängen, 
wie  weit  sich  in  den  Zellen  der  zur  Regeneration  beanspruchten 
Teile  der  ganze  Chromatinbestand  erhalten  hat. 

Ist  es  wirklich  der  färbbare  Bestandteil  der  Chromo- 
somen, auf  den  die  betrachteten  Differenzierungen  abzielen  und 
den  wir  also  im  gleichen  Chromosoma  als  aus  verschieden- 
wertigen  Teilen  bestehend  annehmen  dürfen,  so  legt  die  Tatsache, 
daß  diese  färbbare  Substanz  sich  in  manchen  Chromosomen  als 
aus  zahlreichen  kleinsten  Körnchen  zusammengesetzt  ergab,  den 
Gedanken  nahe,  daß  diese  Körnchen  noch  kleinere  Einheiten  von 
unter  Umständen  verschiedener  Qualität  repräsentieren  konnten. 
Freilich  müssen  wir  hier  insofern  äußerst  vorsichtig  sein,  als 
neuere  Erfahrungen  zu  dem  Verdacht  Anlaß  geben,  dal',  solche 
kleine  Granula  Konservierungsartefakte  sein  könnten.  Sollten 
sich  allerdings  die  Angaben  <  von  Eisen  (33,  34)  bestätigen, 
wonach  in  der  Spermatogenese  von  Batrachose]»  jedes 
Chromosoma  aus  sechs  durch  Einschnürungen  voneinander 
abgesetzten  „Chromomeren"  bestehen  und  jedes  Chromomer 
sechs    winzige    Körnchen  „Chromiolen-  enthalten    soll 

*)  An   gewissen  Hinweisen,    daß   ähnliche  Kerndifferenzierungen    weil 
breitet   sein   mögen,    fehlt   es    in    der  Litteratur   nicht.    Ich    mache  hier  nur  auf  die 
von  Weismaxx  und  ISHIKAWA  (104)  für  Daphniden    beschriebene    eigentümliche 

sogenannte  Parakopulation   aufmerksam,    die   vermutlich  auf  einen  ähnlich 


7Airückgeht. 


4o     — 

l-i.  vas    bei     i -1    Chromosomen    für    den    ganzen    Kern 

Chromiolen     ergibt,      so     wurde    diese    außerordentliche 
Kegelmäßigkeit    den    Gedanken    an    ein    Kunstprodukt    kaum 
ifkommen     lassen.      Vielmehr    durften    wir    uns    der    Über- 
g  mg    hingeben,   hier   noch    eine   Stufe   tiefer    in    die    mor- 
sche Konstitution  des  Chromatins  eingedrungen  zu  sein. 


Noch    eine   letzte   Betrachtung  sei   hier   an- 
schlossen.      Wir    haben    erfahren,    daß    in    das 
Keimbläschen    von    Dytiscus   einerseits   40   Chro- 
mosomen    eingehen,   andererseits  eine  Chromatin- 
masse,   über  deren  Konstitution  wir  nichts  weiter 
aussagen     können.      Es     kann,     obgleich    Unter- 
suchungen   darüber    noch    nicht    vorliegen,    nach 
der  über  das  ganze  Tierreich  verbreiteten  Gesetz- 
mäßigkeit  nicht   zweifelhaft   sein,   daß  das  Keim- 
bläschen    von     Dytiscus     bei     seiner    Auflösung 
40,    bezw.    die    reduzierte    Zahl    von    20   Chromo- 
-  tmen   aus  sich   hervorgehen   läßt.      Nehmen    wir 
nun,    auf    dem    Boden    der   Individualitätstheorie 
stehend,    an,     daß    diese    Elemente     der     ersten 
Reifungsteilung     mit     den     40     vorausgehenden 
1    sind,     so    muß    ein    Chromatinanteil    übrig    bleiben, 
in     die     Reifungsteilungen     eintritt,    sondern     zu 
eht      Aber    auch,    wenn    wir    das    Umgekehrte    an- 
nen    «rollten,    daß    der    Chromatinring    von    Dytiscus    aus 
lementen    zusammengesetzt    sei    und    daß    diese    zu    den 
ten    d<         rsten    Reifungsspindel    würden,    bliebe    doch 
r  ein  gewisser  "Chromatinanteil  des  Keimbläschens,  nämlich 
durch  die  übrigen  40  Chromosomen  repräsentierte,  von  der 
••  ren   Entwicklung  ausgeschlossen. 

heint  mir.  daß  diese  Überlegung  zur  Vorsicht  mahnt 
allen   Argumenten,    welche   aus   den  Vorgängen  in 


und 

•  ua- 


—      4i 

den     Keimbläschen    gegen    die    Individualitätstheorie    erhoben 
worden    sind.      Ohne    Zweifel    wachsen    in    den    Keimbläschen 
großer  Oocyten  gewisse  Bestandteile  der  Chromosomen  kolossal 
heran,    um  schließlich,    wenn  die  Oocyte  fertig  ausgebildet   ist, 
nicht  mehr  gebraucht  zu  werden  und  zu  schwinden.    In  manchen 
Fällen,  so  nach  Rückert(8i)  bei  Selachiern,  N.  M.Stevens 
bei  Sagitta,  werden  sie  erst  auf  diesem  Stadium  aus  den  Chro- 
mosomen ausgestoßen,  die  Chromosomen  verkleinern  sich  dabei, 
in  anderen  Fällen  mögen  sie  sich  schon  im  jungen  Keimbläschen 
von    den    persistierenden  Teilen   absondern   und     eigene  Wege 
gehen.     Diese    —    schließlich    zu   Grunde    gehenden    —    Teile 
könnten  nun  im  Keimbläschen  alle  nur  erdenklichen  Schicksale 
erleiden,  ohne  daß  hieraus  Beweisgründe  gegen  die  Individua- 
litätstheorie erholt  werden  dürften.    Und  wenn  also  z.B.  Hart- 
mann (43)  findet,  daß  im  Keimbläschen  von  Asterias  das  Chro- 
matin zuerst   teils  in  einem  Nucleolus,    teils  auf  einem  Plastin  - 
gerüst    durch   den    ganzen  Kernraum  verteilt  ist,    später  dieses 
letztere  Chromatin  verschwunden  ist  und  die  Chromosomen  der 
ersten    Reifungsteilung    aus    dem    Nucleolus    hervorgehen,    so 
vermag   ich    hierin    nicht    das    geringste    Bedenken    gegen    die 
Individualitätstheorie    zu    erblicken.     Es  scheint  mir  sehr  wohl 
möglich,    daß   hier  etwas  Ähnliches  vorliegt,   wie  bei  Dytiscus, 
daß  sich  von   den    chromatischen  Individuen,  welche  weiterge- 
führt   und    im    Nucleolus    aufbewahrt    werden,   anderes   Chro- 
matin,    dem      Dytiscusring     entsprechend,      abgespalten      hat. 
das   vielleicht    bei    dem  Wachstum    und    der   spezifischen  Aus- 
gestaltung   der    Oocyte   die    Hauptrolle    spielt    oder    gar    allein 
von     Bedeutung    ist    und,     wenn     diese     Aufgabe    erfüllt     ist, 
untergeht.     Unsere  Theorie,    welche    behauptet,    daß   zwischen 
den     Chromosomen      von     einer     Teilung    zur     nächsten     eine 
individuelle  Kontinuität  besteht,  verlangt  nicht,  daß  alles  Chro- 
matin eines  Kerns  dauernd  in  diesen  Individuen   lokalisiert  sein 
müsse. 


42 


\ .  Verschiedenwertigkeit  der  einzelnen  Chromo 

souien  eines  Kerns. 


Die    Gleichartigkeit     aller    in    einem    Kern    vorhandenen 

Chromosomen    in    Bezug   auf   die  Strukturverhältnisse,   die   wir 

im   II.  und  besonders  im   III.  Abschnitt  kennen  gelernt  haben, 

hließt    nicht    aus,    daß    in    anderen    Kernen    und    in    anderer 

Hinsicht  eine  Verschiedenheit  der  einzelnen   im  gleichen  Kern 

reinigten    Elemente   bestehen    könnte.      Sowohl    an    morpho- 

he   Unterscheidbarkeit   ist  hier  zu  denken,   als  vor   allem 

an  eine  ver»  hiedene   Funktion  der  einzelnen  Chromosomen  im 

[{aushalt   der    Zelle.      Indem    wir    uns   zur   Betrachtung   dieses 

Problems    wenden,    halte    ich    es    für    zweckmäßig,    die    Frage 

h    der    physiologischen    Yerschiedenwertigkeit    voranzu- 

11t  -n. 

Um    zu    ermitteln,    ob    die  Chromosomen    eines    und    des- 
selben   Kerns  verschiedene  Qualität   besitzen  oder  nicht,   ist  es 
nötig,    Zellen  zu  finden  oder  experimentell  herzustellen,    denen 
ein   Teil  der  ihnen  typischerweise  zukommenden  Chromosomen 
lt.      Bis  zu   einem   gewissen   Grad  liegt   dieser   P'all  schon  in 
r  Natur  vor,  nämlich  bei  derjenigen  Art  von  Parthenogenese, 
sich    d  leiche    Ei    mit    oder   ohne   Befruchtung   zu   ent- 

wickeln  ve  In   viel  größerer  Reinheit  ist  uns  etwas  Der- 

rti-  eben  in  der  von  J.  Lokim5q)  entdeckten,   von  E.  B. 

Wilson    I07)genauer  erforschten  künstlichen  Parthenogenese 

Aus'den    hier   konstatierten  Tatsachen  ergibt 

i.   daß   die   Chromosomen    des    Eikerns    für   sich   allein    alle 

"ii  bis  zur  Erreichung  des  in  unseren  Aquarien 

htbaren    Plut<  idiums  besitzen.     Was  auf  diese  Weise  für 

kern   gezeigt  ist.  hatte  ich  schon  vorher  (12,  16)  für  den 


43 

Spermakern  bewiesen  durch  die  Aufzucht  von  Pluteis  aus 
normi!  befruchteten  Eifragmenten  ohne  Eikern.  Diese 
Versuche  wurden  später  von  Delage  (26)  und  Winkleb  (108) 
bestätigt  und  die  Erscheinung  von  ersterem  als  „Merogonie" 
bezeichnet. 

Die  genannten  Erfahrungen  lehren  nun  nichts  anderes, 
als  daß  die  Gesamtheit  der  Eikernchromosomen  der  Gesamt- 
heit derer  des  Spermakerns  bis  zum  Pluteusstadium  prinzipiell 
gleichwertig  ist.  Sie  sagen  nichts  über  die  Bedeutung  der 
Chromosomen  an  sich,  geschweige  über  deren  Wertigkeit  im 
Einzelnen.  Sucht  man  sich  aber  über  diesen  Punkt  aus  den 
Tatsachen  der  normalen  Befruchtung  ein  Urteil  zu  bilden, 
so  wird  man  zu  der  Vorstellung  geneigt  sein,  daß  alle  Chro- 
mosomen eines  Kerns  von  essentiell  gleicher  Qualität  sind. 
Diesen  Standpunkt  nahm  ich  wenigstens  früher  ein,  und  zwar 
auf  Grund  folgender  Tatsachen.  Die  Varietät  Ascaris  megalo- 
cephala  univalens  zeigt  in  jedem  Vorkern  ein  Chromosoma. 
Da  es  nun  auf  Grund  aller  morphologischen  Befunde  (E.  van 
Beneden)  und  phylogenetischen  Erwägungen,  vor  allem  aber 
auf  Grund  der  soeben  mitgeteilten  Versuche  an  Seeigeln  all- 
gemein höchst  wahrscheinlich  ist,  daß  die  beiden  Kerne  physio- 
logisch äquivalent  sind,  so  war  für  jedes  der  hier  im  be- 
fruchteten Ei  zusammengeführten  Chromosomen  anzunehmen, 
daß  in  ihm  alle  Chrom atinqualitäten  der  Spezies  Ascaris  mega- 
locephala  enthalten  sind.  Hat  aber  hier  jedes  Chromosoma 
diesen  universellen  Charakter,  so  ist  es  das  Nächstliegende,  für 
die  vier  unserer  Wahrnehmung  identisch  erscheinenden  Chro- 
mosomen der  Varietät  bivalens  ein  gleiches  anzunehmen,  und 
von  diesem  Standpunkt  aus  schien  es  mir  wahrscheinlich  (13), 
daß  ganz  allgemein  „die  Vielheit  der  Chromosomen  nur  durch 
deren  individuelle  Verschiedenheiten  von  Bedeutung  sei." 

Seit  Jahren  aber  waren  mir  hiergegen  gewisse  Bedenken 
aufgestiegen    auf    Grund    der    pathologischen    Entwicklung    di- 


—      44      — 

mer  i  wie   s      speziell  für  Seeigel  durch  Driesch  (29) 

1   ist.      DRIE8CH    hat    eine    größere  Anzahl 
Seeigeleier    isoliert    gezüchtet    und    dabei 
sii      lle  als  .Mark   pathologische  Blastulae  (sog. 
gren;    kein    einziges  vermochte   zu    gastru- 
Unter  der  Voraussetzung,  dar»  die  Chromosomen  gleich- 
end,   konnte    ich    mir    nach    allen    über    die  Echiniden- 
machten   Beobachtungen  und  Versuchen  keinen 
md   für  pathologische  Entwicklung  denken.    Als  daher 

durch  eine  Entdeckung  von  1 1  iuiist  (46)  eine  Methode  gefunden 
-.     B         meren    von    Seeigelkeimen    mit    voller    Sicherheit 
S  hädigung    voneinander  zu  lösen,    lag  es  nahe,    di- 
rme    Eier    zur    Prüfung    des    Problems    der   Chromosomen- 
jk«-it  zu  benutzen  (20). 

Der   Gedankengang   ist   folgender.      In   einem   doppeltbe- 

n    Ei    entstehen    durch    Teilung    der   beiden    Spermo- 

reg  ilärerweise    vier    Pole.      Die    beiden    Spermakerne 

sich    in    den    meisten    Fällen    mit   dem   Eikern;    aus 

ten    ersten    Furchungskern    gehen    ein    Drittel 

1  hromosomen  hervor  als  normal,   um   sich   zwischen  den 

r    Polen    zu    äquatorialen    Platten   anzuordnen.     Das  Ei   zer- 

n   in   vier  Zellen,  die  sich  dann  ganz  regulär  durch 

teilunj  er  vermehren.     Die  Frage,  die  uns  interessiert, 

w:         ■  v<\i-n    die   ('hromosomen   auf  die   vier   primären 

erteilt?     Nach  den   im   II.  Abschnitt  mitgeteilten 

G<  »ich  hierüber  Folgendes  sagen.    Jedes  in  die  vier- 

ur  eintretende  Chromosoma  spaltet  sich  nur  in   zwei 

Chromosomen    und    kann,    was    damit    aufs    engste   zu- 

mmenhängt,  nur  mit  zwei   Polen  in  P>eziehung  treten.    Daraus 

von  einem  bestimmten  Chromosoma  x  nur  zwei  der 

an  entstehenden    Blastomeren   einen  Anteil   erhalten. 

len    anderen    bekommen    von    diesem    Element    nichts. 

ren    lehrt   dir    unbegrenzte   Variabilität    in    der   Kon- 


—     45 

stitution  mehrpoliger  Mitosen,  daß  es  nicht  zwei  vorausl 
stimmte  Pole  sind,  mit  denen  ein  Chromosoma  in  Verbindung 
tritt,  sondern  daß  es  offenbar  völlig  vom  Zufall  abhängt,' 
zwischen  welche  zwei  Zentren  ein  Chromosoma  geführt  wird. 
Es  findet  gewissermaßen  ein  Wettstreit  zwischen  den  vier 
Sphären  statt;  diejenigen  zwei,  welche  ein  bestimmtes  Element 
zuerst  vermittelst  ihrer  Radien  mit  Beschlag  belegen,  ziehen 
es  zwischen  sich  hinein  und  machen  es  zugleich  für  die  anderen 
unzugänglich.  Wenn  wir  nun  betrachten,  wie  sich  auf  Grund 
dieser  Feststellungen  die  Teilungsfigur  in  einem  doppeltbefruch- 
teten Seeigelei  gestaltet,  so  wollen  wir  der  Einfachheit  halber 
die  Zahl  der  Chromosomen  eines  jeden  Vorkerns  auf  4  an- 
nehmen; tatsächlich  ist  die  typische  Zahl  9  oder  1  Be- 
zeichnen wir  die  Chromosomen  des  Eikerns  mit  ax,  />u  clt  dv 
so  dürfen  wir  die  des  Spermakerns  auch  a,  b,  c,  d  nennen, 
wir  wollen  sie  als  a2,  b2,  c2,  d2  bezeichnen.  Denn  wir  wissen 
aus  den  Versuchen  über  Merogonie  und  künstliche  Partheno- 
genesis,  daß  die  Gesamtheit  der  Eichromosomen  derjenigen 
der  Spermachromosomen  gleichwertig  ist*).  Ist  noch  ein 
zweiter  Spermakern  eingedrungen,  so  können  wir  dessen 
Chromosomen  mit  a3,  b3,  cB,  ds  benennen. 

Jedes  dieser  zwölf  Chromosomen  wird  nun  ganz  nach  Zu- 
fall zwischen  zwei  der  vier  Pole  gebracht.    In  Fig.  48a  ist  einer 
der  denkbaren  Fälle  dargestellt;  Fig.  48b  zeigt  das  zugehör 
Folgestadium  nach  vollzogener  Vierteilung  des  Eies.     Man  sieht. 
daß  der  Chromatinbestand  der  vier  Blastomeren  nach  Zahl  und 


*)  Unsere  Annahme,  daß  jedem  Chromosoma  a  des  einen    Kerns  ein  a 
anderen  entspricht,  könnte  allerdings  zunächst  durch  die  andere  kompliziert 
werden,  daß  jeder  Qualität  A,  B,  C,  D,  E  etc.  des  einen  Kerns  ein  ,/.  /■'.  < ',  D,  i 
des  anderen  gegenübersteht,  diese  Qualitäten  aber  in  jedem   Kern   in  andere.   Kom- 
bination auf  die  einzelnen  Chromosomen  verteilt  sind.     Unser  Ergebnis   vi 
dadurch  nicht  wesentlich  ändern.     Doch  wird  sich  unten  zeigen,  daß  diese  Annahl 
aus  anderen   Gründen  unzulässig  ist. 


_     46     _ 

:hieden  ist;  die  beiden  linken  Zellen  enthalten 

hten  je  fünf  Chromosomen,  die  linke 

,    /  kein   !i.  die  rechte  obere  kein  d,  der  rechten 

und    c    und    nur   in    der   linken    unteren    sind 
vi  »rhanden. 


i>. 


>n  Chromosomenverteilung  bei  der  Entwicklung 
di  ippeltbefruchteten  Eies. 


I  egen  wir  nun  für  jeden  Vorkern  die  bei  gewissen  Seeigel- 

de  Chromosomenzahl   18  zu  Grunde,   so   ent- 

d  i  3Xi£        si   Chromosomen.     Würden  die 

aus  entstehenden   1 08  Tochterchromosomen 

vier   Zellen    verteilt,   so   kämen   auf  jede 

weniger   als   normal.     Tatsächlich  wird, 

Uten    Betrachtungen   gelehrt   haben, 

ig(     Verteilung    fast    niemals    eintreten. 

1   erhalten    also  nicht  nur  im  Durchschnitt 

men    als    normal,    sondern    auch    im    ahVe- 


—      47 

meinen    eine    verschiedene    Anzahl    und,    was    uns    vor    allem 
wichtig  ist,  ganz  verschiedene  Kombinationen. 

Die  Sachlage  ist  also  die:  die  vier  Zellen,  die  durch 
simultane  Vierteilung  aus  einem  dispermen  Ei  entstehen,  sind 
in  allen  Protoplasmaeigenschaften  (inklusive  Centrosomen;  ess< 
tiell  gleichwertig.  Sie  sind  dagegen  im  Allgemeinen  verschieden 
von  einander  in  ihrem  Chromatinbestand.  Beruht  die  patho- 
logische Entwicklung  dispermer  Keime  auf  einer  Störung  im 
Protoplasma,  so  müssen  die  Derivate  aller  vier  Zellen  in 
gleicher  Weise  pathologisch  sein,  beruht  sie  auf  dem  ab- 
normen Chromatinbestand,  so  ist  zu  erwarten,  daß  sie  sich 
verschieden  verhalten.  Die  Versuche  ergaben  in  eklatanter 
Weise  das  letztere. 

Gehen  wir  vom  normal  befruchteten  Ei  aus,  so  ist  dies 
nach  zwei  Teilungsschnitten  in  vier  Zellen  zerlegt  und  sieht 
dann  genau  ebenso  aus,  wie  das  doppeltbefruchtete  nach  dem 
ersten  Teilungsschnitt.  Löst  man  nun  eine  ] /,-Blastomere  des 
normalen  Keimes  von  den  drei  anderen  los,  so  liefert  sie, 
wie  Dreesch  (31)  gezeigt  hat,  einen  normalen,  natürlich  «Mit- 
sprechend kleineren  Pluteus,  ein  Nachweis,  den  ich  für  unsere 
Zwecke  dahin  vervollständigen  konnte,  daß  alle  vier  Blasto- 
meren in  gleicher  Weise  hierzu  befähigt  sind. 

Löst  man  dagegen  die  vier  Blastomeren  eines  dispermen 
Keimes  von  einander,  so  tritt  etwas  ganz  anderes  ein.  Erstens 
entwickeln  sie  sich,  wie  ja  schon  nach  den  Schicksalen  der 
ganzen  Keime  zu  erwarten,  fast  ausnahmslos  mehr  oder  weniger 
hochgradig  pathologisch;  zweitens  aber,  und  dies  ist  derwichti 
Punkt:  die  vier  aus  einem  Ei  stammenden,  unter  ganz  iden- 
tischen Bedingungen  gezüchteten  Blastomeren  entwickeln  sich 
in  der  Regel  verschieden,  und  vor  allem  verschieden  weit. 
Zwar  bis  zur  Blastula  geht  die  Entwicklung  fast  bei  allen 
normal  vor  sich,  dann  aber  zeigen  sich  Unterschiede:  das  eine 
Viertel    z.    B.    löst    sich    in    isolierte    Zellen    auf,    während    die 


-     48     - 

i  mehrere    rage  als  Larven  herumschwärmen;  von 

ibt    vielleicht    eine    auf   dem    Blastulastadium    stehen, 

n  ,ii,.  dritt«     |    struliert  und  in  diesem  Zustand  die  Ent- 

rt,    die  vierte   aber   vielleicht   ein  Skelett   bildet 

und   Darmgliederung   aufweist  und   damit   den  Übergang   zum 

wenigstens  beginnt 

M  in    könnte  den    Verdacht    hegen,    daß   die  vier  Blasto- 

i    der   [solierung  von   einander  in  verschieden  hohem 

bädigt  seien  und  sich  deshalb  verschieden  entwickeln. 

ihalb  von  Wichtigkeit,    daß   das  Studium    der  ganzen 

.     me,    die    gar    keiner    weiteren    Prozedur   unter- 

len    .sind,    eine    ganz    entsprechende    verschiedene 

P  inzelner   Bereiche  erkennen  läßt. 

rlaubt  schon  dieses  verschiedene  Vermögen  unserer  vier 

i).    wie  mir  scheint   keine  andere  Deutung,    als    daß 

iedene   Bestand  an  Chromatin  eine  Rolle  spielt, 

imt   nun    noch  ein    /.weites  Moment   hinzu,    welches  fast 

gewichtig    im    gleichen  Sinn    spricht.     Wir   haben    uns 

daß  die  Verteilungsweise  der  Chromosomen  auf  die 

r   primären   Blastomeren    des   dispermen    Keimes   nach  Zahl 

jonders  nach  Kombination  in  hohem  Grad  variabel  sein 

Man     sieht     auch    leicht    ein,    daß    in    der    vierpoligen 

reilungsfigur  Anordnungen  möglich  sind,   durch  welche  jeder 

"    Zellen    die    ganze    Serie    der    in    einem  Vorkern  ver- 

(  hromosomen   mindestens  in  einfacher  Zahl  vermittelt 

Hängt   sonach  die  pathologische  Entwicklung  dispermer 

1  hromatinbestand  ab,   so  ist   zu    erwarten,   daß   sich 

len    Keime  in    sehr  verschieden   hohem  Grade  patho- 

einzelne    sogar    normal    entwickeln.      Auch    diese 

v  trifft    zu      Ans    dispermen    Eiern    gehen    nicht 

Drtesch   gefunden  hat,    Stereoblastulae  hervor,   wenn 

uch    weit    überwiegen,    sondern    alle    erdenklichen   Ab- 

durch    mehr    oder    minder    normale    Gastrulae    hin- 


49 


durch  zu  Formen,  welche  die  Merkmale  des  Pluteus.  wenn 
auch  teilweise  verkümmert,  besitzen  (Fig.  49—52),  bis  endlich 
zu  solchen,  die  in  jeder  Beziehung  von  einem  normalen  Pluteus 
nicht    zu    unterscheiden    sind.      Für   diese  Verschiedenheit    von 


Fig.  49. 


>g- 


Fig.  51- 


Fig.  52. 


Fig.  49 — 52.    Larven    aus   doppeltbefruchteten   Eiern,    Fig.  49    von    Sphaerechinus 
granularis,    Fig.  50  —  52    von    Echinus    inicrotuberculatus.      Die    Larve    der    I    g     - 
stammt  aus  einem  simultan  viergeteilten  Ei,  die  der  Fig.  49,  sowie  5  r    und  5  2   aus 

dreigeteilten. 

einem  Keim  zum  andern  ist  keine  andere  Erklärung  aufzufinden, 
als  die  Variabilität  in  der  Chromatinverteilung. 

Drittens:    die   dispermen  Eier  teilen   sich   zwar  typischer- 
weise   simultan    in    vier   Zellen;    es   läßt   sich   aber    durch    Ein- 

Boveri,  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


;o 


uf  die  ich   hier  nicht  naher  eingehen  will,  erzielen,  daß 

stehen    und  demgemäß  bei  ganz  der  gleichen 

Chi  nenzahl    eine    simultane    Dreiteilung-    eintritt       Auch 

ach  zweiteilenden  Chromosomen  je   nach  Zu- 
sehen  je  zwei   der   drei  Centren  eingeordnet;   auch  hier 
en    die    Versuche,    «lern    entsprechend,    eine   verschiedene 
der    Blastomeren.      Aber    eine    einfache    Berechnung 
laß    die    Wahrscheinlichkeit    günstiger    Verteilung    hier 
,r  viel  größer  ist   als  bei   simultaner  Vierteilung.     Und  dem 
tspricht    es    nun.    daß    aus    solchen    dreigeteilten    dispermen 
rn    in    viel    höherem    Prozentsatz    normale    oder    annähernd 
Larven    hervorgehen    als   aus   den   Vierern.     Fig.   49, 
51    und    52    stellen    Larven    aus    dreiteiligen    dispermen    Eiern 
Besonders  interessant  sind  die  beiden  letzteren;  der  einen 
Drittel,  der  anderen  zwei  Drittel  des  Skeletts,  zufällig 
de  «las.  was  die  andere  besitzt. 
Die    Frage   ist   nun    noch:    Ist   es   die   verschiedene   Zahl 
1    <  hromosomen    in    den    einzelnen   Blastomeren,    woran   wir 
zu  denken  haben.  « -<l<r  die  verschiedene  Kombination?    Hierauf 
•    sii  h   ganz  bestimmt  antworten.    Die  verschiedene  und  vor 
allem  eben  die  verminderte  Zahl,  welche  den  einzelnen  Blasto- 
3  dispermen    Kies   gewöhnlich  zufällt,   kann  nicht  der 
Grund  der  pathologischen  Entwicklung  sein*);  denn  wir  wissen 
Versuche     über    Merogonie    und    künstliche    Par- 
daß  die  'liromosomenzahl  sogar  auf  die  Hälfte 
rmindert    sein    kann    und    doch    normale    Larven    entstehen. 
<  h  k  n  aus  dispermen  Eiern  ganz  normale  Larven  hervor- 

deren  hiedene  Kerngröße,  wie  sie  in  Fig.  53  an  einem 

Wimperschnur  zu  sehen  ist,  nach  den  Feststellungen  im 


nicht    geleugnet    werden,    daß  manche  Asymmetrien 
nge    in    den  einzelnen  Keimbereichen  zu  beziehen  sein 
n. 


—     5i     — 

I.  Abschnitt  keinen  Zweifel  läßt,  daß  die  Verteilung  der  Chro- 
mosomen bei  der  Teilung  des  Eies  sehr  ungleich  gewesen  ist. 
Und  als  Ergänzung  sind  viele  hochgradig  pathologische  Exem- 
plare anzuführen,  deren  überall  gleich  große  Kerne  beweisen, 
daß  die  Chromosomenzahl  in  allen  Zellen  annähernd  überein- 
stimmt, ja  bei  simultaner  Dreiteilung  sogar  ungefähr  oder 
wirklich  die  normale  ist. 


Fig.  53.     Ein  Stück    der  Wimperschnur  eines  normal  gebildeten  Pluteus  aus  einem 
doppeltbefruchteten  Ei  von  Strongylocentrotus  lividus. 


Somit  bleibt  keine  andere  Annahme  übrig,  als  daß  die 
Variationen,  die  wir  in  der  Entwicklung  dispermer  Keime  an- 
getroffen haben,  auf  verschiedener  Kombination  von  Chromo- 
somen beruht,  und  dies  heißt  nichts  anderes,  als  daß  die 
einzelnen  Chromosomen  verschiedene  Qualitäten  be- 
sitzen müssen.  Jeder  Vorkern  —  das  lehren  Merogonie  und 
künstliche  Parthenogenese  —  enthält  alle  Arten  vou  Chromo- 
somen, die  wenigstens  bis  zum  Pluteusstadium  notwendig  sind; 
aber  zwischen  den  einzelnen  Chromosomen  eines  jeden  Vor- 
kerns müssen  qualitative  Unterschiede  sein,  so  daß  sie  nur  in 
ganz  bestimmter  Kombination,  vielleicht  nur  alle  zusammen, 
sämtliche  Eigenschaften  darbieten,  die  zu  normaler  Entwick- 
ung nötig  sind. 

Dieses  Ergebnis  drängt  unmittelbar  zu  der  Frage,  ob 
sich  denn  nicht  auch  direkt  in  der  sichtbaren  Beschaffenheit 
der  Chromosomen  eine  Verschiedenheit  ausgeprägt  zeigt.  Und 
hierauf   läßt  sich   antworten,    daß   in  jüngster    Zeit   in   der   Tat 

bei    einigen    Objekten    Verhältnisse    aufgedeckt    worden    sind 

4* 


52 


zu    dem    eben    besprochenen    physiologischen   Resultat 
ä  ,  morphologische  Gegenstück  bilden. 

Schon    in    der    älteren     Literatur    finden    sich    Angaben, 

nach  die  einzelnen  Chromosomen  eines  Kerns  verschiedene, 

Umständen     sogar    sehr    verschiedene    Größe    besitzen. 

M.m  tarierte  diese    ratsachen,  ohne  ihnen  eine  weitere  Be- 

bei;  liegen.    Systematische  Studien  über  diesen  Punkt 

günstigen   Objekten    haben   nun   gezeigt,    daß   in 

n  Verhältnissen  eine  ganz  überraschende  Gesetzmäßigkeit 

Es  kann   keinem   Zweifel    mehr  unterliegen,    daß  sich 

1  hromosomen   durch   bestimmte   morphologische  Cha- 

raktere    von    ihren    Genossen     unterscheiden    und    auf  Grund 

•    Merkmale   durch    eine   Reihe    von    Zellgenerationen    als 

h  verfolgt  werden  können. 

I  >:-     erste    wichtige    Entdeckung    auf    diesem    Gebiet   hat 

Henklng  gemacht;    er  vermochte    in    der  Spermatogenese 

ris  ein   Chromati nelement  nachzuweisen,   das  sich 

.   übrigen   durch  bestimmte  Eigenschaften  unterscheidet, 

illem  aber  dadurch  merkwürdig  ist,  daß  es  bei  der  letzten 

I'     ing,  durch  welche  die  Spermatiden  entstehen,  ungeteilt  in 

Zelle  übergeht,  so  dar»,  wie  Hbneing  schon  betont  hat, 

er  zwei   verschieden  wertige  Arten  von  normalen  Samenfäden 

tehen.     Die  einen  enthalten  nur   11  chromatische  Elemente, 

en  dazu  noch  ein   überzähliges. 

Di«  spezifische    Chromosoma,    von    Montgomery    als 

„chromatin    nucleolus",   von    Ale    Clung    besser    als   „accesso- 

bezeichnet,   ist   seither  durch  die  Be- 

mühungen  von  Montgomery  (65—67),  Paulmier(73),  Mc  Clung 

•  Wilcox  (105),   de  Sinety  (87),  Sutton  (93,  94)  u.  a. 

Schicksalen    genauer    erforscht   und   bei   zahlreichen 

'i  nachgewiesen  worden.     Man  hat  es  in  der  Spermato- 

1  Hemipteren,  Orthopteren,  Coleopteren,  Neuropteren 

1,1   :  »pteren   aufgefunden,   auch  bei  Arachnoideen  (Wal- 


00 


lace  99)  und  Myriopoden  (Blackmann  4)  scheint  etwas 
Ähnliches  vorzukommen.  Die  Untersuchungen  sind  noch  im 
vollen  Fluß  und  trotz  vieler  Übereinstimmung  liegen  auch 
manche  sich  widersprechende  Angaben  vor,  so  dal»  man  wohl 
annehmen  muß,  daß  sich  die  einzelnen  Formen  nicht  ganz 
gleichartig  verhalten.  Für  unsere  Zwecke  genügt  es,  einige 
Hauptergebnisse  hervorzuheben.  Von  besonderem  Interesse 
sind  vor  allem  die  Beobachtungen,  die  Sutton  (93,  94)  bei  seinen 
Untersuchungen  über  die  Spermatogenese  der  Heuschreck  <• 
Brachystola  magna  gemacht  hat.  Hier  leiten  sich  aus  jeder 
primären  Spermatogonie  neun  Generationen  von  sekun- 
dären ab,  und  es  läßt  sich,  da  diejenigen  von  gemeinsamer 
Abstammung  in  einer  sogenannten  Spermatocyste  zusammen- 
gefaßt sind,  an  der  Zahl  der  jeweils  vorhandenen  annähernd 
bestimmen,  welche  Generation  man  vor  sich  hat.  Sutton  ver- 
mochte nun  mit  Sicherheit  von  der  dritten  Generation  an  ein 
spezifisches  Chromosoma  nachzuweisen,  das  sich  von  den 
22  anderen  durch  folgende  Merkmale  unterscheidet.  Die  ge- 
wöhnlichen Chromosomen  bilden  zwar  bei  der  Kernrekon- 
struktion zunächst  gesonderte  Kernbläschen,  diese  fließen  aber 
später  wenigstens  partiell  zusammen  und  bilden  eine  einheit- 
liche gelappte  Vakuole;  das  accessorische  hat  während  des 
ganzen  Ruhestadiums  ein  Kernbläschen  für  sich  (Fig.  54). 
Während  sodann  die  22  gleichartigen  sich  in  ihrer  Vakuole  nur 
etwas  diffus  ausbreiten  und  zwischen  ihnen  und  der  Kern- 
membran  ein  Zwischenraum  bleibt,  geht  das  accessorische 
Chromosoma  in  ein  typisches  Retikulum  über,  welches  haupt- 
sächlich an  der  Innenfläche  der  Kernmembran  ausgebreitet 
ist*).     Bei  der  Vorbereitung  zur  Teilung  durchläuft  der  große 


*)  Man  kommt  hier,  wie  auch  SUTTON  ausspricht,  zu  der  Wee,  daß  das 
accessorische  Chromosoma  in  engere  Beziehungen  zum  Protoplasma  da  Sperma- 
togonien  zu  treten  hat  als  die  anderen.  Der  Unterschied  während  des  Ruh*  - 
zustandes  erinnert  lebhaft  an  den  Gegensatz,  der  zwischen  den  Enden  und  Mittel- 
stücken   der  Ascaris-Chromosomen    in   den    ruhenden    Keinen    der    Keimbahnzellen 


—     54     — 

Kern  ein  Spiremstadium,  das  Gerüst  des  accessorischen  Kerns 

rekt  zu  einem  Stäbchen  zusammen.    Hierbei  hinkt 

»rische  Chromosoma   etwas  hinter  den  anderen  nach 

und    scheint    oft    noch   in  den   Mitosen  durch  rauhe  Oberfläche 

n  den  anderen  unterscheidbar  zu  sein;  es  ist  in  Fig.  56  und  57 

■.  h  s<  hwarze  Farbe  besonders  kenntlich  gemacht.    Ein  quali- 

tiver   Unterschied  irgend  welcher  Art  zwischen  den  22  ge- 

ihnlichen  Chromosomen    und   diesem  einen,   das  somit  durch 

..  •.  Zellgenerationen  als  selbständiges  Gebilde  verfolgt  werden 

könnt  ohne   Zwei  fei  vorhanden. 

1  M>    nun    dieses  von  Suttok  in  den  Spermatogonien  auf- 

und    von    ihm    neuerdings   bis   zu  den  Spermatiden, 

li  zwei  Generationen  weiter,  verfolgte  Chromosoma  mit 

st    in    den    Spermatocyten   beobachteten  accessorischen 

romosomen  durchgängig  vergleichbar  ist,  muß  deshalb  einst- 

ilen    unentschieden    bleiben,   weil    für    manche    Objekte    an- 

n  wird    Paulmieb  73,  Montgomery  67))  daß  das  in  den 

Spei  vten  unpaare  accessorische  Element  in  den  Spermato- 

:ii»-n  durch   zwei   Stücke  repräsentiert  sei,  die  sich  im  soge- 

ten  Synapsisstadium  vereinigen.     Für  unsere  Frage  nach 

r  Unterscheidbarkeit  einzelner  Chromosomen  von  den  anderen 

di         doch  gleichgültig.     Uns  interessiert  hier  nur,  daß  auch 

Spermatocyten  der  Insekten,  typischerweise  in  der  Ein- 

il.    ein    Chromosoma    vorkommt  (Fig.  58),  das  sich  bei  ein- 

Formen  schon  durch  seine  Dimensionen,  allgemein  aber 

•n  sonstigen    Verhalten    und  seiner  Reaktion  auf  Farb- 

allem  aber  dadurch  von  den   übrigen  unterscheidet, 

er  in   d«T  ersten   oder   in  der  zweiten  Spermato- 

spalten   in   die  eine  Tochterzelle  übergeht,  so 

wie  oben  schon  erwähnt,  nur  der  Hälfte  der  Sper- 

•\  1.1:1    1.S1,    wo   ja    gleichfalls    alles  dafür  spricht,    daß  zunächst 
rfizielles  -t  übergebenden  Mittelbereiche  von  physioio 

_    lind. 


55 


mien  zufällt.    Bezüglich  des  Details  muß  ich  auf  die  angeführten 
Arbeiten  verweisen. 

Aber  nicht  nur  ein  einziges  spezifisches  Chromosoma  ist  in 
der  Spermatogenese  der  Insekten  verfolgbar;  in  manchen  Fällen 


Fig.  55- 


Fig.  54- 


Fig.  56. 


Fie 


&-  3/ 


Fig.  ca—  57.     Das    Chromatin   in   den    Spermatogon.cn   von    Brachystola 
magna  (nach  SüTTON  93,94)-    Fig.  54-    Sekundäre  Spennatogonie  im  Ruhezusand; 
das    accessorische  Chromosoma  hat  eine  besondere  Vakuole  gebildet,      big,  55 
Verschiedene  Generationen   sekundärer  Spermatogomen    in    reilung;    in   Fig.    55 
accessorische  Chromosoma  nicht  unterscheidbar. 


56      — 


<? 


lassen  sich  auch  zwischen  den 
anderen  so  konstante  Unter- 
schiede wenigstens  in  der  Größe 
und  Form  nachweisen,  daß  man 
^  in    der     Lage    ist,    einzelne    von 

ihnen  von  Zelle  zu  Zelle  zu 
identifizieren.  Besondere  Ver- 
dienste in  dieser  Richtung  hat 
sich  Montgomery  (67)  erworben, 
der  z.  B.  unter  den  sieben  Ele- 
menten in  den  Spermatocyten 
;  II.  Ordnung  on  von   Protenor  belfragei   vier  ver- 

a,  in  Teilung  .  .     ,  ^  . 

ich  sSjttok  schiedene       lypen      konstatieren 

konnte,  von  denen  drei  durch  je 

r  vierte  durch  vier  sich  gleich  verhaltende  reprä- 

rt  wird.      In   gleicher  Richtung  noch  etwas  weiter  führen 

kürzlich  publizierten  neuen  Untersuchungen  von  Suttox  (94) 

bystola  magna.      Wie  vorhin  schon  erwähnt,  läßt  sich 

diesem    <  Objekt   annähernd    bestimmen,    welche    Generation 

'er  Sp<  miatogonien  man  vor  sich  hat;  neun  Generationen 

ch    nach    Sutton    unterscheiden.      Mit    Sicherheit   von 

dritten  Generation  an  vermochte  Suttox  früher  das  spezi- 

iorische  Clin.mosoma"  zu  verfolgen;  in  der  neuen 

igt  er,  dal>  auch  zwischen  den  übrigen  Chromosomen, 

zwar  schon  von  der  ersten  Generation  an  bestimmte  und  kon- 

ireilich  nur  solche  der  Größe  nachweisbar 

ä  sind    im   Ganzen    23    Chromosomen    vorhanden,   unter 

als    sozusagen    ungerades    das    accessorische.      Die    22 

g    :i/  gleichmäßig  durch  alle  neun  Genera- 

r Größe  nach  in  zwei  Gruppen  sondern:  6  sehr  kleine 

re     Fig.  55-  57).      Die   kleinen    und   die    großen 

sich  sind    aber    nicht   von   identischer  Größe,    sondern   in 

beiden    Gruppen    sind    wieder  feinere   Abstufungen   erkennbar. 


0/ 


Speziell  für  die  Gruppe  der  6  kleinen  glaubt  nun  SüTTOK 
durch  genaueste  Camerazeichnungen  den  Nachweis  führen  zu 
können,  daß  jede  Größe  paarweise  vorkommt,  also  zwei  ganz 
kleine,  zwei  etwas  größere,  zwei  noch  größere;  in  Fig.  55— 57 
sind  die  ersten  durch  Punktierung,  die  zweiten  durch  gekreuzte, 
die  dritten  durch  einfache  Schraffierung  bezeichnet.  Dann 
kommt  eine  beträchtliche  Lücke  und  nun  folgt  die  Gruppe 
der  16  größeren,  für  welche  das  paarweise  Vorkommen  jedes 
Größentypus  zwar  nicht  sicher  nachzuweisen,  aber  wenigstens 
sehr  wahrscheinlich  ist. 

Ich  komme  auf  die  wichtige  Feststellung  des  zweimaligen 
Vorkommens  des  gleichen  Größentypus  im  nächsten  Abschnitt 
zurück;  für  unsere  gegenwärtigen  Betrachtungen  ist  uns  ledig- 
lich von  Wichtigkeit,  daß  die  Chromosomen  einer  Zellenart 
morphologisch  unterscheidbar  sind  und  daß  sich  das  gleiche 
Verhältnis  durch  eine  Reihe  von  Zellgenerationen  als  völlig 
konstant  verfolgen  läßt.  Der  Vergleich  mit  den  chemischen 
Elementen,  die  in  eine  Verbindung  eingehen  und  in  gleicher 
Menge  wieder  aus  ihr  gewonnen  werden  können,  drängt  sich 
mit  erneuter  Macht  auf.  Wie  anders  soll  man  sich  diese 
Identität  durch  den  ruhenden  Kern  hindurch  gewährleistet 
denken,  als  durch  Annahme  der  Individualitätstheorie? 

Ich  habe,  durch  die  Befunde  von  Montgomery  und  Sutt<»n 
veranlaßt,  frühere  gelegentliche  Beobachtungen  über  Größen- 
unterschiede zwischen  den  Chromosomen  der  Echinodermen- 
keime  wiederholt  und  finde  z.  B.  bei  Strongylocentrotus  livi- 
dus  sehr  deutliche  Verschiedenheiten.  Es  scheint  mir  kaum 
zweifelhaft  zu  sein,  daß  auch  dies  nicht  Zufälligkeiten  sind, 
sondern  daß  wir  hier  den  morphologischen  Ausdruck  jener 
physiologischen  Verschiedenwertigkeit  vor  uns  haben,  die  aus 
meinen  Versuchen  zu  erschließen  ist. 

Eine   gewisse   Beziehung   zu   dem   Problem   der   Chromo- 


-     58     - 

nwert  I    im    gleichen   Kern   haben  endlich  die  bemer- 

ke, mde   über  das  s.pariertbleiben  des  väterlichen 

1  mütterlichen  Chromätins,   die  wir  vor  allem  den  Beobach- 
tungen  Rückebts (84),  Hackers (39, 41, 42)*)  und  Conklins(25) 
rdanken.     Während   in  den    meisten  Objekten  weder   in    der 
Mi:  noch    im    ruhenden    Kern    eine  Unterscheidung  väter- 

licher  und  mütterlicher  Kernanteile  möglich  ist,  finden  \v\v  bei 
l     pepoden,  Crepidula)  «'ine  gewisse  Zweiheit  der  Kerne 
,   wobei   es  mehr  oder  weniger  klar  nachweisbar  ist, 
dal  ine   Bereich   die  väterlichen,   der  andere   die  mütter- 

lich.-n  Chromosomen  umfaßt  So  äußerst  wertvoll  diese  Nach- 
weis,- insofern  sind,  als  sie  uns  ganz  direkt  etwas  zeigen,  was 
wir  s<«nst  nur  erschließen  können,  so  werden  wir  doch  diesem 
Verhalten  <-in<-  prinzipielle  Wichtigkeit  kaum  zuschreiben  dürfen. 
Wenn  die  Chromosomen  überhaupt  ihre  individuelle  Selb- 
ndigkeit  bewahren,  so  ist  damit  zugleich  ganz  allgemein  ein 
idigbleiben  der  väterlichen  gegenüber  den  mütterlichen 
Kernanteilen  iben  und  es  erscheint  von  untergeordneter  Be- 

_.  <>!>  dieselben  hierbei  räumlich  gesondert  bleiben  oder 
I  >.  :i   drückt  sich  in  dieser  Sonderung  eine  gewisse 

talitative    Verschiedenheit    des    väterlichen    und    mütter- 
lichen    Chromätins   aus,    der    Art,    daß    die    Elemente    beider 
;>»-:i  unter  sich  eine  engere  Affinität  kürzere  oder  längere 
/••it  bewahren.     Mit  der  Wrschiedenwertigkeit  einzelner  Chro- 
men,    von    der  bisher  die  Rede  war,  hat   diese    eben    be- 
natürlich   gar    nichts  gemein,  ja  beide  sind  sogar  in 
Sinn  ensätzlich,    wie    sich  weiterhin   noch    deut- 

li«  I  eben   wird. 


dl  ist  hier  auf  die  wertvolle  zusammen  fassende  Darstellung  HÄCKERs  (42) 


59 


V.   Die  Reduktion   der  Chromosomeiiznlil    in    <1<t 

Oo-  und  Spermatogenese. 

Aus  den  im  I.  Abschnitt  besprochenen  Resultaten  über 
die  Zahlen  Verhältnisse  der  Chromosomen  und  ihre  Bedeutung 
ergibt  sich  unmittelbar  das  Postulat  eines  in  jeder  Generation 
sich  wiederholenden  spezifischen  Vorgangs,  durch  welchen  eine 
Herabsetzung  der  durch  die  Befruchtung  hergestellten  Chromo- 
somenzahl auf  die  Hälfte  bewirkt  wird.  Fassen  wir  den  Zellen- 
cyklus  von  einer  Befruchtung  zur  nächsten  ins  Auge  und  legen 
wir  eine  erste  Embryonalzelle  mit  vier  Chromosomen  zu  Grunde, 
so  läßt  sich  verfolgen,  daß  diese  Zahl  sich  bis  auf  die  Ureier 
und  Ursamenzellen  forterbt.  Noch  in  den  Teilungen,  durch 
welche  aus  der  letzten  Generation  der  Oogonien  oder  Sperma- 
togonien  die  Oocyten  und  Spermatocyten  erster  Ordnung  ent- 
stehen, finden  wir  vier  Chromosomen  (Th.  Boveki  13,  O.  1 1 1:1:1- 
wig  49).  Die  reife  Eizelle  dagegen  und  ebenso  die  Samenzelle 
enthält  nur  die  Hälfte:  zwei.  Durch  die  Vereinigung  einer 
Eizelle  und  einer  Samenzelle  wird  wieder  die  Normalzah]  her- 
gestellt. Wir  konstatieren  also  in  den  letzten  Stadien  der  Oo- 
und  Spermatogenese  eine  Reduktion  der  Chromosomenzahl 
auf  die  Hälfte  und  es  erhebt  sich  die  Frage:  wie  kommt  sie 
zu  Stande? 

Auf  die  interessante  Geschichte  dieses  Problems,  der  frei- 
lich noch  manche  neue  Seite  abzugewinnen  wäre,  und  auf  das 
Chaos  von  Angaben  über  Chromatinreduktion  näher  einzugehen, 
kann  hier  nicht  meine  Aufgabe  sein.  Das  Referat  RüCKERTs 
von  1894(83),  die  einschlägigen  Kapitel  in  HACKERS  Praxis  und 
Theorie  der  Zellen-  und  Befruchtungslehre  (40)  und  in  E.  B.  WlL- 


bo     — 

lenbuch  uo6)  geben  hierüber  Aufschluß.  In 

fter  und  erschöpfender  Weise  ist  die  ganze  Litteratur 

llerjüngste  Zeit  in  dem  kürzlich  erschienenen  Heft 

henden     Entwicklungsgeschichte    von    Korschelt 

|    lliii.i  verarbeitet      [ch  muß    mich    hier    darauf  be- 

Beziehungen     der     Reduktionsfrage     zu     den 

und  Problemen  darzulegen,  die  uns  im  Vorstehenden 

haben. 

Hat  die   [ndividualitätstheorie  allgemeine  Geltung*),  d.h. 

lachen  auch  die  Keimzellen  bis  zum  Schluß  keine  Ausnahme, 

r  die    ratsache  der  Reduktion   der  Chromosomen- 

.1  auf  die   Hälfte  nur   drei  Erklärungsmöglichkeiten:      i.  die 

ll.tltt'-  der  Chromosomen  degeneriert;  2.  es  wird  bei  einer 

ng     lie  (  ine  Hälfte  in  die  eine,  die  andere  in  die  andere 

<  hterzelle  geführt,  ein  Vorgang,  den  Weismann  (ioi)Reduk- 

teilung         nannt    hat;    3.    je    zwei    Chromosomen    ver- 

n  zu  einem  einzigen,    was  ich    als  Konjugation  der 

•men     15)  bezeichnet  habe. 

cheint  mir  nun  keinem  Zweifel  mehr  zu  unterliegen,. 

-    Anzahl    von    Organismen,    die    auf  diese   Frage 

ht    worden    sind,   die   zweite   dieser   drei   Möglich- 

Rj    luktionsteilung,   wenn  auch  nicht  ganz  nach 

WEiSMANNschen    Vorstellung,    verwirklicht   ist.      Nachdem 

IIa*  KER    und   vom    Rath,    vor  allem  aber  Henking  sich 

Sinne  a    sgesprochen   hatten,   hat  Rückert  (82,  83} 

ur  clops  die  ersten  exakten  Belege  erbracht. 

ii<  matisierte    Darstellung    seiner    Befunde 
Der    Übersichtlichkeit   wegen   sind   statt 

/i fischen   Reduktionsvorganges    auf  Grund    der  In- 

II)  zum  erstenmal  ausgesprochen,  nachdem  WEIS- 

!  1  auf  Grund  theoretischer   Erwägungen    anderer  Art,. 

hme    hypothetischer  kleinster  Einheiten,  eine  „Reduktionsteilung" 


—     6i      — 


der  für  Cyclops  geltenden  Zahl  24  nur  6  Chromosomen  an. 
nommen  und  es  wird  zweckmäßig  sein,  bei  der  Besprechung 
des  Verlaufs  im  folgenden  immer  nur  von  6  Elementen  zu 
reden.  Wenn  sich  im  Kern  der  Oocyte  I.  Ordnung,  also  im 
Keimbläschen,  welches  6  Elemente  in  sich  aufgenommen  hat, 
bei  der  Vorbereitung  zur  Polocytenbildung  isolierte  Chro- 
mosomen verfolgen  lassen,  sind  es  (Fig.  59)  nicht  6.  son- 
dern   3    in    Längsspaltung    begriffene    Fäden,    also    schon    die 


Fig.  59- 


Fig.  60. 


Fig.   6l, 


Fig.   62. 


0OI3 


•Wsö&Sggg&r 


'Ojo: 


Fig.   63. 


0^1 


Fig.  04. 


• 


' 


r 


Fig.  5g — 64.    Die    Eireifungs Vorgänge    von    Cyclops    in    schematischer    I 

Stellung  (nach   RÜCKERT  82,   831. 

reduzierte  Zahl.  Wenn  sich  nun  aber  diese  Doppelfäden  ver- 
kürzen und  verdicken  (Fig.  60),  zeigt  sich,  daß  jeder  in  der 
Mitte  seiner  Länge  eine  Unterbrechung  besitzt,  genau  so.  wie 
wenn  sich  6  längsgespaltene  Chromosomen  mit  dem  einen 
Ende   paarweise   aneinander  gekittet  hätten.      Nach    der    Endi- 


—       62       — 

auch  in  der  Tat  die  einfachste  Mög- 

Befund   zu   erklären.     Wir  haben  6  Stücke  zu 

wir    finden    auch    6    tatsächlich  vor,    aber   paarweise 

Daß    <i:  Auffassung    richtig    ist,    hat,    wie   mir   scheint, 

Kor»  HELT  (56)  durch  seine  wichtigen  Beobachtungen  über  die 

hing   des   Anneliden   Ophryotrocha  direkt  bewiesen.     Die 

rmalzahl    der    Chromosomen    ist    hier    4.      Noch   im    ausge- 


Fig.  66.  Fig.  67. 


/ 


• 


^ 


x 


X    ^  A 


_^"^  ■■ . 


Drei   Stadien  der  Eireifung  von  Ophryotrocha 
(nach   K<»i:~<  iir.i/r  56). 

ien    Keimbläschen    finden    sich,    zum    Unterschied   von 

1     I    selbständige   Elemente,   wie   dort  in   Längsspaltung 

In  diesem  Zustande  gehen  sie  in  die  erste 

ungsspindel  ein     Fig.  66    und   hier   vollzieht   sich   nun   vor 

:i   A  Vereinigung  zu  zwei  Paaren  (Fig.  67),  so 

ein  mit  dem  Rü<  KEBtschen  Bild  (Fig.  60)  völlig  identisches 

it.  von   dem   wir  nun   aber  die  Genese  genau  kennen. 

Kehren  wir  von  Ophryotrocha  zu   den  im  weiteren  Ver- 

kl  Verhältnissen  von  Cyclops  zurück,  so  ordnen  sich 


-    .63     - 

die  „Tetraden",  diesich,  wenn  die  kopulierten  Elemente  A  und 

i      A  B 

13  waren,  als  — —  versinnbildlichen  lassen,    in  der  Aqua- 

torialplatte   der    ersten    Spindel    (Fig.   6i)   so   an,    daß    je    zwei 

durch    Spaltung     entstandene    Stücke     mit     ent^yvn^.sKztfn 
Polen   verbunden   werden: 


A       B 
A~    B 


Dieser  Zustand  (Fig.  6i)  und  der  weitere  Verlauf  (Fig.  62) 
entspricht  vollkommen  dem  einer  typischen  Mitose,  nur  daß  je 
zwei  Elemente  (Ä  und  B)  miteinander  verbunden  sind  und  so 
den  Prozeß  in  einer  gewissen  Gemeinschaft  durchmachen: 


A  — B 


A  — B 


So  gelangen  3  Doppelelemente  („Diaden")  von  der  Kon- 
stitution A  — B  in  die  I.  Polocyte,  3  entsprechende  ver- 
bleiben im  Ei  (Oocyte  IL  Ordnung),  um  hier  ohne  Pause 
in  die  IL  Reifungsspindel  einzutreten  (Fig.  63),  die  also  nach 
folgendem  Schema  gebaut  wäre: 


64 


A 
B 


und    in    der    nun   jede    der    3    Diaden    in    ihre    beiden    Konsti- 
>nten  zerfällt  (Fig.  64).    Diese  in  der  IL  Spindel  auseinander- 
weichenden rochterchromosomen  sind  nun  aber  nicht  Schwester- 
mente,   sondern   lediglich   verkittete  Stücke,    wie  aus  den 
wählten   Buchstaben  unmittelbar  hervorgeht.     Jede   definitive 
Keimzelle  erhält  schließlich  einwertige  Chromosomen  in  redu- 
rter  Zahl.     Jene  frühere  Verkittung  und  die  in  der  zweiten 
I  1  ilung  erfolgende  Behandlung   der  verkitteten  Stücke   in  der 
Art.    wie    sonst    S<  hwesterelemente    behandelt    werden:     diese 
beiden     Prozesse    zusammen    bewirken    die    Reduktion.      Man 
kann   die  /weite  Teilung   völlig   korrekt   als  Reduktionsteilung 
zeichnen. 

I  tfeser    durch  Cyclops   repräsentierte  Typus   ist   auch   bei 

anderen    Objekten    konstatiert    worden,    so  z.B.    erst    kürzlich 

wieder  dun  h  SüTTON  für  Brachystola.  In  anderen  Fällen  werden, 

wie   besonders    klar    die  Verhältnisse   bei   Ophryotrocha  (Kor- 

5<  111  11      lehren,    die    Tetraden    so   angeordnet,    daß   die    erste 

reilung    die    Reduktion    bewirkt.     Der    Effekt    ist    genau    der 

1. 

Wir  linden    also    in    der  Tat    einen  Vorgang   zur  Herab- 

der  Chromosomenzahl    genau  so,   wie  ihn  die  Theorie 

lehr  abweichenden   Reduktionsvorgang  hat  kürzlich  HACKER  (42) 
•den    angegeben.     Ich  kann  auf  seine  interessante  Darstellung  hier 


-     65     -. 

der    Chromosomenindividualität    postulieren    muß,    so    daß    die 
Theorie    von    hier   aus   abermals    eine    sehr  wirkungsvolle   I 
stätigung  erfährt. 

Wir  müssen  nun  noch  suchen,  die  Bedeutung  gewisser 
Besonderheiten  aufzuklären.  Weismann  ließ  seine  Reduktions- 
teilung auf  Grund  der  irrigen  Angaben  Carnoys  einfach  da- 
durch zu  Stande  kommen,  daß  von  den  isoliert  vorliegi 
Chromosomen  die  eine  Hälfte  in  die  eine,  die  andere  in  die 
andere  Tochterzelle  übergehen  sollte*).  Der  Widerspruch,  den 
die  Annahme  eines  solchen  Vorgangs  gerade  von  Seiten  der- 
jenigen iVutoren  erfuhr,  denen  die  meiste  Erfahrung  auf  karyo- 
kinetischem  Gebiet  zukam,  rührte  wesentlich  daher,  daß,  wie 
wohl  Rückert  zuerst  betont  hat,  der  karyokinetische  Apparat 
nicht  im  Stande  ist,  eine  Verteilung  dieser  Art  zu  bewirken. 
Die  Karyokinese  vermag  nach  allen  unseren  Erfahrungen  und 
nach  der  Einsicht,  die  wir  in  ihren  Mechanismus  besitzen,  eine 
gesetzmäßige  Chromatinverteilung  nur  in  der  Weise  zu  I 
wirken,  daß  sie  einheitliche  Stücke  mit  zwei  Polen  in  Ver- 
bindung setzt  und  daß  diese  Stücke  sich  dann  in  der  Mil 
zwischen  den  von  den  Polen  fixierten  Punkten  in  zwei  Hälften 
teilen,  wie  es  eben  bei  der  Spaltung  des  Mutterelements  in 
zwei  Tochterelemente  der  Fall  ist.  Damit  von  einer  An  zahl 
Ganzchromosomen  die  eine  Hälfte  an  den  einen,  die  and 
an  den  anderen  Pol  befördert  wird,  dazu  müssen  dieselben  den 
normalen  mitotischen  Vorgang  sozusagen  simulieren,  sie  müssen 
sich  paarweise  zu  einer  körperlichen  Einheit  verbinden,  welche 
von  dem  Spindelapparat  wie  ein  typisches  Chromosoma,  bezw. 
wie  zwei  in  Bildung  begriffene  Schwesterelemente  behandelt 
werden.     Lösen  sie  sich  dann  an  der  Verkittungsstelle  wieder 


um  so  weniger  eingehen,  als  es  sich  vorläufig  gerade  in  einigen  sehr  wichtigen  l'i 

noch  um  Deutungen  handelt. 

*)  Noch  in  den  Vorträgen  über  Deszendenztheorie  1 103  >  findet  sich  eine 

irrtümliche  Darstellung  der  Reifungsteilungen. 

Boveri.  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


..   so  ist  jedes  einem  anderen  Pol  verbunden,  die 

reicht      Die   Vereinigung    der    Elemente    zu 

:,     vor    den    Reifungsteilungen    erklärt   sich    so    als    eine 

chanische     Voraussetzung    für     die     richtige    Ver- 

g    und  sie  kann  darin  ihre  genügende  Erklärung  finden. 

Wir    kommen    nun    zu    einer  zweiten  sehr  merkwürdigen 

iung,    die    besonders    viele   Schwierigkeiten  in    unserer 

■eitet  hat,  das  ist  die  Kombination  der  beiden '  letzten 

reilungen  in  einen  gewissermaßen  einheitlichen  Vorgang.    Die 

Verkittung    erfolgt,    wenn  wir  wieder  von  dem  RüCKERTschen 

;i  ausgehen,  nicht  direkt  vor  derjenigen  Teilung,  in  welcher 

ler    gelöst    wird,    sondern    schon   vor  der  vorletzten,    in 

h  die  verkitteten  Stücke  in  ihre  typischen  Tochter- 

mente  spalten;  auf  diese  Weise  kommen  die  charakteristischen 

I  etraden  zu  Stande,  deren  Bildungsweise  einer  Erforschung  in 

lallen  so  äußerst  schwer  zugänglich  ist.    Im  Zusammen- 
hang damit  sieht  dann  der  Ausfall  des  Ruhestadiums  zwischen 
beiden   Teilungen;  die  Tetrade  wird  bei  der  ersten  Mitose 
zwei    Diaden,    die  Diade    bei   der   zweiten  in  zwei  einfache 
emente  vom  Wert  gewöhnlicher  Tochterelemente  zerlegt. 

Vorhandensein     zweier    in     engster   Verknüpfung 

bender  Mitosen  am  Ende  der  Oo-  und  Spermatogenese  hat 

e  Hypothesen  hervorgerufen,  worüber  z.  B.  auf  die 

früheren  und  späteren  WEiSMANNschen  Schriften  verwiesen  sei. 

I I  ilten   wir  uns  nur  an  das,    was  wir  aus  den  Daseinsgesetzen 
-    Chromatins    selbst    ableiten    können,    so    scheint    mir 

le   Deutung  die  nächstliegende  zu  sein. 

Reduktion     der    Chromosomenzahl   beruht,    wie    wir 

len  haben,  darauf,  daß  zu  einer  Zellteilung  die  zugehörige 

mosomenteilung    ausfällt    und    an    ihre   Stelle   die   Lösung 

erkitteter    Kiemente   tritt.      Gehen    wir    nun    aus   von 

\  erhältnissen    typischer  Teilungen,   so    zeigt   sich,    wie  im 

schnitt  dargelegt  wurde,  im  Leben  des  Chromatins  eine 


-     67     - 

strenge  Folge  gleichartiger  Cyklen.  Die  Chromosomen  treten 
in  einem  Jugendzustand  in  den  Kern  ein,  sie  verlassen  ihn 
seiner  Auflösung  als  ausgewachsene  Chromosomen  und  in 
diesem  Zustand  teilen  sie  sich  in  zwei  junge.  Überall,  wo  im 
typischen  Verlauf  sich  eine  Zelle  zur  Teilung  vorbereitet  und 
das  Kerngerüst  sich  zu  Chromosomen  kontrahiert,  da  ist  mit 
diesem  Prozeß  ganz  fest  die  Zweiteilung  dieser  Elemente 
verbunden  und  sie  tritt  auch  dann  ein,  wenn  der  karyokine- 
tische  Apparat  infolge  einer  Abnormität  gar  nicht  zu  einer 
Verteilung  der  Tochterelemente  und  also  zu  einer  Kernteilung 
führen  kann*).  Wir  können  also  sagen,  zu  jedem  zwischen 
zwei  aufeinanderfolgenden  Ruhekernen  gelegenen  Chrom  atin- 
cyklus  gehört  eine  Chromosomenteilung. 

Soll  demnach  ohne  Lösung  dieser  festen  Verknüpfung 
der  Geschehnisse  eine  Chromosomenteilung  ausfallen,  wie  die 
Reduktionsteilung  es  verlangt,  so  muß  ein  ganzer  Chromati  n- 
cyklus  ausfallen,  oder  mit  anderen  Worten:  es  muß  eine  Mitose 
unmittelbar  auf  die  nächste  folgen.  Auf  diese  Weise  treffen 
auf  einen  Chromatincyklus  zwei  Zellteilungen,  eine  für  die 
typische  Halbierung  der  Chromosomen,  eine  für  den  besonderen 
Prozeß  der  Verteilung  verkitteter  Ganzchromosmen. 

Oder  anders  betrachtet:  denken  wir  uns,  nachdem  vor- 
her alles  in  der  regulären  Weise  verlaufen  war,  vor  der  letzten 
Teilung  der  Oo-  oder  Spermatogenese  angelangt,  und  diese 
letzte  Teilung  sollte  die  Reduktion  bewirken,  d.  h.  die  ver- 
kitteten Ganzchromosomen  verteilen,  so  würden  diese  Paar- 
linge  selbst  —  wenn  im  übrigen  alles  typisch  verliefe  sich 
in  je  zwei  Tochterelemente  spalten,  und  das  durch  die  paarweise 
Vereinigung  Erreichte  wäre  wieder  illusorisch,  jeder  Tochterkern 
würde  doch  wieder  die  Normalzahl  von  Chromosomen  besitzen. 
Erst  wenn  nun   unmittelbar  eine  zweite  Kern-  und   Zellteilung 


*)  Vergl.  speziell  M.  BOVERI  6). 


— 

welche    diese    [ochterelemente    sofort    wieder   auf   zwei 
Zellen   verteilt,  ist  die  Reduktion   erreicht. 
Natürlich    wären    Einrichtungen    denkbar,    durch    welche 
Effekt    der    Reduktion   durch    eine    einmalige 
gel«  werden    könnte,    und   in   manchen   Fällen, 

einem     Ruhestadium    zwischen    den    beiden    letzten 
hl. -t  wird,    sind    solche   Einrichtungen    vielleicht 
wirklich  vorhanden,     Wo  aber,  wie  in  der  weit  überwiegenden 
:i  der  bekannten  Fälle,  jene  charakteristische  Zusammen- 
steht, durfte  sie  in  der  vorgetragenen,  auf  die  typische 
Konstitution  <\*-v  Chromatins  sich  gründenden  Deutung  ihre  ein- 
und   völlig  befriedigende  Erklärung  finden. 
Im   Anschluß  an  das  Gesagte  verdient   noch   ein  anderer 
Punkt    Beachtung.    Es  wurde  oben  ausgeführt,  daß  die  Reduk- 
n    mechanisch   dadurch   bewirkt   wird,    daß   sich   die  zu   ver- 
den  zwei  ( 'hn-mosomen   gegenüber  dem  karyokinetischen 
Apparat     wie     zwei     entstehende     Tochterelemente     verhalten. 
Allein  damit  sie   dies   tun,   dazu   genügt  ihre  Verkittung  allein 
ht.     Wir  müssen    hier  auf   die   im  IL  Abschnitt  mitgeteilten 
Ergebnisse  über  die  Teilungsstruktur  der  Chromosomen  zurück- 


.1 


o 


/ 

0 


I     I 


;//\\  —7m 


zur  Veranschaulichung  des  Mechanismus  der  Reduktionsteilung. 


-      6o      - 

gehen  (p.  23).  In  jedem  Chromosoma  besteht  vor  der  Teilu 
eine  Art  von  Bipolarität  in  der  Weise,  daß  die  eine  Seite  mit  dem 
einen,  die  andere  mit  dem  anderen  Pol  in  Verbindung  gebracht 
wird  (Fig.  68a).  Denken  wir  uns  nun  zwei  typische,  zur 
Karyokinese  vorbereitete  Chromosomen  in  der  für  die  Reduk- 
tion dienlichen  Weise  aneinandergelegt,  so  werden  dieselben 
nicht  diejenige  Verbindung  mit  den  Polen  eingehen,  welche 
zur  Reduktionsteilung  nötig  wäre  (Fig.  68  b),  sondern  jedes  der 
beiden  verkitteten  Elemente  wird  in  der  durch  Fig.  68  c  repr 
sentierten  Weise  mit  den  Polen  verbunden  werden  und  es  kann 
nur  eine  Äquation  steil  ung  zu  Stande  kommen  :  jede  Tetrade 
spaltet  sich  in  zwei  Diaden  (Fig.  68  d),  jede  Diade  steht  durch 
zwei  Fädchen  mit  ihrem  Pol  in  Verbindung.  Eine  Reduktions- 
teilung könnte  mit  den  Kräften,  die  wir  typischerweise  tätig 
finden,  nicht  eintreten.  Würde  nun  aber,  und  damit  kommen 
wir  zur  Hauptsache,  die  nächste  Teilungsfigur  einfach  dadurch 
entstehen,  daß  die  beiden  Fädchen  sich  erhalten  und  bei  der 
Teilung  des  Centrosoms  so  verteilt  werden,  daß  immer  eines  mit 
dem  einen,  das  andere  mit  dem  andern  Pol  in  Verbindung  bleibt 
(Fig.  68  e),  so  wäre,  bildlich  gesprochen,  auf  einem  ingeniösen 
Umweg,  diejenige  Kombination  der  Pole  mit  den  verkitteten 
Elementen  erreicht,  wie  sie  für  die  Reduktion  nötig  ist. 

In  der  Tat  ist  kaum  zu  bezweifeln,  dal')  wenigstens  in 
manchen  Fällen  der  Prozeß  in  dieser  Weise  verläuft.  Schon 
Hexking  hat  für  Pyrrhocoris  festgestellt  (45),  daß  die  Ele- 
mente der  ersten  Spindel  jederseits  von  2  Fädchen  besetzt  sind. 
was  seither  vielfach  bestätigt  worden  ist;  und  was  das  weitere 
Verhalten  dieses  Doppelfädchens  anlangt,  so  beschreiben  Mont- 
gomery  (65)  und  Paulmier  (73)  ausdrücklich  einen  Prozeß, 
wie  er  hier  postuliert  worden  ist.  Ich  zitiere  die  betreffende 
Stelle  von  Paulmier  (p.  243):  Während  des  A.useinanderrück< 
der  Centrosomen  (zwischen  erster  und  zweiter  Reifungsteilung) 
bleibt   jedes    Tochtercentrosoma    mit  jedem    Chromosomenp 


70 

durch  eine  einzig      Spindelfaser  verbunden.    Diese  Fasern  sind 

nämlichen,  welche  während   der  ersten   Teilung  zur  Beob- 

achtung  kamen,    indem   auf  jeder  Seite  eine  Scheidung  in  der 

\y  treten   ist,  daß  «'ine  Faser  dem  einen,  ihre  Genossin 

m  .mdern    [ochtercentrosom   verbunden  bleibt*). 

Auch  in   dirs.r  Beziehung  also  zeigt  uns  die  Reduktions- 
ssante  Beziehungen  zu  den  Schlüssen,  die  wir  aus 
den   Zuständen  bei  der  typischen  Mitose  über  die  Konstitution 
s  I  hromatins  abgeleitet  haben. 


Wir  gelangen  nun  zu  einer  sehr  wichtigen  neuen 
Wendung  in  der  Reduktionsfrage.  Sie  hängt  zusammen  mit 
dem  Nachweis  einer  Verschiedenwertigkeit  der  Chromosomen 
eines  und  desselben  Kerns.  Sind  in  einem  Kern  alle  Chro- 
mosomen,  auch  die  väterlichen  und  mütterlichen,  essentiell 
gleichwertig,  nur  individuell  verschieden,  so  kann  die  Reduk- 
tion durch  jede  beliebige  paarweise  Kopulation  bewirkt  werden. 
schiedenen  Kombinationen,  die  dadurch  den  einzelnen 
I  e  s<  hlechtszellen  zufallen,  bedingen  nichts  anderes  als  indivi- 
duelle Variationen,  spielen  dagegen  die  Chromosomen  eines 
Kerns  im  Leben  der  Zelle  und  damit  des  Gesamtorganismus 
eine  verschiedene  Rolle,  so  daß  nur  eine  ganz  bestimmte 
Kombination  den  normalen  Funktionen  gerecht  zu  werden  ver- 
maj  muß  auch  für  die  Chromosomenkopulation  zum  Zweck 

der  Reduktion  eine  ganz  bestimmte  Gesetzmäßigkeit  bestehen. 
Denn  beliebige  Sonderung  der  Chromosomen  in  zwei  Gruppen 

zwei  Zellen)  würde  im  allgemeinen  ebenso  verderblich 
wirken,  wie  eine  mehrpolige  Mitose  (20)." 

AJlerdinj  1    nach    I'.wi.mikr    bei  Anasa   die   erste  Teilung  die  Re- 

1<lion  n.      Dem    haben    aber    bereits    MC    CLTJKTG    und   SüTTOX    wider- 

1.     In    der  Tat    ist    es    nach    seinen  Bildern,    die    zwischen  Fig.  24  und  25 

rheblicl        Sprung   zeigen,    ebensogut    möglich,    daß    die    zweite  Teilung  die 

nach  den  obigen  Erörterungen  zu  erwarten  wäre. 


-     7i 

Es  ist  auch  ohne  weiteres  selbstverständlich,  welcher  Art 

diese  Gesetzmäßigkeit  sein  muß.  Wir  wissen  durch  die  Me 
gonie  und  künstliche  Parthenogenese,  daß  Eikerrj  und  Sperma- 
kern einander  äquivalent  sind,  daß  jeder  alle  Qualitäten,  soweit 
wir  dies  prüfen  können,  enthält.  Bezeichnen  wir  also  mit  a, 
b,  c.  d  der  Oualität  nach  die  einzelnen  Chromosomen  des  E 
kerns,  so  müssen  die  des  Spermakerns  auch  a,  b,  c,  d  sein. 
Würden  sich  nun  zum  Zweck  der  Reduktion  die  Chromo- 
somen ganz  beliebig  zu  Paaren  gruppieren  als  z.  B.      . 

so  würden  die  reifen  Geschlechtszellen  ganz  zufällige  Kom- 
binationen erhalten,  es  würden  die  einen  z.  B.  kein  a,  i 
andern  kein  c  besitzen,  also  in  bestimmten  Qualitäten  defekt 
sein.  Man  sieht  sofort,  daß  es  nur  einen  Modus  geben  kann, 
jeder  Sexualzelle  die  ganze  Serie  a,  b,  c,  d  zu  sichern,  nämlich 
den,  daß  sich  immer  die  homologen  Chromosomen  miteinander 

paaren  *). 

Wie  nun  zu  meinem  Ergebnis,  daß  in  den  Zellen  d  s 
Seeigelkeims  die  einzelnen  Chromosomen  physiologisch  ver- 
schiedenwertig  sind,  durch  die  Forschungen  an  Insekten 
morphologische  Ergänzung  geliefert  ist,  so  erbringen  di< 
Beobachtungen  zugleich  die  Bestätigung  für  die  eben  an- 
gesprochene Forderung  bezüglich  der  Reduktion.  Zunächst 
ist  Montgomeey  (67),  dessen  Beobachtungen  über  Unterscheid- 
barkeit bestimmter  Chromosomen  in  der  Spermatogenese  von 
Insekten  ich  oben  angeführt  habe,  zu  dem  Resultat  gekommen, 


*)  Diese  Betrachtungen    rechtfertigen   es  nachträglich,    wenn    ich  oben 
(auf    Grund   der   Merogonie   und    künstlichen    Parthenogenese)    den    - 
(p.  45),  daß  jedem  väterlichen  ein  mütterliches  Chromosoma  entsprechen 
während   die  Versuche   nur    die  Aussage    gestatten,    daß  jeder  Qualii 
Kerns    eine    gleiche    im    anderen    gegenüberstehe,    wobei    diese    Qualität 
mannigfaltigsten  Weise  auf  die  einzelnen  Chromosomen  verteilt  sein  kön, 
die    letztere  Möglichkeit    muß    deshalb    als    ausgeschlossen    betrachl 
wenn    sie    verwirklicht    wäre,    eine    gesetzmäßige   Reduktion    unmögiieb  - 

kommen  könnte. 


-    ) 


la,  wo  in  den  Spermatogonien  zwei  Chromosomen  durch 
Größe  auffallen,  sich  in  den  Spermatozyten  ein 
»nders  und  untereinander  gleich  großen  Elementen 
sammei  ä  Paar  nachweisen  läßt,  niemals  ein  aus  einem 

>n   und  einem  kleinen  Stück  kombiniertes.     Alles,  was  wir 
Äquivalenz    von    Ei-    und    Spermakern    wissen,    zu- 
,men  der     Theorie     der     Chromosomenindividualität, 

machet     es,    wie    Montgomeby    ausführt,    fast  sicher,    daß   von 
den    f  n    Chromosomen    der    Spermatogonien    eines 

.    eines   von   der   Mutter    stammt.     Es    kopuliert    also 
hst  wahrscheinlich  ein  bestimmtes  väterliches  mit  einem  be- 
stimmten mütterlichen,  und  was  für  ein  Chromosomenpaar  gilt, 
gilt,  wie  MONTGOMERY  darlegt,  vermutlich  für  alle. 

Von    größter  Wichtigkeit   in  dieser  Beziehung   sind    nun 

neuesten  Ermittelungen  von  Sutton(94),  die  das  von  Mont- 

mi.ky   Begonnene  noch  beträchtlich  weiter  führen.     Ich  habe 

ben  berichtet,  daß  nach  Suttons  Beobachtungen  in  den  Sper- 

mal    g    •  i i« -ii    von    Brachystola   6   kleine   und    16   größere   Chro- 

mosomen  und  dazu   noch  das  accessorische  vorhanden  sind  und 

sii  h    speziell    unter    den    6   kleinen  drei    Paare    von   etwas 

hiedener  Größe  unterscheiden  lassen,  was  für  die  16  größeren 

b  zu   gelten  scheint  hier  aber  bei  der  großen  Zahl  nicht  so 

klar  teilbar  ist.     (Vergl.  Fig.  54 — 57,  p.  55). 

Kommt  nun    in  den  Spermatocyten   die    reduzierte  Chro- 

•menzahl    zum  Vorschein,    wobei   die   charakteristische   Te- 

ibildung  kaum  bezweifeln  läßt,    daß  jedes    dieser  Stücke 

i   ursprünglichen  Chromosomen   durch  Kopulation   ent- 

en    ist  finden    sich  an   Stelle   der    früheren    6   kleinen 

nen  3  kleine  Tetraden,  jede  wieder  von  etwas  anderer 

lle    der     16    größeren    8    entsprechend    größere 

in    Summa    1  1    (Fig.  69).     Jede  Tetrade   besteht   aus 

gleichen,      in     der     Kopulationslinie     vereinigten 

wie  es  n   zu  erwarten  ist,   wenn  die  einander  ent- 


73 


sprechenden  Stücke  kopuliert  haben;  dazu  kommt  noch  das 
leicht  erkennbare  accessorische  Element  (sclnv.tr/),  das  nur  eine 
einfache  Längsspaltung  aufweist,  was  wieder  völlig  dem  zu  Er- 
wartenden entspricht;  denn  dieses  Chromosoma  war  schon  in 
den  Spermatogonien  nur  einmal  vorhanden  und  konnte  als'. 
keinen   Partner  finden. 

Nachdem  Sutton  auch  in  den  Zellen  des  weiblichen  Ge- 
schlechtsapparates unter  den  hier  22  Chromosomen  (das  acces- 
sorische fehlt!)  die  gleichen  Größendifferenzen  und  speziell  wieder 
6    besonders    kleine    Elemente    hat    nachweisen    können,    wird 


Fig.  69. 


Fig.   70. 


Fig.  69.  Die  Chromosomen  einer 
Spermatocyte  [.Ordnung  von  Brachy- 
stola  magna,  durch  Zerquetschen 
Kerns  in  eine  Ebene  ausgebri  itei  (nach 
Sutton).  Fig.  70.  Spermatocyte  II. 
Ordnung  von  Brachystola  magna  in 
Teilung  (nach   SUTTON). 

man  seinen  Schlüssen  zustimmen  müssen,  wenn  er  sagt:  Bei 
Brachystola  sind  alle  Zellen,  sowohl  die  Keim/eilen  vor  der 
Reduktion  als  auch  die  somatischen  Zellen  durch  einen  Chro 
matinbestand  charakterisiert,  der  aus  zwei  morphologisch  gleich- 
wertigen Reihen  von  je  1 1  Gliedern  besteht    ..     I  He  Reduktion 

*)  Von     dem    nur    im    männlichen    Geschlecht    beobachteten    accessoriscl 
Chromosoma  ist  hier  abgesehen. 


74      — 

im  männlichen  Geachledit  wird  dadurch  bewirkt,  daß  die  homo 

rfer  beider   Reihen  kopulieren   und  daß   dann  in  der 

•     Reifungsteilung    die   TochterjöeRietite  der  Kopuianten 

eder  voneinander  gelost    und    auf   zwei  Spermatiden   verteilt 

fede  von  diesen    enthält    nur   die   einfache  Serie  von 

u  (Fig.  70),  eine  von  je  zwei  Schwesterspermatiden 

u  noch  das  accessorische.    Es  kann  kaum  bezweifelt  werden, 

daß    sich    die   Oogenese    ganz    ebenso   verhält,   daß   also  jedes 

einfache  Reihe  von  11  Elementen  besitzt.    Beider 

Befruchtung  kommen  dann  wieder  die  beiden  Serien  in  einem 

Kern  zusammen. 

Im   Zusammenhang   mit  diesen  Ergebnissen   sei   noch  auf 

I  s    hingewiesen.      Moore  (69)    hat    zuerst    eingehender 

in    den    jungen    Spermatocyten    zur   Beobachtung   kom- 

menden,    lang    andauernden    und    eigentümlichen    Kernzustand 

beschrieben,    wo   die    Chromosomen    in    der    Mitte    des   Kerns 

itig    zusammengeballt   sind,    und   er    hat   diesen    Zu- 

nd,  der  ohne  Zweifel  mit  der  Kopulation  der  Chromosomen 

sammenhängt,    Synapsis   genannt.     Ich   halte   es   für  wahr- 

heinlich,    dal'»   es   sich    bei    dieser   merkwürdigen    Zusammen- 

drängung    um     das    gegenseitige    Aufsuchen    der    homologen 

Chromosomen    handelt,    die  vorher  wohl  oft   weit   auseinander- 

[    n    und    sich    nun    finden    sollen.     Es  muß    zu    dieser  Zeit 

•  Anziehung    derselben    aufeinander    vorhanden    sein    und 

•  in  denjenigen    Fällen,  wo  vorher  die  väterlichen  Chromo- 

untereinander   und   die   mütterlichen    untereinander  eine 

Affinität    zeigen    (Rückert,    Hacker,    Conklin)    eine 

•öllige  Umstimmung  in  diesen  gegenseitigen  Reizverhältnissen 

Sollte    das    Synapsisstadium    irgendwo    fehlen    und 

h  aus  einem  typischen  ( rerüst  oder  kontinuierlichen  Spirem- 

die    Copulae    differenzieren,    so    dürfte    daraus    zu 

laß  alle  Chromosomen  dieses  Organismus  essen- 

ichw<  sind   und   sich    ganz  beliebig   paaren  können. 


—      75 

Es  erhebt  sich  noch  die  Frage:  Vollzieht  sich  die  Re- 
duktion so,  daß  nun  alle  väterlichen  Chromosomen  in 
eine,  die  mütterlichen  in  die  andere  Tochterzelle  geraten,  die 
Chromosomen  also  in  die  nämlichen  zwei  Gruppen  wieder 
schieden  werden,  als  welche  sie  bei  der  Befruchtung  zusammen- 
kamen? Ein  Grund  für  diese  Annahme  ist  nach  dem  im 
IL  Abschnitt  (p.  25)  Gesagten  nicht  vorhanden;  es  ist  bei  weitem 
wahrscheinlicher,  daß  in  dieser  Hinsicht  alle  nur  denkbaren 
Variationen  vorkommen  und  daß  also  die  verschiedenst«-!] 
Kombinationen  der  elterlichen  Elemente  in  den  einzelnen  Ge- 
schlechtszellen verwirklicht  werden;  alles  natürlich  unter  der 
Voraussetzung,  daß  jedes  Chromosoma  am  Ende  der  Keim- 
zellenbahn ein  ungemischter  Abkömmling  eines  bestimmten 
des  befruchteten  Eies  ist  und  also  mit  diesem  identifiziert 
werden  darf. 

Dies  führt  zu  einem  letzten  Punkt  unserer  Betrachtungen 
über  die  Reduktion.  Ich  habe  oben  auseinandergesetzt,  daß 
die  Kopulation  je  zweier  Chromosomen  dadurch  erklärt  werden 
kann,  daß  nur  so  mit  den  sonst  zu  beobachtenden  kar\  (»kine- 
tischen Mitteln  eine  gesetzmäßige  Verteilung  möglich  ist  und 
auch  die  Kopulation  homologer  Stücke,  wie  wir  sie  soeben 
kennen  gelernt  haben,  erklärt  sich  aus  dem  gleichen  Bedürfnis. 

Allein  es  ist  denkbar,  daß  die  Kopulation  der  Chromo- 
somen noch  eine  tiefere  Bedeutung  besitzt.  Schon  1892,  nach- 
dem Henking  für  Pyrrhocoris  zu  dem  Ergebnis  gelangt  war. 
daß  bei  diesem  Objekt  die  Reduktion  so  bewirkt  wird,  wie 
es  sich  später  in  der  Tat  hat  beweisen  lassen,  habe  ich  aus 
der  innigen  Vereinigung  der  präsumptiven  Kopulanten  den 
Schluß  gezogen  (15),  daß  es  sich  hierbei  möglicherweise  um  einen 
Vorgang  handeln  könnte,  der  der  Konjugation  einzeilig 
Wesen  entspräche,  so  daß,  wenn  wir  sagen:  die  Kopulanten 
lösen  sich  in  der  zweiten  (oder  ersten)  Reifungsteilung  wieder 
voneinander,    dies    nicht    anders    aufzufassen    wäre,    als    wenn 


'J 


76 


wir  von  zwei   konjugierten  Paramäcien  diese  Aussage  machen. 
i.l  eben  nicht  mehr  die  gleichen,  die  sich  vereinigt  haben, 
m\  sie  hab       gew  sse   Bestandteile  gegenseitig  ausgetauscht. 
Ganz  eb<     -     könnte  es  bei   der   Kopulation   der  Chromosomen 
schehen.      \~m\    ferner:    wie    wir    bei    der    Konjugation    ein- 
her Wesen   verschiedene  Stufen  haben  von  jenem  Fall  des 
amaciums.    wo    zwei    Individuen    ihre   morphologische  Selb- 
stä^digkeit   bewahren,    nur   gewisse  Teile   austauschen   und   im 
Is    die    gleichen   „Individuen"    wieder    aus    der   Kon- 
Ltion    hervorgehen,    bis    zu   jenem    Fall,    wo   die    zwei    Indi- 
viduen   völlig    zu    einer    Einheit   verschmelzen    und    wo   jenem 
..Auseinandergehen"   der  Paramäcium-Paarlinge   eine   wirk- 
liche „Teilung"    Zellteilung]  entspricht*),  so  ließe  sich  auch  für 
die  in   Erwägung   zu    ziehende  Konjugation    der  Chromosomen 
iken,    dal»    im    einen    Fall    die  Konjuganten    trotz    Mischung 
issi  r  Qualitäten   sich   als   solche   erhalten,    in  einem  andern 
in  eine  Einheit  aufgehen. 

Und  von   hier  aus  ließen  sich  vielleicht  die  bisher  so  ver- 
wirrenden Widersprüche  über  die  Natur  der  Reifungsteilungen 
ufklären.      Den    Nachweisen    über    die    Bildung   der   Tetraden 
durch  einmalige   Längsteilung  und  einmalige  Querteilung  (Ko- 
lati. >n    stehen  ebenso  bestimmt  lautende  Angaben  gegenüber. 
'.  sich  die  Tetraden  durch  zweimalige  Längsspaltung  bilden. 
eines    Erachtens   bedeutet,   daß  jede  Tetrade   aus   einem 
rh<  nheitlichen   ('hromosoma  entstanden  ist. 

Obgleich   diese  Auffassung  der  Tetraden,  als  durch  zwei- 
ialig(    I  ängsspaltung  ---bildet,  von  mir  selbst  herrührt (9),  muß 
h  s  gen,  da!',  ich  ihr,  seit  ich  die  Bildung  von  Tetraden 
durch   Kopulation    entstanden  für  nachgewiesen  halte,    sehr 
skeptis«  h  gegenüberstehe.  Was  meine  Angaben  über  Richtungs- 
perbildung bei  verschiedenen  Typen  wirbelloser  Tiere  (13)  be- 
trifft, so  denke  ich   wohl,  daß  sie  sachlich  korrekt  sind;    allein 

Vergl.   hierzu  meine  Ausführungen  in    15   (p.   483). 


77 

sie  besitzen,  wie  schon  von  anderer  Seite  bemerkt,  nicht  die 
Beweiskraft,  die  ich  ihnen  damals  glaubte  zuschreiben  zu 
dürfen;  denn  wir  wissen  eben  jetzt,  daß  eine  Entscheidung  nur 
durch  das  Studium  der  früheren  Stadien  erreicht  werden  kann. 
Für  Ascaris  megalocephala,  von  wo  die  ganze  Frage  ihren 
Ausgang  nahm,  ist  meine  Auffassung (9,  13),  daß  in  den  Oocyten 
und  Spermatocyten  erster  Ordnung  aus  dem  ruhenden  Kern 
die  reduzierte  Zahl  von  Elementen  hervorgehen,  die  dann  eine 
zweimalige  Längsspaltung  erleiden,  zwar  durch  O.  Hert\vjg(49) 
und  A.  Brauer  (21)  noch  weiter  bekräftigt  worden.  Allein  auch 
hier  ist,  wie  schon  Sabaschnikoff(85)  betont  hat,  eine  andere 
Auffassung  wenigstens  nicht  unmöglich,  und  ich  selbst  habe 
neuerdings  einige  Beobachtungen  gemacht,  welche  viel  mehr 
im  Sinn  paralleler  Kopulation  zweier  einfach  ge- 
spaltener Chromosomen  als  für  doppelte  Längs- 
spaltung sprechen.  Während  ich  nämlich  früher 
die  vier  Stäbchen  jeder  Tetrade  stets  identisch 
gefunden  hatte,  ist  mir  vor  kurzem  ein  weib- 
licher Spulwurm  in  die  Hand  gekommen,  dessen 
Tetraden    ungemein    häufig   aus    zwei    unter    sich 

•  i-i  1  1  •  •    1      -j  Fig-   71-     Erste 

identischen  längeren  und  zwei  unter  sich  lden-  Reifun^sspindel 
tischen  kürzeren  Stäbchen  bestehen  (Fig.  71),    in    aus  einer  Oocyte 

von  Ascaris  nie- 

so  auffallendem  Gegensatz,  daß  an  eine  Täusch-  galocephalabiva- 
ung,  etwa  durch  verschieden  starke  Kontraktion  de"rS'beiden  xe! 
oder  Krümmung,  nicht  zu  denken  ist.    Die  Akten    traden  sichtbar: 

sie    besteht    aus 

über  Ascaris  sind  also  noch  nicht  geschlossen.         7AVCi  langen  und 

Nun   bleiben   aber   noch   die  Angaben    über       z^jb^en 
Wirbeltiere    und    die    der    Botaniker    übrig,    über 
die    mir   kein  auf    eigene  Beobachtung  sich  gründendes  Urteil 
zusteht.     Auch    hier    möchte   ich   aber  vor   allzugroßer  Sicher- 
heit  warnen*)-      Sollte    es    aber    wirklich   Objekte    geben,    bei 


'**U-Li«i» 


■<)  Soeben    erscheint   eine    Arbeit   von  MONTGOMERY  (68),    in    der    versucht 
wird,  die  Verhältnisse  bei  Salamandra    im  Sinn  einer  Reduktionsteilung  zu    deuten. 


TS 


denen    bis   zur    Bildung   der  Eier  und  Spermien  zu  jeder  Zell- 

teilung   eine    wirkliehe    Teilung    (Längsspaltung)    der  Chromo- 

nen   gehört,  so  möchte  ich  eben  diese  Fälle  mit  jenen  oben 

sprochenen  in  der  Weise  in   Beziehung  setzen,  daß  bei  ihnen 

an  Stelle  jener  oberflächlichen   Kopulation  eine  wirkliche  Ver- 

imelzung   (Konjugation)   je    zweier   Chromosomen    zu   einem 

heitlichen  Chromatinindividuum  zu  Stande  gekommen  ist,  was 

zur    Folge    hat,    daß    dann    an    Stelle    der    dort    eintretenden 

Wiederlösung    der    Kopulanten    eine    echte    Teilung    (Längs- 

spaltung)  tritt. 


VI.  (bei*  die  Möglichkeit  und  das  Vorkommen 
qualitativ  ungleicher  Kernteilung. 

Die   Einrichtung,  daß  sich  bei  jeder  Zellteilung  die  Chro- 
mosomen    in    zwei  Stücke    spalten    und    daß    die    entstehenden 
Spalthälften    vermittelst   des  karyokinetischen   Mechanismus  in 
ikter  Weise  auf  die  Tochterzellen  verteilt  werden,    gewährt 
die    Möglichkeit,    daß    von    der    ersten   Embryonalzelle   an    die 
gleiche   Chromatinkonstitution    durch    alle    Zellenfolgen    bis    in 
die  Billionen  von  Elementarteilchen  des  fertigen  Organismus  über- 
tragen    wird.      Aber   leistet   die   Mitose    vielleicht    noch   mehr? 
Wir    sehen,    wie    die    Zellen    in    der   Embryonalentwicklung  in 
setzmäßiger  Weise   voneinander  verschieden  werden  und  es 
>t  manchen    Punkt  in  der  Ontogenese,   wo  wir  solche  Diffe- 
renzierungsschritte    an    ganz    bestimmte  Zellteilungen  geknüpf- 
finden,   wo    also    eine    Embryonalzelle    in    zwei    Tochterzellen 
zerfällt,    die    verschiedene  Potenzen    enthalten.     Es   fragt   sich: 
derartige    Zelldifferenzierungen    mit    Kerndifferenziet 
rungen    zusammen  oder  gar  von  ihnen  ab?     Haben  alle  Kerne 
in  den   verschiedensten  Organen  essentiell  gleiche  Konstitution 


—     79     — 

oder  erhält  vielleicht  bei  und  zum  Zweck  jener  Scheidung  der 
Anlagen  von  dem  allumfassenden  Bestand  des  Eies  die  eine 
Zelle  dieses,  die  andere  jenes  bestimmte  Chromatin  mit?  Die 
Tatsache,  daß  die  Kerne  in  den  Zellen  verschiedener  Organe 
verschieden  aussehen,  könnte  für  eine  solche  Annahme  ins  Feld 
geführt  werden,  und  bei  den  Askariden  und  Dytiscus  haben 
wir  ja  in  der  Tat  ungleichen  Chrom atinbestand  als  Ursache 
solcher  Kernverschiedenheiten  kennen  gelernt.  Allein  dies  sind 
Ausnahmen,  überdies,  wie  alsbald  zu  erläutern,  von  ganz  be- 
sonderer Art.  Sollte  der  mitotische  Prozeß  als  solcher  befähigt 
sein,  zwischen  den  entstehenden  Tochterzellen  eine  geregelte 
Kernverschiedenheit  zu  bewirken,  so  müßten  sich  die  Chromo- 
somen bei  der  regulären  Längsspaltung  in  qualitativ  ungleiche 
Tochterchromosomen  spalten. 

Zu  sehen  ist  von  einer  solchen  Verschiedenheit  in  den 
bisher  untersuchten  Fällen  nichts,  Schwesterchromosomen  sehen 
identisch  aus.  Aber  das  wäre  natürlich  kein  Argument  gegen 
innere  Ungleichheit.  Wir  müssen  uns  also  nach  anderen  Kri- 
terien umsehen,  um  die  Frage  zu  entscheiden.  Ein  solches 
Mittel  zur  Prüfung  ist  darin  gegeben,  daß  im  Fall  einer 
differentiellen  Chromosomenteilung  besondere  Einrichtungen 
erforderlich  wären,  um  jeder  Tochterzelle  die  ihr  bestimmten 
Spalthälften  aller  Chromosomen  zuzuführen.  Wir  können  unter- 
suchen, ob  solche  Einrichtungen  bestehen. 

In  seinen  Erörterungen  über  die  Bedeutung  der  Kern- 
teilungsfiguren hatte  W.  Roux(79)  den  Satz  aufgestellt,  daß  der 
von  ihm  angenommene  Mechanismus  der  Kernteilung  eben- 
sowohl wie  zur  Halbierung  der  Masse  jeder  einzelnen  Qualität, 
auch  zu  jeder  anderen  „bestimmten"  Teilung  die  mechanischen 
Bedingungen  darstelle,  und  es  ist  bekannt,  daß  diese  differen- 
tielle  Teilung,  d.  h.  also  Spaltung  eines  jeden  Chromo- 
soma  in  verschiedenwertige  Stücke  und  gesetzmäßige 
Verteilung  der  Spalthälften  auf  die  Tochterzellen  be- 


8o 

hufs  Bestimmung  der  spezifischen  Eigenschaften 
dieser  Zellen,  in  ihm  Entwicklungstheorien  von  Roux  und 
\\'i>ma\.\    eine  sehr  wichtige   Rolle  gespielt  hat*). 

S  i  fein  nun  die  Analyse  des  damals  Bekannten  und  so 
bewundernswert  die  Voraussicht  des  noch  zu  Entdeckenden  in 
Km  xs  Darlegungen  war,  bei  der  Annahme  der  differentiellen 
Kernteilung  hat  dieser  Forscher  einen  wichtigen  Punkt  über- 
sehen.  Wohl  heißt  es  (Gesammelte  Abh.  Bd.  II,  p.  137):  es 
müssen  di<  geeigneten  Vorrichtungen  getroffen  werden,  daß 
11  der  Halbierung  der  Mutterteile  jeder  der  beiden  Tochter- 
teile  auf  die  richtige  Seite  gebracht  werde.  Aber  die  Haupt- 
frage:  welche  Vorrichtungen    dies  leisten  .könnten,    wird    nicht 

diskutiert 

Meine  Studien  über  die  Konstitution  und  den  Mechanis- 
mus karv« -kinetischer  Figuren  haben  mich  nun  (1888,  11)  zu 
Resultaten  über  die  Beziehungen  zwischen  den  Sphären  und 
Chromosomen  geführt,  nach  denen  der  karyokinetische  Apparat 
nicht  im  Stande  ist,  eine  geordnete  differentielle  Chormosomen- 
teilung  zu  bewirken,  und  ich  habe  später (17)  die  Frage  noch 
einmal  ausführlicher  behandelt.  Bei  der  Wichtigkeit  des 
Problems  und  nach  den  Mißverständnissen,  denen  meine 
S<  hlüsse  begegnet  sind,  mag  es  erlaubt  sein,  die  Überlegungen, 
die  mich  geleitet  'haben,  hier  wenigstens  in  ihren  Grundzügen 
kurz   zu   schildern. 

K<>|  \  hat  in  einer  soeben  erschienenen  Schrift  (80)  diesen  seinen  früheren 

dpunkt    aufgegeben ;    auch    für    ihn    ist    nunmehr    „die    Teilung    der    Idiosomen 

[ualitativi     Halbierung".      Freilich    scheint    diese    Anschauungsänderung 

ROUX    wenige!    durch    die    sogleich    zu  besprechenden  Tatsachen  verursacht  zu 

Ls    durch   Erwägungen,    denen   ich  meinerseits  kein  Gewicht  für  unsere  Frage 

Und  es  daif  in  diesem  Aufsatz,  der  von  der  Bedeutung  der 

■n    Vorgänge    für    die  Erforschung    der  Kernkonstitution  handelt,  und 

v  die    ich  der  früheren  theoretischen  Behandlung  dieses  Pro- 

••!;    RoüXs    (79)  entgegenbringe,  nicht  unerwähnt  bleiben,    daß    seine 

n  über  die  Bedingungen  bestimmt  geregelter  Chromatinverteilung 

mei:  .chtens  auf  einer  Verkennung  des  Wesens  der  Mitose  beruhen. 


—     81      — 

Aus  Beobachtungen  über  gewisse  karyokinetische  Ab- 
normitäten bei  Ascaris  (n)  ging  hervor  —  und  wird  durch  die 
kürzlich  veröffentlichten  Untersuchungen  von  M.  Boveri  an 
Seeigeleiern  (6)  mit  noch  größerer  Evidenz  bewiesen  -  daß  die 
Verteilung  der  Spalthälften  aller  Chromosomen  auf  zwei  von- 
einander entfernte  Bereiche  bei  der  typischen  Karyokinese  der 
Metazoen  ausschließlich  dadurch  gewährleistet  wird,  daß  bei 
der  Lösung  der  Schwesterchromosomen  voneinander  das  eine 
von  beiden  mit  dem  einen,  das  andere  mit  dem  anderen  Pol 
materiell  verbunden  ist.  Rein  durch  die  Entfernung  und 
Formveränderung  der  Sphären  kommen  die  Tochterchromo- 
somen an  ihre  richtige  Stelle*).  Damit  also  bei  differentieller 
Chromosomenteilung  von  allen  Mutterchromosomen  die  gleich- 
sinnigen Spalthälften  in  die  gleiche  Tochterzelle  gelangen 
könnten,  müßten  Einrichtungen  vorhanden  sein,  welche  be- 
wirken, daß  die  gleichsinnigen  Seiten  alier  Mutterchromosomen 
mit  der  gleichen  Sphäre  in  Verbindung  treten.  Dies  ließe  sich 
in  der  Weise  denken  (11,  p.  182),  „daß  die  beiden  Centrosomen 
in  gewisser  Hinsicht  entgegengesetzte  Eigenschaften  besäßen 
und  daß  ein  dieser  Polarität  entsprechender  Gegensatz  auch 
zwischen  den  in  einem  Mutterelement  vorbereiteten  Tochter- 
elementen bestünde,  so  zwar,  daß  jedes  von  diesen  nur  mit 
einem  bestimmten  Pol  verbunden  werden  könne",  wie  dies  in 
Fig.  72,  (p.  82)  schematisch  dargestellt  ist.  Allein  ich  vermochte 
aus  der  Konstitution  mehrpoliger  Figuren  abzuleiten,  daß  eine 
solche  Einrichtung  nicht  besteht.  Nehmen  wir  ein  doppelt- 
befruchtetes Ei  mit  vier  Polen  oder  eine  Zelle,  in  der  vier 
Pole  dadurch  entstanden  sind,  daß  bei  normalem  Ablauf  aller 
inneren  Vorgänge  die  Protoplasmateilung    unterdrückt  worden 


*)  Diese    Auffassung    des    karyokinetischen    Mechanismus    findet    sich    zum 
erstenmal  in  der  geistvollen  Analyse  des  mitotischen  Prozesses  bei  E.  VAN  BENEDEB 
(3)  ausgesprochen.     Ein   Beweis    für    die  vertretene   Anschauung  wird   jedoch  durch 
seine  nur  auf  den  noi  malen  Verlauf  sich  beziehende  Darstellung   nicht  geliefert. 
Boveri,  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


82       — 

i»    und   R.   HEBTWIG    53,   Th.  Boveri    17),   so   haben    wir 

cb  unserer  Voraussetzung  zwei  Centren  mit  der  Polarisation 

\    schwarz),  zwei  mit  der  Polarisation  B  (weiß),  die  in  zweierlei 

Weise    zueinander    gruppiert    sein    können    (Fig.    73    und    74). 

üi  Annahme,    daß  jede   Spalthälfte   eines  jeden   Chromo- 

ma    nur    mit   Centren    bestimmter    Qualität    in    Verbindung 

ten  könne,  wurde  immer  nur  Verbindungen  ungleichnamiger 

Pole    durch  Spindeln    erlauben,    im   ersteren  Fall   könnten    nur 

die    in    Fig.   73.    im    zweiten    nur   die   in    Fig.  74   dargestellten 

Beziehungen  zu  Stande  kommen.    Tatsächlich  aber  finden  wir, 

vor  allem  die  Beobachtungen  von  O.  und  R.  Hertwig  (53) 

an  Seeigeleiern,  die  von  I  Lerla  (47)  an  Ascariseiern  lehren,  auch 


Fig.  73- 


Fig.   74- 


B 

2  —74.   Schemata  zur  Erläuterung  der  Konstitutionsmöglichkeiten  von  Teilungs- 
figuren   onl  .nähme  einer  Prädestination  bestimmter  Chromosomenspalthälften 

zu  besimmten  Polen. 


alle  anderen  geometrisch  denkbaren  Kombinationen,  z.B.  neben 
Verbindungen  in  drei  oder  vier  Seiten  des  Centrenquadrats 
auch  solche  in  einer  Diagonale,  eine  Kombination,  bei  der 
mindestens  «ine  Spindel  gleichnamige  Pole  verbinden 
müßt  Diese  Fälle  zeigen  somit  —  natürlich  nur  für  die- 
jenigen (  Objekte,  an  denen  sie  beobachtet  worden  sind  —  daß 
die  Annahme  eines  Abgestimmtseins  jeder  der  beiden  Chromo- 
iten  auf  eine  andere  Centrenbeschaffenheit  nicht  richtig 
sein  kann.     Jeder  der  vorhandenen  Pole  hat  zunächst,  wie  ich 


-     &3     - 

aus  den  angeführten  Tatsachen  geschlossen  habe  (vgl.  p.  25) 
die  Fähigkeit,  mit  jeder  Seite  eines  jeden  Chromosoma  eine 
Verbindung  einzugehen  ;  und  damit  ist  eine  geregelte  differen- 
tielle  Kernteilung  unmöglich.  Auch  jede  andere  noch  denk- 
bare Annahme  über  ordnende  Vorrichtungen  wird,  wie  ich 
gezeigt  zu  haben  glaube,  durch  die  Konstitution  gewisser  ab- 
normer Teilungsfiguren  ausgeschlossen. 

Morgan  (71)  hat  gegen  diese  Argumentation  den  Ein- 
wand erhoben,  daß  mein  Resultat  gegen  die  Existenz  einer 
differenti eilen  Kernteilung  im  normalen  Verlauf  deshalb  nichts 
beweise,  weil  es  höchst  unwahrscheinlich  sei,  daß  aus  Zellen 
mit  mehrpoligen  Teilungsfiguren  ein  normales  Produkt  ent- 
stehen könne.  Dieser  Einwand  beruht  jedoch  auf  einem  Miß- 
verständnis. Nicht  dazu  dienten  mir  bei  meinen  in  Rede 
stehenden  Betrachtungen  die  mehrpoligen  Figuren,  um  zu  de- 
monstrieren, daß  in  ihnen  selbst  geordnete  differentielle  Chro- 
mosomenverteilung nicht  vorkommen  kann,  was  ohne  weiteres 
selbstverständlich  ist,  sondern  dazu,  mitotische  Anordnungen 
vorzuführen,  welche  beweisen,  daß  ganz  allgemein  und 
also  auch  in  der  normalen  zweipoligen  Figur  eine 
Abstimmung  bestimmter  Spalthälften  auf  bestimmte  Pole,  wie 
sie  zu  qualitativ  ungleicher  Kernteilung  nötig  wäre,  nicht  an- 
genommen werden  kann.  Nicht  auf  das  Schicksal  der  von 
mir  angeführten  Fälle  baut  sich,  kurz  gesagt,  meine  Beweis- 
führung auf,  sondern  auf  ihre  bloße  Existenz. 

Von  größter  Wichtigkeit  für  unsere  Frage  ist  es  nun, 
daß  auch  aus  der  Entwicklung  von  Keimen,  in  denen  die 
Kernverteilung  in  gewisser  Weise  experimentell  abgeändert 
worden  ist,  der  Schluß  gezogen  werden  muß,  daß  eine  qualitiativ 
ungleiche  Teilung  nicht  vorliegen  kann.  Zuerst  von  Driesch  (28) 
bei  Echiniden,  dann  von  O.  Hertwig  (50,  5 1)  beim  Frosch  wurde 
durch  Deformierung  der  Eier  während  des  Furchungsprozesses 
bewirkt,    daß  z.  B.   die  8  Kerne,    welche  durch  die  drei  ersten 


-      84     - 

|,  ;  ;  ,;•  ■:,  gebildet  werden  und  die  ihrer  Genealogie  nach  ge- 
nau bestimmte  Stellungen  im  Keimganzen  einnehmen  sollten, 
in   ganz    andere         enseitige   Stellungen    geraten,   als   normal, 

daß,  wenn  sie  verschieden  wären  und  diese  Verschiedenheit 

spezifische  Potenz  der  zugehörigen  Zellen  bestimmen  würde, 
eine  abnorme  Entwicklung  eintreten  müßte.  Aus  der  stets 
normalen  Entwicklung  haben  die  genannten  Autoren,  wie  mir 
scheint,  mit  vollem  Recht  den  Schluß  gezogen,  daß  in  diesen 
Fällen  qualitativ    ungleiche   Kernteilung   nicht   vorliegen  kann. 

•urlich  sind  auch  diese  Versuche  nur  für  diejenigen  Objekte 
und  für  diejenigen    Teilungen   bindend,   auf  die   sie   sich   direkt 
ziehen.      Doch    darf   darauf   hingewiesen    werden,    daß   wenn 
differentielle   Kernteilung  als  primum  movens  weiterer  Differen- 
zierung für  die  dritte  Furche  des  Frosch-  oder  Seeigeleies  aus- 

schlossen   werden    darf,    es   höchst   unwahrscheinlich   ist,   daß 
immer    als   das    primär    Bestimmende    —    irgendwo  im 
ontogenetischen  (teschehen  vorkommt. 

Mit  dem  aus  den  mehrpoligen  Mitosen  gewonnenen  Er- 
gebnis,  daß  der  karyokinetische  Apparat  eine  sehr  mangel- 
hafte Vorrichtung  ist  zu  qualitativ  ungleicher  Chromati nteilung, 
harmoniert   es   nun  aufs  beste,    daß   in  den  oben  besprochenen 

Qen  von  Asearis  und  Dytiscus,  in  denen  wir  ein  verschie- 
den. \s  Verhalten  von  Schwesterzellen  in  ihrem  Chromatinbestand 
wirklieh  konstatieren,  dieser  Zustand  nicht  mit  den  Mitteln 
der  M  i  tose  erreicht  wird,  sondern  in  einer  davon  sehr  charak- 
teristisch  verschiedenen,  in  beiden  Fällen  wieder  anderen  Weise. 
Bei    Asearis  so,    daß   das  Chromatin   auf  beide  Schwesterzellen 

!:/  glei«  1)  verteilt  wird,  und  dann  erst  in  der  einen  Zelle  — 
höchst  wahrscheinlich  unter  dem  Einfluß  der  hier  gegebenen 
Plasmabeschaffenheit  —  gewisse  Teile  aller  Chromosomen 
degenerieren,  bei  Dytiscus  so,  daß  ein  bestimmter  Teil  des 
Chromatins  der  Mutterzelle  von  der  Mitose  ausgeschlossen  und 
als    einheitliche    Masse    der    einen    Tochterzelle    zugeteilt   wird, 


-     85     - 

ähnlich  wie  z.  B.  der  Nahrungsdotter  bei  gewissen  Zellteilungen 
auf  die  eine  Tochterzelle  übergeht. 

Und  es  ist  für  diese  Fälle  weiterhin  bezeichnend,  daß  sie 
auch  insofern  nicht  den  ursprünglichen  Vorstellungen  über 
differentielle  Kernteilung  entsprechen,  als  nicht  die  eine 
Tochterzelle  dieses,  die  andere  jenes  Chromatin  erhält,  sondern 
beide  das  gleiche,  die  eine  dazu  aber  noch  ein  Plus  entweder 
allein   bewahrt  (Ascaris)    oder  allein  zugeteilt  erhält  (Dytiscus  . 

Dieser  Satz  gilt  auch  für  den  dritten  Fall,  in  dem  wir 
eine  Art  von  differenti eller  Kernteilung  vor  uns  haben,  für 
die  Reif ungsteilun gen  der  Insekten,  in  denen  das  sog.  acces- 
sorische  Chromosoma  ungeteilt  in  die  eine  Tochterzelle  über- 
geht (vergl.  p.  55,  56).  Ob  dieser  Transport  durch  den  karvo- 
kinetischen  Fadenapparat  bewirkt  wird,  erscheint  zweifelhaft; 
nach  einigen  Abbildungen  von  R.  de  SiNETY(8y),  speziell  seiner 
Fig.  110  von  Orphania  denticauda,  möchte  ich  annehmen,  daß 
dieses  Chromosoma,  ähnlich  dem  Chromatinring  bei  Dytiscus, 
von  der  Karyokinese  ausgeschlossen  ist  und  daß  es  je  nach 
seiner  zufälligen  Lage  in  die  eine  oder  die  andere  Tochterzelle 
gelangt.  Solange  es  nur  ein  einziges  ist,  ist  ein  besonderer 
Apparat  zu  seiner  Bewegung  überflüssig;  wohin  es  auch  durch 
den  Zufall  im  einzelnen  Fall  verschlagen  werden  mag,  immer 
wird  die  eine  Hälfte  der  Samenzellen  es  enthalten,  die  andere 
nicht. 

Sollte  aber  eine  Verbindung  des  accessorischen  Chromosoma 
mit  ziehenden  Fasern  eintreten,  so  wäre  auch  hier  die  einseitige 
Zuweisung  leicht  verständlich  zu  machen.  Im  IL  Abschnitt 
wurde  dargelegt,  daß  für  die  Art,  wie  die  Spindelfasern  mit 
den  Chromosomen  in  Verbindung  treten,  ganz  bestimmte  Ge- 
setze bestehen,  darin  sich  äußernd,  daß  an  die  beiden  Polseiten 
eines  Chromosoma  nie  Fädchen  der  gleichen  Sphäre  sich  an- 
heften, umgekehrt  an  die  eine  Polseite  eines  Chromosoma  nie 
Fädchen    von    beiden    oder,    im    Fall    mehrerer    Centren,    von 


86      — 

mehreren  Sphären;  so  daß  also  im  Fall,  wo  vier  Centren  vor- 
..  nur  zwei  überhaupt  eine  Verbindung  mit  einem  be- 
mmten  Chromosoma  eingehen  können,  d.  h.  eben  nur  so 
viele,  als  Polseiten  in  dem  Mutterelement  ausgebildet  sind. 
I  tenkt  man  sich  nun,  das  accessorische  Chromosoma,  welches 
ungeteilt  in  die  eine  Tochterzelle  übergehen  soll,  bringe  diese 
typische  Bipolarität  gar  nicht  zur  Ausbildung,  sondern  ver- 
harr« ■  dauernd  in  «lern  Polaritätszustand  eines  Tochterchromo- 
soma  vergl.  p.  23),  so  wird  es  überhaupt  nur  mit  einer 
Sphäre  in  Beziehung  zu  treten  vermögen,  und  es  könnte  wieder 
bei  nur  einem  sich  so  verhaltenden  —  vom  Zufall  ab- 
hängig  bleiben,  welche  Sphäre  sich  zuerst  mit  ihm  in  Ver- 
bindung setzt:  immer  müssen  mit  voller  Sicherheit  in  gleicher 
Anzahl  Samen/eilen  mit  und  ohne  accessorisches  Chromosoma 
entstehen. 


lassen  wir  die  Ergebnisse  dieser  Betrachtungen  zusammen, 
wird  sich  zur  Zeit  folgendes  sagen  lassen.  Wie  zu  simul- 
taner Mehrteilung,  so  ist  die  Karyokinese  auch  zu  geordneter 
qualitativ  ungleicher  Zweiteilung  ein  sehr  ungeeigneter  Apparat. 
I  >  '■  gewöhnlich  als  roh  angesehene  Protoplasmateilung  ist  in 
diesem  Punkte  der  so  sorgfältig  arbeitenden  Mitose  weit  über- 
-  en  Das  Mangelhafte  der  Mitose  für  den  in  Rede  stehen- 

den   Zweck    liegt   in   der   Vielheit   der  Chromosomen   und    in 
der   Art.  wie  deren   Spalthälften    ganz   passiv   von  Seiten    eines 

mag    erwähnt    sein,    daß    auch    die  (scheinbar  rohe)  direkte  Kern- 

lung  viel  geeigneter  erscheint  zu  qualitativ  ungleicher  Teilung  als  die  indirekte. 

Axt,    wie    sich    in    den.  Oogonien    von    Dytiscus    der    Chromatinring    von    dem 

Chromatin   trennt  (vergl.  pag.  33),   ein   Vorgang,  bei  dem  ohne  Zweifel  ver- 

Chromatin    in    gesetzmäßiger    Weise    voneinander    gesondert    wird, 

au  genommen,   eine  direkte  Kernteilung.      Würde  sich  zwischen  beiden 

die  Zellsubstanz    durchschnüren,    so    hätten    wir  Schwesterzellen  mit  be- 

n  Chromatin.     Es    ist    nicht    unmöglich,    daß  etwas  Derartiges 
.  Minnu. 


-     87     - 

protoplasmatischen  Apparats  verteilt  werden.  Nur  wo  sich 
die  differentielle  Teilung  auf  ein  einziges  Chromosoma  er- 
strecken soll,  sei  es,  daß  dieses  sich  in  un gleichwertige  Stücke 
spaltet  oder  ganz  in  die  eine  Tochterzelle  übergeht  (Sperma- 
tocyten  der  Insekten),  sowie  dann,  wenn  viele  Teile  sich  in- 
folge Zusammenhäufung  wie  ein  Körper  verhalten  (Dytiscus), 
kann  ohne  vorausgehende  Protoplasmadifferenzierung  eine  ge- 
regelte Verschiedenheit  des  Kernbestands  von  Schwesterzellen 
bewirkt  werden*).  Eine  differentielle  Chromosomenteilung,  die 
mehrere  oder  alle  Elemente  umfassen  soll,  ist  vermittelst  des 
uns  bekannten  karyokinetischen  Mechanismus  nur  denkbar  bei 
vorhergegangener  Plasmadifferenzierung.  Auch  unter 
dieser  Voraussetzung  wird  sie  für  die  geprüften  Fälle  durch 
die  Konstitution  der  mehrpoligen  Figuren,  sowie  durch  die  Ver- 
suche über  die  Entwicklung  deformierter  Eier  ausgeschlossen. 
Die  Annahme  dieser  Art  von  qualitativ-ungleicher  Kernteilung 
dürfte  damit  ganz  allgemein  ihre  Berechtigung  verloren  haben. 
Wenn  das  Primäre  doch  die  Protoplasmadiffenzierung  sein  muß, 
so  kann  verschiedenes  Verhalten  der  Chromosomen  in  Schwester- 
zellen, wo  solches  überhaupt  vorkommt,  am  einfachsten  dadurch 
erreicht  werden,  „daß  —  wofür  auch  der  Augenschein  spricht 
—  die  Schwesterchromosomen  bei  ihrer  Bildung  identisch  sind 
und  daß  nur  ihre  Lage  in  der  einen  oder  andern  Tochterzelle 
darüber  entscheidet,  ob  sie  diesen  oder  jenen  Weg  weiterer 
Umgestaltung  einschlagen"  (17). 

Fassen  wir  die  bekannten  Fälle  ungleichen  Chromatin- 
bestands  von  Schwesterzellen  noch  von  einem  andern  Gesichts- 
punkt aus  ins  Auge,  so  ist  erwähnenswert,  daß  sie  in  engster 
Beziehung  stehen  zu  den  Nachweisen  über  Verschiedenwertig- 
keit  einzelner   Bereiche    des    gleichen    Chromosoma,    sowie    zu 


*)  Damit  soll  nicht  ausgeschlossen  sein,  daß  vielleicht  bei  Dytiscus  eine 
solche  Protoplasmadifferenz  besteht  und  der  Chromatinring  stets  einer  bestimmten 
Tochterzelle  zugewiesen  wird. 


88     — 

denen  einer  Wrsehieden Wertigkeit  der  ganzen  Chromosomen 
eines  und  desselben  Kerns.  Nirgends,  soweit  wir  bis  jetzt 
wissen,  ist  die  mitotische  Teilung  (Längsspaltung)  der  Chro- 
mosomen  eine  qualitativ  ungleiche,  sondern  die  Kerndifferen- 
zierung        ruht    entweder    darauf,    daß    von    den    verschieden- 

rügen    Bereichen  eines  jeden  Chromosoma  die  eine  Tochter- 

Bereiche  behält  oder  allein  bekommt,  welche  der 

anderen   verloren   gellen   (Ascaris  und  wahrscheinlich  Dytiscus), 

oder   darauf,    dal)    von    den    verschiedenwertigen    Chromosomen 

ä  Kerns  ein  spezifisches  ausschließlich  der  einen  Tochter- 
zelle zufällt    Spermatogenese  der  Insekten). 

Noch  ein  letzter  Punkt  ist  hier  zu  betrachten.  Die  Eigen- 
schaften, welche  die  Karyokinese  zu  geordneter  qualitativ 
ungleicher  Chromosomenteilung  unbrauchbar  machen,  befähigen 
dieselbe  auf  der  anderen  Seite  unter  besonderen  Bedingungen 
zur    Erzeugung   einer   gewissen   Variabilität   des   Chromatin- 

ätands  homologer  Zellen;  und  dieser  Fall  dürfte  verwirk- 
lieht sein  bei  der  Reduktionsteilung.  Bei  dieser  Teilung", 
\v<>  wir  nach  den  im  vorigen  Abschnitt  mitgeteilten  Erfah- 
rungen anzunehmen  haben,  daß  jede  Chromatinportion  der 
Aquatorialplatte  aus  zwei  essentiell  gleichwertigen,  aber  indi- 
viduell verschiedenen  Hälften  besteht  —  nämlich  einer  vom 
Vater,  einer  von  der  Mutter  stammenden  —  wird  die  Unfähig- 
keit des  Apparats,  eine  bestimmte  Hälfte  mit  einem  bestimm- 
ten  Pol  in  Verbindung  zu  setzen,  alle  erdenklichen  Kombina- 
tionen  väterlicher  und    mütterlicher  Chromosomen   in    den    ent- 

thenden    Tochterzellen    bewirken    müssen,    wovon    schon    im 

V.   Abschnitt    (vergl.    p.   75)   die    Rede    war.      Und    dies  wäre 

•  neben  den   eben  betrachteten    ein    letzter  Typus  „differen- 

ler    Kernteilung",    von  freilich   in  jeder    Hinsicht  ganz  eige- 

Art. 


8g 


VII.  Zusammenfassung  und  Ausblicke. 

Läßt  man,  vor-  und  rückwärts  schauend,  die  Tatsachen 
die  wir  betrachtet  haben,  an  dem  geistigen  Auge  vorüberziehen, 
so  ist  nicht  zu  verkennen,  daß  die  einzelnen  Teile,  die  gar  oft 
bei  ihrer  Entdeckung  isoliert  und  scheinbar  wertlos  dalagen, 
sich  ineinanderfügen  und  ein  sinnvolles  Ganze  sich  zu  gestalten 
beginnt.  Mag  manchen  Fernerstehenden  beim  Durchblättern 
der  riesigen  Zellteilungslitteratur  das  Gefühl  beschleichen ,  daß 
die  Bilder  der  chromatischen  Figuren  in  den  neuesten  Schriften 
auch  nicht  viel  mehr  darbieten ,  als  was  die  Begründer  dieses 
Forschungsgebietes  vor  mehr  als  20  Jahren  gesehen  haben,  so 
wird  ein  genauerer  Einblick  doch  zu  der  Anerkennung  führen, 
daß  die  Aussagen,  die  wir  heute  über  diese  Dinge  machen 
können,  an  Fülle,  Klarheit  und  Bestimmtheit  in  einer  Weise 
gewonnen  haben,  die  die  Erwartungen,  welche  man  damals 
hegen  konnte,  weit  übertrifft.  Aus  den  Beobachtungen  über  die 
Teilung  des  Kerns  hat  sich  eine  Lehre  von  der  Kernkon- 
stitution entwickelt.  Ich  glaube  nicht,  daß  viele  Fälle  auf- 
zuzählen wären,  wo  sich  bei  einer  morphologischen  Analyse 
von  Organisationen  das  genaueste  Studium  der  minutiösesten 
Einzelheiten  so  reich  durch  Aufdeckung  der  überraschendsten 
Gesetzmäßigkeit  gelohnt  hat,  wie  beim  Chromatin.  Und  wir 
dürfen  hinzufügen,  daß  noch  immer,  wo  sich  nur  Gelegenheit 
dazu  darbieten  wird,  die  sorgfältigste  Analyse  der  Chromatin- 
schicksale  eine  wichtige  und  dankbare  Aufgabe  sein  wird. 

Bei  Besprechung  der  Theorie  der  Chromosomenindividua- 
lität habe  ich  hervorgehoben,  daß  die  Überzeugung  von  ihrer 
Richtigkeit  umsomehr  steigen  muß,  je  mehr  man  im  Stande 
ist,  das  ganze  Gebiet  zu  überblicken,  und  ich  wage  zu  hoffen, 
daß    der   Leser    nach    der    Umschau,    die    wir    gehalten    haben, 


9o     — 

:•  Behauptung  beipflichten  wird.  Es  wäre,  angesichts  der 
in  den  Zuständen  und  Schicksalen  der  Chromosomen  sich  über- 
all ausprägenden,  immer  aufs  Neue  zur  Bewunderung  hin- 
reißenden Regel-  und  Gesetzmäßigkeit,  absurd,  anzunehmen, 
daß  alles  dies,  was  wir  bei  der  Teilung  des  Kerns  in  solcher 
Klarheit  vor  uns  sehen,  im  ruhenden  Kern  untergehen  und 
damit  gänzlich  zwecklos  gemacht  werden  sollte  —  nur  weil 
der  ruhende  Korn  für  unsere  Hilfsmittel  bis  jetzt  nicht  analy- 
sierbar  ist     Und  welche  Einrichtungen  wären  überhaupt  denk- 

.  um  von  einer  Teilung  zur  nächsten  immer  wieder  die 
spezifische  identische  Anordnung  zu  bewirken,  wenn  nicht  die 
Kontinuität  dieser  Anordnung  selbst? 

S  '  scheint  mir  die  Bezeichnung  der  Chromosomen  als 
selbständiger  elementarer  Lebewesen  heute  berechtigter  als 
je.  Wenn  wir  diese  Gebilde  in  ihren  Lebensäußerungen  ver- 
folgen, wie  sie  sich  bei  der  Entstehung  des  ruhenden  Kerns  nach 
Rhizopodenart  verästeln,  sich  bei  dessen  Auflösung  wieder  zu- 
sammenziehen; wie  sie  sich  durch  Teilung  fortpflanzen  und  zu 
lv-  Zeiten    paarweise   kopulieren,   so   ist   dies   eine   Stufe 

von  Lebensäußerungen,  wie  sie  den  ganzen  Zelleu  zukommt, 
und  die  Art.  wie  die  Chromosomen  mit  dem  Protoplasma  zu- 
sammen  eine  Einheit  darstellen,  läßt  sich  vielleicht  am  besten 
anschaulich  machen  unter  dem  Bild  einer  äußerst  engen  Sym- 
Ja,  ich  halte  es  für  eine  diskutable  Erage,  ob  dies 
nicht  sogar  mehr  sein  könnte  als  ein  Bild.  Es  wäre  eine 
Möglichkeit,  daß  das.  was  wir  Zelle  nennen  und  für  das  unser 
\  erstand  nach  einfacheren  Vorstufen  fragt,  aus  einer  Symbiose 
n  zweierlei  < -in  lachen  Plasmagebilden,  Moneren,  wenn  wir  so 

«n  wollen,  entstanden  wäre,  derart,  daß  sich  eine  Anzahl 
kleiner:  die  Chromosomen,  in  einem  größeren,  das  wir  jetzt 
Zellenkörper  nennen,  angesiedelt  hätten.    Manches  jetzt  Sonder- 

Für    das    physiologische  Verhältnis    des    ganzen  Kerns    zum  Protoplasma 
hat  schon   W.  PFEFFER   174)  dieses  Bild  gebraucht. 


—     9i      — 

bare  an  dem  Verhältnis  von  Kern  und  Protoplasma  könnte 
sich  so  erklären,  worauf  jedoch  hier  nicht  weiter  eingegangen 
werden  soll. 

Nicht  nur  in  ganz  bestimmter  Zahl  gehören  diese  Chro- 
matinindividuen  zu  jedem  Protoplasmaindividuum,  sie  können 
auch  unter  sich  spezialisiert  sein  zu  verschiedenen  Typen.  Für 
gewöhnlich  ziehen  sie  sich  aus  dem  Protoplasma  zurück  in 
einen  Binnenraum:  die  Kernvakuole,  und  treten  hier  anschei- 
nend in  engere  Relationen  zu  einander,  die  vielleicht  eine 
physiologische  Bedeutung  besitzen,  wie  ja  auch  gerade  dieser 
Zustand  es  ist,  in  dem  sie  wachsen*),  also  Stoffe  aus  dem 
Protoplasma  aufnehmen  und  wohl  auch  Stoffe  ins  Proto- 
plasma abgeben,  worauf  vermutlich  ihre  physiologische  Rolle 
beruht  (H.  de  Vries  96). 

In  das  Protoplasma  treten  die  Chromatinindividuen  nur 
ein  bei  ihrer  Fortpflanzung.  Man  könnte  sagen:  sie  über- 
liefern sich  dem  Protoplasma,  um  sich  von  ihm  bei  seiner 
Teilung  richtig  verteilen  zu  lassen ,  auf  daß  jede  Tochter- 
zelle von  jedem  die  Hälfte,  also  wieder  alle  Arten  erhält. 
So  ist  es  in  allen  Teilungen  bis  auf  eine:  hier  werden  die 
im  Befruchtungsakt  aus  zwei  Zellen  zusammengeführten  Chro- 
mosomen wieder  in  gesetzmäßiger  Weise  auf  zwei  Zellen 
verteilt. 

So  haben  wir  also  hinsichtlich  des  Morphologischen 
schon  eine  sehr  beachtenswerte  Vollständigkeit  der  Erkenntnis 
erreicht.  Aber  je  mehr  hier  unsere  Einsicht  wächst,  um  so 
mehr  empfinden  wir,  daß  das  Morphologische  in  diesem 
Wissensgebiet  doch  nur  der  Unterbau  ist  für  das,  was  wir 
schließlich  zu  ergründen  suchen:  was  denn  diese  Chromatin- 
elemente  und  ihre  merkwürdigen  Schiksale  für  eine  physio- 
logische   Bedeutung    besitzen.      Es    bleibt    uns    also    noch    die 


*)  Vergl.    11,  p.   58. 


—       92        — 

0 

zu   untersuchen,   welche  Mittel  und  Wege  bestehen,  um 
er  die  physiologische   Bedeutung  der  erkannten  Verhältnisse 
zu  exakten    Resultaten  gelangen  zu  können. 

Von  dem  einfachsten  hier  in  Betracht  kommenden  Ex- 
•:  der  Entfernung  des  ganzen  Kerns  aus  einer  Zelle, 
dürfen  wir  an  dieser  Stelle  absehen;  nicht,  weil  auf  diese 
Weise  nicht  etwa  Resultate  von  größter  Wichtigkeit  erzielbar 
und  auch  bereits  erreicht  wären.  Allein  sie  erlauben  nur 
Aussagen  über  die  Funktion  des  Kerns  als  eines  Ganzen  und 
5,  was  sie  lehren,  könnte  auch  von  einem  Kern  geleistet 
werden,  der  sich  nach  dem  alten  REMAKschen  Schema  teilt. 
Zu  den  Tatsachen,  die  uns  die  Mitose  enthüllt:  der  im  Kern 
enthaltenen  Vielheit  und  Verschiedenheit  der  Chromatinele- 
mente,  haben  die  Totalexstirpationen  keine  Beziehung.  Für 
unsere  Frage  der  Kernkonstitution  und  ihrer  physiologi- 
schen  Bedeutung  kommen  also  nur  Fälle  in  Betracht,  wo  eine 
Zelle,  sei  es  im  natürlichen  Verlauf  des  Geschehens  oder  in- 
folge  eines  experimentellen  Eingriffs,  eine  Abweichung  von  dem 
typischen  <  hromatinbestand  oder  wenigstens  von  dem  Bestand 
einer  sonst  gleichwertigen  Schwesterzelle  darbietet. 

Di«*  erste  einfachere  Frage  ist  die,  ob  die  bestimmte 
/  hl  von  Chromosomen,  welche  eine  Zelle  in  ihrem  regu- 
lären  Kernbestand  besitzt,  oder  die  in  dieser  Zahl  gegebene 
stimmte  Chromatin  menge  eine  bestimmte  Funktion  er- 
kennen  läßt  Es  ist  in  dieser  Hinsicht  vielleicht  nicht  beson- 
ders auffallend,  daß  Zellen  mehr  Chromatin  vertragen  können, 
als  ihnen  typischerweise  zukommt,  wie  dies  vor  allem  meine 
Beobachtungen  an  Ascaris  (18),  diejenigen  Gerassimoff's  an 
Spyrogyra  zeigen.     Viel   wichtiger   ist   die   Tatsache,   daß 

die   Chromosomenzahl   ohne   Schädigung   auf   die   Hälfte   redu- 
ziert  sein   darf,    was  durch  meine  Versuche  über  die  Entwick- 
von     Seeigeleiern     mit    bloßem    Spermakern    festgestellt 


93 

ist*).     Zugleich    aber    läßt    sich    nun    hierbei    und   ebenso   aus 
den    Versuchen    mit    künstlich    verdoppelter    Chromosomenzahl 
eine  interessante  Wirkung  der  Chromatin  menge  erkennen.    Die 
Zellen   eines   Seeigelkeimes   mit   halber  Chromatinmenge  teilen 
sich  öfter,  werden  also  kleiner,  als  die  mit  Normalzahl,  diejenigen 
mit  doppelter  Zahl  weniger  oft  und  bleiben  also  größer,  um  das 
gleiche  Entwicklungsstadium  zu  erreichen  (vgl.  p.  i6u.  17).    Ja, 
die    Spyrogyrazelle ,     die    bei    ihrer    Bildung    doppelt   so    viele 
Kernelemente    in    sich    aufgenommen    hat    als    normal,    wächst, 
wie  Gerasslmoff  gefunden  hat,   zu   einer   viel  beträchtlicheren 
Größe    heran,    als    eine    normale    Spyrogyrazelle    je    erreicht. 
Wir  konstatieren   somit   eine  Abhängigkeit   der  Zellgröße  von 
der   Chromosomenzahl,    bezw.    der   Chromatinmenge,   ein   Ver- 
hältnis,  das  R.  Hertwig  (52)   kürzlich   unter   der  Bezeichnung 
„Kernplasmarelation"   zum   Ausgangspunkt   interessanter  Erör- 
terungen gemacht  hat.  .  Die   engen   funktionellen  Beziehungen 
zwischen  Kern  und  Protoplasma,  und  die  schon  so  oft,  besonders 
von  botanischer  Seite  hervorgehobene  Erscheinung  einer  jedem 
Kern    zukommenden    beschränkten    Wirkungssphäre    erhalten 
durch  diese  Tatsachen  eine  besonders  klare  Illustration  und  auf 
manchen  bisher   dunklen  Sachverhalt   fällt  von   hier  aus  Licht. 
Ich     erwähne    vor     allem     die     sowohl    von    Botanikern 
wie    Zoologen    festgestellte    Tatsache,    daß    der    verschiedenen 
Größe  homologer  und  homodynamer  Organe  nicht  verschiedene 
Größe,    sondern     verschiedene    Anzahl    der    Zellen    entspricht. 
J.  Sachs  (86)  und  Strasburger  (91)  haben  dies  gleichzeitig  er- 
kannt;   des    ersteren    Schüler    Amelung   (i)    schreibt    in    einer 
diesen  Verhältnissen  speziell  gewidmeten  Schrift:    „Verschieden 
große  Organe  gleicher  Art  desselben  Pflanzenindividuums    be- 
stehen   aus  Zellen    von    gleicher   oder   nahezu   gleicher  Größe." 

*)  Die  Ergebnisse  von  E.  B.  WILSON  über  die  parthenogenetische  Ent- 
wicklung von  Seelgeleiern  sprechen  wohl  im  gleichen  Sinn;  doch  steht  für  sie  die 
Untersuchung  des  Zell-  und  Kernbestandes  der  Larven  noch-  aus. 


94      — 

I  ,    nz    ähnlich    lautet     für    tierische    Objekte    das    Ergebnis    C. 
Rabls     77)     „daß    innerhalb    einer    engbegrenzten    Gruppe   die 
ler    Zellen    eine    bestimmte   ist,    daß   aber  ihre  Zahl   je 
nach  der   Körpergröße  der  einzelnen  Arten  schwankt." 

I«  h    halte    es   nach    den    oben    mitgeteilten  Experimenten 
iit   für  zweifelhaft,  daß  wir  in  dieser  Erscheinung  einen  Aus- 
druck   jener    strengen     Abhängigkeit    der    Zellgröße    von    der 
Chromatinmenge  zu  erblicken  haben,  welch  letztere  ja  in  allen 
ganen   des  gleichen  Individuums  die  gleiche  ist*)   und  auch 
nah  verwandten  Organismen  in  der  Regel  annähernd  über- 
einstimmen  wird 

Eine  zweite  Erscheinung,  für  die  unsere  Erkenntnis  der 
Abhängigkeit  der  Protoplasmagröße  von  der  Chromosomenzahl 
Aufklärung  bringt,    ist  die  Entstehungsweise   der  Riesenzellen 

Mit  gewissen  hier  nicht  in  Betracht  kommenden  Ausnahmen, 
i    Es    war    eine   naheliegende  Frage,    ob    die   „echten"    menschlichen  Riesen 
und  Zwerge   Zellen    von   typischer  Größe  in  vermehrter  oder  verminderter  Zahl  ent- 
halten,    "der   die  Riesen    vielleicht    entsprechend    größere,    die  Zwerge  entsprechend 
kleinere   Elemente    in    typischer  Zahl.     Es  wäre  denkbar,  daß  auch  beim  Menschen 
ichtete  Eier    mit    erhöhter    oder    verminderter  Chromosomenzahl  vorkämen  und 
dal',    die    hiernach    zu    erwartenden    abnormen  Zellengrößen   bei  einer  vielleicht  vor- 
nan. Regulation    der  Zellenzahl    des    ausgewachsenen   Individuums  zur  Riesen- 
Zwergbildung  führen  könnten.     Es  scheint  jedoch,  daß  diese,  schon  nach  den 
partiellen    Kiesenbildungen    unwahrscheinliche    Erklärungsmöglichkeit    nicht    zutrifft. 
Durch    das    freundliche  Entgegenkommen    des  Herrn   Hofrat  TOLDT  in  Wien,  dem 
all    hirrfür   auch    an    dieser  Stelle   meinen    verbindlichsten  Dank    abstatte,  hatte  ich 
heit,    eine   Phalange    des    von    LANGER    beschriebenen    Grenadiers    (Skelett- 
höh(            :  cm)    auf    die    Grübe    und  Zahl    der  Knochenkörperchcn  zu  untersuchen 
und    diese    Verhältnisse    mit  den  entsprechenden   eines  Individuums  von  weniger  als 
Mittelgröße    zu    vergleichen.     Es    ergab    sich,  daß  der  Riese  nicht  größere,  sondern 
echend    nv-lir    Knochenkörperchcn    besitzt.  Eine    zweite  Probe    dieser    Art 
lanke  ich  der  Direktion  des  Berliner  Panoptikums,  die  mir  auf  meinen  Wunsch 
abgeschabtes    Epithel    der"  Zungenschlennhaut    des    238  cm    großen  Riesen    Feodor 
hnow  zuschickte.     Die  Zellen  waren  im  Durchschnitt  genau  so  groß  wie  meine 
Wir    haben    hier   also    eine  neue  Bestätigung  des  Satzes,  daß  die  Größe 
/  llen   für  eine  bestimmte  Organismenart  oder  -Gruppe  konstant  ist  und  nur  die 
Zahl  mit  der  verschiedenen  Größe  des  Organs  wechselt.     Die  Ursache  der  Riesen- 
bildung bleibt  aber  damit   nach   wie   vor  dunkel. 


95 

im  Säugetierorganismus,  jener  eigentümlichen  Zellen,  deren  be- 
sondere Funktionen  nur  von  einem  riesigen  Protoplasmaleib  be- 
wältigt werden  können.  Damit  aus  einer  Zelle  von  bestimmter 
Kernplasmarelation  eine  Riesenzelle  entstehen  kann,  wird  nach 
den  angeführten  Ergebnissen  als  Vorbedingung  eine  starke 
Vermehrung  des  Chromatins  eintreten  müssen.  Aber  schon  in 
dem  kleinen  Leukocyten,  aus  dem  die  Riesenzelle  entstehen 
soll,  ist  das  Chromatin  ausgewachsen  (vgl.  p.  18,  19).  Wie  soll 
es  sich  weiter  vermehren?  Die  Antwort  geben,  wie  mir  scheint, 
die  Ermittelungen  über  die  Entstehung  der  Riesenzellen  des 
Knochenmarks,  die  wir  M.  Heidenhain  (44)  verdanken.  Diese 
bilden  sich  aus  typischen  Leukocyten  dadurch,  daß  fortgesetzt 
Mitosen  auftreten,  die  aber  nie  zu  einer  Zellteilung  führen. 
Nach  der  Zahl  der  Centrosomen,  die  Heidenhain  in  den 
Riesenzellen  nachgewiesen  hat,  ist  anzunehmen,  daß  eine  fertige 
Riesenzelle  mindestens.  7 — 8  mal  einen  solchen  mitotischen,  nicht 
von  Zellteilung  begleiteten  Prozeß  durchgemacht  hat,  wodurch 
die  Chromosomenzahl  und  damit  auch  die  Chromatinmenge  auf 
das  100 — 200 fache  erhöht  worden  ist.  Es  ist  dies  eben  offen- 
bar der  einfachste  Weg,  die  nötige  Chromatinmenge  herzu- 
stellen, die  für  das  Heranwachsen  eines  Riesenprotoplasma- 
leibes  erforderlich  ist.  Und  so  erklären  sich  die  scheinbar 
zwecklosen  Mitosen  *). 

Von  dem  gewonnenen  Standpunkt  aus  werden  nun  end- 
lich auch  die  Verhältnisse  in  den  Oocyten  zu  beurteilen  sein. 
Auch  hier  besteht  das  Bedürfnis  nach  riesiger  Protoplasma- 
vermehrung,   also    wohl    wieder    primär    nach    entsprechender 


*)  Es  mag  hierzu  bemerkt  sein,  daß  diese  Tatsachen  im  Verein  mit  unseren 
sonstigen  Erfahrungen  dafür  sprechen,  daß  sich  die  Chromatinindividuen.  die  wir 
zu  allen  Zeiten  im  Kern  annehmen  müssen,  nur  im  kontrahierten  Zustand  —  als 
Chromosomen  —  fortpflanzen  können,  nicht  im  Gerüstzustand.  Denn  sonst  wäre 
nicht  einzusehen,  warum  in  den  Riesenzellen  zum  Zweck  des  an  die  Fortpflanzung 
der  Chromosomen  gebundenen  Wachstums  die  komplizierten  mitotischen  Vorgänge 
inszeniert  werden. 


-     q6     - 

Chromatin  Vermehrung;  mit  dem  Unterschied  jedoch  gegenüber 
den  eben  betrachteten  Riesenzellen,  daß  diese  letzteren  nach 
Ausübung  ihrer  spezifischen  Funktion  zu  Grunde  gehen  können, 
wogegen  das  Ei  die  Kontinuität  der  Individuen  vermittelt  und 
dabei  am  Schluß  seiner  Sonderexistenz  wieder  eine  ganz  kleine 
Chromatinmenge  und  genau  bestimmte  Chromosomenzahl  be- 
sitzen muß,  als  Äquivalent  zu  dem  Kernanteil  der  Samenzelle. 
Wir  müssen  also  hier  spezifische  Verhältnisse  erwarten,  wie 
sonst  wohl  nirgends  wiederkehren,  und  daß  solche  vor- 
liegen, geht  aus  dem,  was  wir  wissen,  zur  Genüge  hervor 
vgl.  p.  41).  Aber  eine  Deutung  im  einzelnen  und  einheit- 
liche Beurteilung  der  vielfach  widerspruchsvollen  Ergebnisse 
ist  vorläufig  kaum  durchführbar. 


Von  weit  größerem  Interesse  als  die  Frage  nach  der 
Funktion  einer  bestimmten  Chromatinmenge  ist  nun  die 
zweite,  ob  sich  Beziehungen  bestimmten  Chromatins 
zu  bestimmter  Zellfunktion  erkennen  lassen. 

Einen  gewissen  Einblick  in  dieser  Hinsicht,  wenn  auch 
freilich  nur  sehr  unbestimmter  Natur,  gewähren  die  Fälle  von 
Ascaris  und  Dytiscus  (vgl.  p.  27  —  33),  wo  im  normalen  Verlauf 
zwei  Schwesterzellen  in  ihrem  Chromatingehalt  verschieden 
sind  und  wo  wir  in  der  Lage  sind,  zu  verfolgen,  was  aus 
jeder  wird.  Wir  wissen  für  beide  Fälle,  daß  aus  denjenigen 
/»•Hin,  die  das  gesamte  Chromatin  bewahren,  Sexualzellen 
hervorgehen,  aus  den  anderen  somatische  Zellen,  bezw.  hin- 
fällige Xährzellen.  Es  wird  nicht  zu  kühn  sein,  wenn  wir 
daraus  schließen,  daß  den  Sexualzellen  bestimmte  Chromatin- 
teile  nötig  sind,  die  die  somatischen  nicht  brauchen.  Und 
eine  allgemeine  Folgerung  wenigstens  dürfen  wir,  glaube  ich, 
hieraus  noch  ableiten,  daß  der  Kern  nicht  ein  Zellorgan  sein 
kann  mit    einer    einzigen    bestimmten   Funktion,    wrie    etwa    ein 


—     97 

Atmungsorgan,    sondern    daß    es    spezifisches,    zu   bestimmter 

Zellenleistung   in    Beziehung  stehendes   Chromatin   gibt.      Und 
so  wenig  dies  ist,  so  ist  es  immerhin  etwas. 

Es  wäre  ein  Fortschritt  von  größter  Wichtigkeit,  wenn 
es  gelänge,  festzustellen,  welche  Wirkung  die  Chrom atinteile, 
die  in  den  genannten  Fällen  nur  der  einen  der  beiden  Söhwester- 
zellen  erhalten  bleiben,  in  dieser  oder  ihren  Abkömmlingen 
ausüben.  Allein  es  scheinen  mir  zur  Zeit  kaum  Aussichten 
vorhanden  zu  sein,  dieser  Frage  auf  experimentellem  Wege 
näher  zu  kommen.  Unter  dem  Einfluß  der  Wi:i>MA.\xschen 
Theorien  wird  man  geneigt  sein,  in  den  Chromosomenenden 
der  Ascariden,  die  der  Keimbahn  reserviert  bleiben,  ,, Keim- 
plasma" zu  sehen,  in  den  mittleren  Abschnitten  ein  speziali- 
siertes „somatisches"  Kernplasma.  Allein  genauere  Überlegung 
zeigt,  daß  eine  umgekehrte  Anschauung  ebensoviel  Berechti- 
gung hat,  nämlich  die,  daß  in  den  Schleifenenden  die  Be- 
stimmung für  die  spezifische  histologische  Ausbildung  der 
Sexualzellen  gegeben  ist*). 


*)  Auf  eine  Möglichkeit  sei  hier  aufmerksam  gemacht,  ohne  daß  dieser  Idee 
damit  ein  besonderer  Wert  beigelegt  werden  soll;  ich  teile  sie  nur  mit,  um  zu  ihrer 
weiteren  Prüfung  an  die  Mitarbeit  der  Fachgenossen  zu  appellieren.  Es  ist  bei 
der  EinheiÜichkeit  der  Nematodengruppe  sehr  merkwürdig,  daß  sich  die  Diminution 
bisher  nur  bei  den  Ascariden  hat  nachweisen  lassen;  bei  Strongylus,  bei  Rhab- 
donema  ist  nichts  davon  zu  linden.  Diese  Tatsache  führt  zu  der  Frage,  ob  viel- 
leicht in  der  Ausbildung  der  Sexualzellen  zwischen  den  Ascariden  und  jenen 
anderen  Nematoden  ein  Unterschied  vorhanden  ist.  In  der  Tat  ist  ein  solcher 
nachweisbar.  Die  Eier  der  untersuchten  Ascariden  haben  sehr  dicke  Eischalen 
(Perivitellinhüllen) ,  die  von  Strongylus  und  Rhabdonema  nur  eine  ganz  dünne 
Dotterhaut.  Und  es  scheint,  daß  diejenigen  Nematoden,  welche  dicke  Eischalen 
bilden,  Spermien  produzieren  mit  dem  bekannten  lichtbrechenden  Körper,  während 
die  anderen,  soweit  meine  Erfahrungen  reichen,  ihn  nicht  besitzen.  Die  Hypotl 
ist  nun  die,  daß  in  den  Enden  der  Urchromosomen  der  Ascariden  die  Bedingui 
für  die  Schalenbildung  enthalten  sein  könnten  und  daß  sich  ein  entsprechendes 
Vermögen  im  männlichen  Geschlecht  in  dem  lichtbrechenden  Körper  der  Spermien 
äußert.  Eine  ausgedehnte  Untersuchung  in  allen  Nematodengrappen  mit  Rücksicht 
auf  diese  drei  Punkte:  Diminution,  Eischale,  lichtbrechender  Körper  der  Spermien. 

— 

Boveri,  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


-     98     - 

Einen    anderen    Fall    ungleichen    Chromatinbestands    von 

Schwesterzellen  haben  wir  in  der  Spermatogenese  der  Insekten 

nnen    gelernt;    die    eine    Hälfte    der  Samenzellen    erhält   ein 

überseht  -  Chromosoma,  das  den  anderen  fehlt.    Mc  Clung 

I  li.u  die   Hypothese  ausgesprochen,    daß  die  Spermien,    die 

ä    Chromosoma   besitzen,    die   Eier,    in    die  sie  eindringen, 

zur  Bildung  von  Männchen  bestimmen,  und  nachdem  auf  Grund 

der    Beobachtungen    SuTTONS    kaum    mehr    bezweifelt    werden 

kann,    daß    das   accessorische  Chromosoma   nur  im  männlichen 

schlecht  vorkommt,  erhält  diese  Hypothese  einen  sehr  hohen 

Grad     von    Wahrscheinlichkeit;    ja,    ich    wüßte    nicht,    welche 

andere  Annahme  man  plausibler  Weise  machen  könnte.    Aber 

so    wichtig    die    Aussichten   sind,   die   sich   hier  eröffnen,   über 

große    Wahrscheinlichkeit    wird    man    auch    hier    nicht    leicht 

hinauskommen. 

Ein  Weg,    der    mehr    verspricht,    ist   gegeben  in  der  ex- 
rimentellen    Herstellung    eines    vom    normalen    ab- 
teilenden Chromatinbestands  in  Zellen,  deren  Schicksal 
uns  als  Maßstab  dafür  dienen  kann,  was  dieser  abnorme  Zustand 
bewirkt.    Ein  zwar  nicht  sehr  vollkommenes,  aber  doch  immerhin 
ein  Mittel  um  dies  zu  erreichen,  ist,  wie  oben  (p.  44m)  dargelegt, 
in    den    mehrpoligen    Mitosen    gegeben.      Die    Ergebnisse, 
die  auf  diese  Weise  an  Seeigelkeimen   gewonnen  worden  sind, 
lehren,    daß    schon    vom    Blastulastadium  an  zur  weiteren  Ent- 
wicklung eine  ganz  bestimmte  Kombination  von  Chromosomen 
nötig  ist.  indem  andernfalls  Organisationsdefekte  auftreten  oder 
die   Entwicklung  überhaupt  nicht  weiterschreitet.    Wir  können, 
\\i<-  oben  schon  dargelegt,  nicht  umhin,  daraus  auf  eine  Lokali- 
erung    bestimmter    Qualitäten    auf    bestimmte    Chro- 

wäi  se  Hyp<  bliese  entweder  als  hinfällig  zu  erweisen  oder  weiter  zu  stützen. 

S<  hwierigkeit,  das  in  Betracht  kommende  Material  zu  erhalten  und  bei  der 
Sicherheit   der  Konservierung    mag   die  Anregung  geäußert  werden,  günstige  Ge- 
legenheiten, die  sich   für  derartige  Untersuchungen  bieten,  zu  benutzen. 


—     99     — 

mosomen    zu    schließen,    ein    Schluß,    der    mit    der    morpho- 
logischen   Unterscheidbarkeit    der   Chromosomen,    wie    sie   vor 
allem   für    gewisse   Insekten    dargetan    worden    ist,    aufs   beste 
harmoniert.    Aber  etwas  Näheres  über  diese  Lokalisierung  aus- 
zusagen,   gestatten    auch    diese    Tatsachen    nicht.      Gar    leicht 
drängen    sich  Vorstellungen    auf,    wie   sie  Weismann  in  seiner 
Determinantenlehre    entwickelt   hat;    doch    wird   man  in  dieser 
Hinsicht    sehr    vorsichtig    sein    müssen.      Wenn    die    Deutung 
richtig   ist,    die   ich   meinen  Versuchsresultaten    gegeben   habe, 
so  läßt  sich  zwar  behaupten,  daß  eine  bestimmte  Kombination 
von  Chromosomen    zur    Bildung   des   Urdarms    nötig    ist,    eine 
bestimmte  zur  Bildung  des  Skeletts  u.  s.  w. ;   allein  daraus  etwa 
auf   darm-  und  skelettbildende   Chromosomen   zu   schließen,  ist 
nicht   zulässig.     Daß    es   z.   B.    nicht    ein   bestimmtes   Chromo- 
soma  sein  kann,  welches  den  Keim  zur  Darmbildung  befähigt, 
geht     schon     direkt     aus     meinen    Versuchen     hervor;     denn 
mindestens    zwei    von    den    vier    Blastomeren    des    dispermen 
Eies  müßten  dann  unter  allen  Umständen  solche  „Darmbildner" 
besitzen  und  es  müßten  also,  wenn  die  vier  Blastomeren  von- 
einander isoliert  sind,   mindestens  zwei  von  ihnen  gastrulieren, 
was  häufig  nicht  der  Fall  ist;  in  vielen  Fällen  gastruliert  kein 
einziges. 

Höchst  dürftig  bleiben  unsere  Aussagen  vor  allem  da- 
durch, daß  wir  nie  wissen,  ob  sich  ein  Merkmal  deshalb  nicht 
entfaltet,  weil  die  Anlagen  zu  ihm  selbst  fehlen  oder  nur,  weil 
gewisse  frühere  Zustände  nicht  erreicht  werden  konnten,  die 
für  seine  Entfaltung  Voraussetzung  sind. 

Es  ist  ja  auch  ohne  weiteres  selbstverständlich,  daß  die 
Zahl  der  Chromosomen  viel  zu  gering  ist,  im  übrigen  bei  nahe 
verwandten  Organismen  zu  variabel,  als  daß  man  etwa  jedem 
Chromosoma  eine  einzige  bestimmte  Qualität  des  Organismus 
als  Anlage  zuerteilen  könnte.  Auch  weisen  die  Verhältnisse 
bei  der  Diminution  von  Ascaris  und,  wenn  ich  sie  richtig  ge- 


IOO 


deutet  habe,  auch  diejenigen  bei  Dytiscus  darauf  hin,  daß  das 
einzelne  Chromosoma  verschiedene  Qualitäten  repräsentiert. 
Was  als.>  durch  die  bisherigen  Versuche  erreicht  ist,  das  ist 
kaum  mehr,  als  daß  ein  Spalt  geöffnet  worden  ist,  der  uns 
hineinsehen  läßt  in  ein  unermeßliches  Gebiet  voll  zahlloser  und 
zum  größten    IVil   wohl  für  immer  unlösbarer  Fragen. 

Wenn    ich    alle  Tatsachen  überblicke,   die    für    die   Frage 

Lokalisation   bestimmter  Qualitäten  auf  verschiedene  Chro- 

s  tnen    in   Betracht   kommen,   so   scheint   es   mir   zweifellos, 

die  Verschiedenwertigkeit  der  einzelnen  Chromosomen 
eines  Kerns  sich  aus  einem  indifferenten  Zustand  essentieller 
( rleichwertigkeit  herausgebildet  haben  muß,  und  ich  möchte  ganz 

nein  und  auch  für  die  Seeigelkeime  glauben,  daß  wir  für 
alle  Chromosomen  dieser  Kerne  noch  gewisse  gleichartige 
Urfunktionen  anzunehmen  haben,  mit  denen  im  Einzelnen  ver- 
schiedene  Spezialfunktionen  verbunden  sein  können.  Für  diese 
Auffassung  liegen  bereits  ganz  bestimmte  Anhaltspunkte  vor. 
Experimente  von  mir  (17)  und  besonders  von  Ziegler  (109), 
bei  denen  von  den  beiden  primären  Blastomeren  eines  See- 
-  die  eine  keinen  Kern  erhielt,  wohl  aber  eine  normale 
Sphäre,  haben  gezeigt,  daß  zur  Entstehung  jener  einschichtigen 
Epithelblase,  die  wir  Blastula  nennen,  Kernsubstanz  nötig  ist. 
In  dem  ZiEGLERschen  Fall  war  zwar  Zellteilung  eingetreten, 
aber  eine  Blastula  bildete  sich  aus  diesen  kernlosen  Zellen 
nicht.  1  >a  nun  aus  dispermen  Seeig-eleiern  fast  stets  ganz 
•mal  gebildete  Blastulae  hervorgehen,  mag  auch  die  weitere 
Entwicklung  noch  so  pathologisch  sein,  so  werden  wir  schließen 
müssen,  daß  die  Kernfunktionen,  die  zur  Erreichung  des 
Blastulastadiums  nötig  sind,  von  allen  Chromosomen  in  gleicher 
W(  ausgeübt  werden  können,  und  erst  von  diesem  Stadium 
an  nicht    mehr,    daß    also  jedes  Chromosoma  verschiedenartige 


IOI 


Funktionen  zu  erfüllen  hat,  generelle  und  spezielle  ); 
ähnlich  etwa,  wie  uns  die  verschiedensten  Tiere  als  Kraftquelle 
dienen,  daneben  aber  jedes  einzelne  noch  in  seiner  besonderen 
Weise  als  Zugtier,  Renner,  Wächter  oder  Produzent  spezifischer 
Stoffe  nützlich  sein  kann.  Wenn  also  z.  B.  Loeb  (58)  aus  ge- 
wissen Tatsachen  den  Schluß  zieht,  der  Kern  stelle  das  Oxy- 
dationsorgan der  lebenden  Substanz  dar,  so  könnte 
dieses  Ergebnis  neben  den  Schlüssen,  die  wir  aus  unseren 
Versuchen  abgeleitet  haben,  sehr  gut  bestehen.  Und  von  hier 
könnte  auch  auf  die  direkte  Kernteilung  neues  Licht  fallen, 
indem  es  möglich  erscheint,  daß  bei  Zellen,  die  sich  nur  noch 
zu  solchen  ihresgleichen  vermehren  und  nur  transitorische  Be- 
deutung haben,  lediglich  noch  die  generellen  Chromosomen^ 
qualitäten  vonnöten  wären,  wo  es  dann  gleichgültig  ist, 
welche  Chromosomenarten  in  jede  Zelle  gelangen. 

Schließlich  hebe  ich,  um  Mißverständnisse  zu  vermeiden, 
ausdrücklich  hervor,  daß  ich  die  Existenz  von  Organismen, 
deren  Kerne  aus  essentiell  gleichwertigen,  nur  individuell  ver- 
schiedenen Chromosomen  aufgebaut  sind,  nicht  nur  für  möglich, 
sondern  für  sehr  wahrscheinlich  halte**).  Nicht  allein  wird  ein 
solcher  primitiver  Zustand  nach  allen  unseren  sonstigen  Er- 
fahrungen über  die  Entstehung  von  Differenzierungen  ge- 
fordert, sondern  wir  vermögen  uns  auch  für  unseren  Fall  sehr 
wohl  vorzustellen ,  wie  zwischen  ursprünglich  gleichartigen 
Chromosomen  eine  Arbeitsteilung  eintrat,  so  daß  in  ein- 
zelnen von  ihnen  gewisse  Funktionen  sich  stärker  ausgebildet 
haben,    in    anderen     zurückgeblieben    sind     oder    ganz     unter- 


*)  Die  Ergebnisse    über  das  feste  Verhältnis  von  Chromatinmenge  und  Zell- 
größe scheinen  im  gleichen  Sinn  zu  sprechen. 

**)  Diese  Auffassung  hätte  in  den  Verhältnissen  von  Ascaris  megalocephala 
univalens  nach  dem  auf  Seite  43  Gesagten  ein  fast  sicheres  Fundament,  wenn  nicht  zu 
bedenken  wäre,  daß  das  Chromosoma  dieser  Spezies  vielleicht  eine  Art  von  Sammel- 
chromosoma  ist  und  erst  die  kleinen  Körner,  in  die  es  in  den  Somazellen  zerfällt, 
denen  von  Ascaris  lumbricoides  entsprechen  könnten. 


102        


n.  Will  man  die  Verhältnisse  durch  Zustände  der 
Metazoen  illustrieren,  so  wird  man  auf  Grund  unserer  Be- 
chtungen  die  im  Seeigelkeim  anzunehmende  Verschieden- 
rtigkeit  der  Chromosomen  weniger  so  aufzufassen  geneigt 
s<in,  daß  die  einzelnen  Elemente  sich  etwa  wie  Skelett,  Mus- 
kulatur. Darm  und  Nervensystem  zu  einander  verhalten  und 
einander  ergänzen,  sondern  eher  so,  daß  jedes  einem  ganzen 
Metazoenindividuum  vergleichbar  wäre,  aber  mit  spezifischer 
Ausbildung  gewisser  Fähigkeiten,  wie  etwa  bei  den  ver- 
schiedenen  Individuen  eines  Insektenstaates. 

Legen    uns   diese  Überlegungen    so  recht  nahe,    wie   un- 
endlich wenig  hier  erreicht  ist,    so   darf   nun  auch  eine  andere 
Seite  ins  Licht  gerückt  werden,  die  sich,  wie  mir  scheint,  er- 
freulicher präsentiert.   Die  Möglichkeit,  dem  sich  entwickelnden 
Keim   einen   in   den   einzelnen  Bereichen   verschiedenen  Kern- 
stand    zu    geben,    hat   Bezug   zu   einem    der   interessantesten 
Punkte  in  dem  Problem  der  Kernfunktion,  zu  der  Frage  näm- 
lich,    in    welchen  Teilen   der   beiden    bei    der  Befruchtung  sich 
vereinigenden  Zellen  die  Bestimmung  liegt,  daß  das  Kind  nicht 
allein  den  allgemeinen  Typus  der  elterlichen  Organismen  repro- 
ziert,  sondern  mit  allen  Zügen  der  Spezies,  ja  mit  den  kleinsten 
individuellen    Eigentümlichkeiten    der    Eltern    ausgestattet    ist. 
E  s  ist  bekannt,  durch  welche  Betrachtungen   man  dazu  geführt 
worden  ist,  diese  Bestimmung  in  den  Kern  zu  verlegen.    Rein 
theoretisch    hatte    Naegeli    aus   der   gleichen    Vererbungskraft 
der   beiden    Eltern   bei    der    ungeheuren    Verschiedenheit   ihres 
materiellen  Anteils   am  Aufbau   des  Kindes  das  Postulat  einer 
in    jeder    Zelle    nur    in    kleiner    Menge    vorhandenen    Anlage- 
substanz abgeleitet,   die   in    der  Ei-  und  Samenzelle   sich   äqui- 
valent gegenübersteht.   Und  gleichzeitig  hatte  E.  VAN  Beneden 
am   Ascarisei  die  dann  überall  bestätigte   volle  morphologische 
utität  von  Ei-  und  Spermakern  entdeckt,  ein  Nachweis,    zu 
m  sich  später  auf  Grund  der  Versuche  über  Merogonie  und 


—      103     — 

künstliche  Parthenogenese  der  weitere  gesellte,  daß  diese  beiden 
Kerne  auch  physiologisch  äquivalent  sind.  Was  konnte  nähei 
liegen,  als  diese  Tatsachen  mit  jener  Forderung  zu  verknüpfen, 
im  Chromatin  der  Kerne  das  NAEGELische  Idioplasma  zu  sehen, 
wie  es  alsbald  von  Strasburger,  O.  Hertwig,  Köllikkr, 
Weismaxx  u.  a.  geschehen  ist? 

Von  anderer  Seite  freilich  ist  diese  Auffassung  beanstandet 
und  besonders  von  Verworn  (95a)  unter  dem  Xamen  der 
„Theorie  von  der  Alleinherrschaft  des  Kerns  in  der  Zelle"  in 
ihrer  Berechtigung  aufs  entschiedenste  bekämpft  worden.  Da 
der  Ausdruck  Alleinherrschaft  einen  unmittelbar  klaren  phvsio- 

>  logischen  Sinn  nicht  besitzt,  müssen  wir  die  Einwendungen 
betrachten,  die  nach  Verworx  dieser  angeblichen  Alleinherr- 
schaftslehre den  Boden  entziehen.  Da  finden  wir  eine  Reihe 
von  Erörterungen,  die  dartun,  wie  weder  das  Protoplasma  ohne 
Kern,  noch  der  Kern  ohne  Protoplasma  zu  existieren  vermag, 
sondern  nur  in  der  Wechselwirkung  beider  das  Leben  der 
Zelle  sich  erhalten  kann.  Und  als  Resultat  derartiger  Erwä- 
gungen gelangt  Verworn  zu  dem  Satz,  „daß  weder  der  Kern 
noch  das  Protoplasma  allein  die  Hauptrolle  im  Leben  der 
Zelle  spielen,  sondern  daß  beide  in  gleicherweise  am  Zustande- 
kommen der  Lebenserscheinungen  beteiligt  sind." 

Ich  glaube  nicht,  daß  einer  der  Autoren,  die,  gleich  mir, 
von  Verworx  als  Vertreter  der  Alleinherrschaftstheorie  ange- 
führt werden,  Aufstellungen  bestreiten  wird,  wie  sie  dieser 
Satz,  wenn  man  ihn  von  seiner  bedenklichen  Formulierung 
befreit,  enthält;  jedem,  der  mit  den  Grundzügen  organischer 
Naturwissenschaft  bekannt  ist,  werden  diese  Ausführungen 
selbstverständlich  erscheinen,  andererseits  aber  freilich  ganz 
ebenso  leer,  wie  wenn  wir  den  analogen  Satz  aufstellen:  weder 
das  Hirn  noch  der  übrige  Körper  spielt  allein  die  Hauptrolle 
im  menschlichen  Organismus,  sondern  beide  sind,  in  beständiger 


—      104      — 

Wechselwirkung,    an    dem    Zustandekommen    der  Lebensfunk- 

tionen  beteiligt 

Wonach  wir  streben,  das  ist  eben,  die  Art  der  Wechsel- 
iehungen,  wie  im  I  es.tintorganismus,  so  auch  zwischen  Kern 
und  Protoplasma  zu  erforschen,  wobei  wir  von  vornherein,  ent- 
^en  dem  VERWORNSchen  Satz,  behaupten  dürfen,  daß  beide 
Teile  jedenfalls  nicht  „in  gleicher  Weise"  am  Zustande- 
kommen der  Lebenserscheinungen  beteiligt  sind.  Die  allge- 
meinen Erörterungen  Verworxs  berühren  sonach  jene  Vor- 
stellung ülxr  die  Rolle  des  Kerns  bei  der  Übertragung  der 
erlichen  I  »ualitäten  auf  das  Kind  in  keiner  Weise.  Mag 
sogar  alles,  was  uns  im  Metazoönkörper  als  Leistung  imponiert, 
direkt  Protoplasmaleistung  sein,  dies  schließt  so  wenig  die 
alleinige  Bestimmung  der  individuellen  Merkmale  des  Kindes 
durch  die  Kerne  der  kopulierenden  Sexualzellen  aus,  wie 
die  Herstellung  eines  Hauses  durch  Maurer  und  Zimmer- 
leute ausschließt,  daß  dieses  Haus  in  seiner  ganzen  Besonder- 
heit nach  dem  Kopf  eines  Architekten  gebaut  ist.  Jener  Satz 
über  die  Rolle  des  Kerns  mag  also  falsch  sein,  seine  Berech- 
tigung  als  wissenschaftliche  Hypothese  unterliegt  keinem 
Zweifel.  Die  Frage  ist  nur,  ob  es  Tatsachen  gibt,  die  ihn  be- 
weisen  <»(ler   wenigstens  wahrscheinlich  machen  können. 

Einen  hierauf  bezüglichen  Versuch  habe  ich  früher  mit- 
teilt i_\iö).  Er  beruht  auf  der  im  Laufe  unserer  Betrach- 
tungen schon  mehrfach  erwähnten  Tatsache,  daß  aus  kern- 
losen Bruehstücken  von  Seeigeleiern  bei  monospermer  Be- 
fruchtung normale  Larven  hervorgehen  (Merogonie).  Ein  Stück 
einer  solchen  Larve,  die  somit  ausschließlich  väterliche  Kern- 
substanz enthält,  ist  in  Fig.  22  (pag.  16)  abgebildet.  Wenn 
es  gelingt,  diesen  Versuch  zwischen  zwei  verschiedenen 
Spezies  auszuführen,  deren  Larven*)  ausgeprägte  Unterschiede 

An  die  Aufzucht  von  isolierten  Seeigelkeimen    zu  fertigen  Tieren  ist  vor- 
äufig  nicht  zu  denken. 


—      105     — 

besitzen  und  bei  deren  regulärer  Kreuzung  eine  typische 
Mittelform  auftritt,  so  wird  die  Gestaltung  dieser  Larven  über 
die  Bedeutung  von  Protoplasma  und  Kern  bei  der  Übertragung 
elterlicher  Eigenschaften  bis  zu  einem  gewissen  Grad  Auf- 
schluß geben.  Leider  waren  die  aufgeführten  Bedingungen 
bisher  nicht  streng  erfüllbar.  Zwar  gibt  es  bastardierbare 
Seeigelspezies  mit  sehr  klaren  Larvenunterschieden,  und  daß 
auch  kernlose  Eifragmente  sich  bastardieren  lassen,  haben 
Mac  Farlaxd  und  ich  (19)  durch  isolierte  Züchtung  feststellen 
können.  Allein  wenn  auch  diese  Larven  und  solche  aus 
Massenkulturen,  die  auf  Grund  ihrer  Kerngröße  als  aus  kern- 
losen Fragmenten  entstanden  anzusehen  waren,  rein  nach  dem 
Typus  der  väterlichen  Form  gebaut  waren,  so  sind  doch  die 
Versuche  deshalb  nicht  entscheidend,  weil  unter  Umständen 
auch  echte  Bastardlarven,  d.  h.  solche,  die  aus  ganzen  Eiern 
stammen,  nahezu  rein  den  Typus  der  väterlichen  Form  be- 
folgen können. 

Wenn  ich  diesen  Versuch,  obgleich  er  sonach  nur  die 
Möglichkeit  einer  künftigen  Lösung  anzeigt,  hier  anführe,  so 
geschieht  es  deshalb,  weil  ihm  von  verschiedenen  Seiten  eine 
Beweiskraft  selbst  für  den  Fall  abgesprochen  worden  ist,  daß 
die  angeführte  Unvollkommenheit  beseitigt  werden  könnte.  S< » 
erklärt  Pfeffer  (74),  um  nur  den  hervorragendsten  Namen  zu 
nennen,  der  Versuch  sei  für  die  Annahme,  daß  nur  der  Kern 
die  Erbmasse  enthalte,  deshalb  nicht  beweisend,  weil  mit  dem 
Samenfaden  nicht  nur  ein  Kern,  sondern  eine  ganze  Zelle,  also 
auch  Protoplasma  ins  Ei  eingeführt  werde,  man  also  durchaus 
nicht  wissen  könne,  welcher  Teil  den  Vererbungsträger  reprä- 
sentiere. Dieser  Einwand  beruht  auf  einem  Mißverständnis. 
Denn  das  Experiment  bezieht  sich  gar  nicht  auf  die  Samen- 
zelle, sondern  auf  die  Eizelle,  es  soll  nicht  über  den  Kern 
eine  Aussage  gestatten,  sondern  über  das  Protoplasma,  näm- 
lich   das    Eiprotoplasma,    woraus    indirekt    freilich    das    erstere 


io6     — 

folgen    würd  In    dieser    Minsicht    aber    sind    die    Versuchs- 

bedingungen  absolut  einwandsfrei*;. 

Wir  gelangen  nun  zu  einer  zweiten  Gruppe  von  Tat- 
sachen,  die  für  die  Frage  über  die  Rolle  des  Chromatins  bei 
der  Vererbung  in  Betracht  kommen,  das  sind,  wie  oben  schon 
erwähnt,    die    Erscheinungen    bei    Doppelbefruchtung,    insofern 

r   den    einzelnen    Keimbereichen    verschiedenartige   Chromo- 

nen    zugeteilt    werden.      Im    IV.    Abschnitt    wurde    bei    Be- 

sprechung  dieser  Versuche  dargelegt,  daß  aus  dispermen  Eiern, 

ach    infolge   unterdrückter  Teilung  des  einen  Spermo- 

itrums  in  drei  Tochterzellen  teilen,  ein  nicht  unerheblicher 
Pr  zentsatz  normaler  oder  fast  normaler  Plutei  hervorgeht,  was 
si<  h  daraus  erklärt,  daß  die  Aussichten  jeder  dieser  Zellen,  alle 
Arten  von  Chromosomen  zu  erhalten,  bei  Dreiteilung  sehr  be- 
trächtlich  größer  sind,  als  bei  simultaner  Vierteilung.  Ja,  falls, 
was  durchaus  möglich  ist,  zwischen  je  zwei  der  drei  Pole  einer 
d<r  dr<i  Vorkerne  gelangen  würde,  wären  die  Chromatinver- 
hältnisse  bei  dieser  Art  dispermer  Entwicklung  sogar  nahezu 
normal:  jede  Zelle  würde  die  Normalzahl  von  Chromosomen 
und   jede    Chromosomenart    doppelt   besitzen,    wie    aus    neben- 

hendem  Schema  ersichtlich  ist,  das  sich  ohne  weiteres  auf 
<i,is  der   Fig.   48b  (pag.  46)  zurückführen    läßt. 

a2 

b, 

'c, 

aL,  \).,  c,  d._,                 a3  b3  c3  d3 
a,  bj  q  d, aj  bl  cx  dt 


VERWORN    allerdings    bestreitet    auch    dieses.     Nach    ihm   geht   bei  dem 

\      -  ich   von  väterliche]   -  ine  ganze  Zelle  in  die  Befruchtung  ein,  „von  mütter- 

lich<  aber  nur  ein  Stückchen  Protoplasma,  das  bekanntlich  durch  den  Verlust 

rns  dem   Tod  geweiht    ist  und  seine  charakteristischen  Eigenschaften  nicht 

dauernd    behaupten,    mithin    auch    nicht    vererben  kann".     Es  sei  nur  nebenbei  be- 

r^t.    daß    d  nlose    Zustand    des  Eiprotoplasmas    bis    zur    Einverleibung    des 


—      107      — 

Aus  dem  Schema  geht  aber  sogleich  noch  weiter  hervor, 
daß  selbst  in  diesem  günstigsten  Fall  der  Kernbestand  in  den 
drei  von  den  primären  Blastomeren  abstammenden  Keim- 
bereichen nicht  in  der  Weise  identisch  sein  kann,  wie  er  es 
im  normalen  Keim  in  allen  Teilen  ist.  Vielmehr  enthält  das 
eine  Drittel  des  Keimes  Chromatin  des  Eikerns  und  des  einen 
Spermakerns,  das  zweite  solches  des  Eikerns  und  des  andern 
Spermakerns,    das   dritte   Chromatin    der  beiden  Spermakerne. 


Fig.  75  a.  Fig.   <5b. 

Fig.  75a.  Larve  aus  einem  doppeltbefruchteten  dreiteiligen  Ei  vom  Strongylocentrotus 
lividus.  Fig.  75  b.  Zwei  normale  Larven  von  den  gleichen  Eltern  wie  die  der  Fig.  75  a. 
in    der  Medianebene  halbiert  und  aneinandergelegt  gedacht. 

Sind  sonach  die  Chromosomen  für  die  spezifische  Gestaltung 
der  Larvencharaktere  maßgebend,  so  ist  zu  erwarten,  daß  die 
Plutei  aus  doppeltbefruchteten  Eiern  in  ihren  einzelnen  Bereichen 
einen  verschiedenen  individuellen  Typus  darbieten.     In  der  Tat 


neuen    Kerns    nicht    länger    als    einige    Minuten    zu    dauern    braucht    und    daß    das 
„Stückchen  Eiprotoplasma",    von    dem  VERWORN  spricht,    viel   tausend   Mal 
größer  ist  als  die  ganze  Samenzelle.     Ich  habe  schon  vor   11  Jahren  dargelegt  ( 1 5 ) 
daß  der  Einwand  VERWORNS  nur  aus  seiner  Unbekanntschaft  mit  den  Befruchtungs- 
erscheinungen   zu    verstehen    ist    und    ich    muß   diese  Erklärung,    nachdem    er    sein 
Behauptung  immer  wieder  bringt,  hier  wiederholen. 


io8     — 

in  fast  durchgehendes  Charakteristikum  der  aus  simul- 
tan dreiteiligen  Kiern  hervorgegangenen  Plutei,  daß  sie  mehr 
oder  weniger  asymmetrisch  sind,  wie  es  in  Fig.  75a  von  einer 
solchen  Larve  dargestellt  ist.  Und  das  Wichtige  ist,  daß  die 
verschiedenartige  Entwicklung  zwischen  rechts  und  links  sehr 
oft  ziemlich  genau  den  Verschiedenheiten  entspricht,  die  sich 
in  der  normalen  Kontrollzucht  zwischen  den  ganzen  Larven 
konstatieren  lassen,  so  daß,  wenn  man  sich  zwei  solche  nor- 
mal«'   völlig    symmetrische   Larven    in    der    Mitte    auseinander- 

schnitten  und  die  rechte  Hälfte  der  einen  mit  der  linken  der 
andern  in  der  Medianebene  verbunden  denkt  (Fig.  75  b),  ein 
Bild  entsteht,  das,  abgesehen  von  dem  Übergang  der  Kon- 
turen, unserem  dispermen  Pluteus  fast  genau  entspricht. 

1  >a  wir  für  diese  Larve  zu  der  Behauptung  berechtigt 
sind,  daß  sie  durchaus  aus  gleichartigem  Protoplasma,  nämlich 
dem  Eiprotoplasma  besteht,  während  wir  andererseits  mit  vollster 
Bestimmtheit  aussagen  können,  daß  ihr  Kernbestand  in  den 
einzelnen  Bereichen  unmöglich  der  gleiche  sein  kann,  wird  der 
S<  hluß.  dar.  die  Verschiedenheit  in  der  Ausbildung  der  einzelnen 
Keimbereiche  durch  die  Verschiedenheit  der  Kernsubstanz  be- 
dingt sei,  jedenfalls  sehr  große  Wahrscheinlichkeit  für  sich  haben. 
Der  Einwand,  der  vielleicht  erhoben  werden  könnte,  daß 
im  einen  Bereich  der  Larve  Protoplasma  des  einen,  in  einem 
andern  Protoplasma  des  anderen  Spermiums  anwesend  sei  und 
daß  dieses  verschiedene  Spermaprotoplasma  an  der  verschieden- 
artigen Entwicklung  einzelner  Bereiche  schuld  sei,  läßt  sich 
zurückweisen.  Denn  das  Spermaprotoplasma  müßte  dann  auch 
der  normalen  monospermen  Befruchtung  diese  Rolle  spielen 
und  da  es  ■  dies  vorausgesetzt  —  diese  bestimmende  Rolle  hier 
in  allen  Bereichen  des  neuen  Organismus  ganz  gleichmäßig 
ausübt,  so  müßten   Mittel  vorhanden  sein,    durch  die  es,  gleich 

m  Spermachromati n.  in  identischer  Weise  auf  alle  Tochter- 
zellen verteilt  wird.     Solche  Mittel  bestehen,  wie  uns  die  Fälle 


—      109     — 

lehren,  wo  das  Spermaprotoplasma  wahrnehmbar  ist  (Ascaris), 
nicht.  Damit  dürfte  es  ausgeschlossen  sein ,  ihm  überhaupt 
eine  so  bedeutungsvolle,  aufs  feinste  arbeitende  Wirkung  zu- 
zuschreiben. Wollte  man  aber  annehmen,  daß  sich  die  Ver- 
erbungstendenzen des  Spermaprotoplasmas  sofort  dem  ganzen 
Ei  gleichmäßig  mitteilen,  so  müßten  natürlich  bei  Anwesenheit 
zweier  Spermien  deren  beiderseitige  Qualitäten  gleichfalls  ganz 
gleichmäßig  gemischt  auf  das  Ei  übergehen,  so  daß  gerade 
bei  dieser  Annahme  die  charakteristische  Asymmetrie  der  di- 
spermen  Larven  völlig  unerklärt  bliebe. 

Etwas  anderes  dagegen  wäre  denkbar.  Da  nämlich  zu 
jedem  Spermakern  ein  Centrosoma  gehört  und  da  im  Fall  der 
Dispermie  der  eine  Teil  des  Larvenkörpers  Abkömmlinge  des 
einen,  der  andere  solche  des  andern  Spermocentrums  besitzt, 
so  könnte  die  Annahme,  daß  die  väterlichen  Vererbungsten- 
denzen in  den  Centrosomen  lokalisiert  seien,  unseren  Befund 
ebensogut  erklären,  wie  ihre  Verlegung  in  das  Chromatin. 
Was  wir  von  den  Centrosomen,  von  ihrer  Funktion,  ihrem  be- 
schränkten Vorkommen  und  seit  E.  B.  Wilsons  (107)  funda- 
mentalen Untersuchungen  von  ihrer  Neubildung  wissen,  macht 
es  freilich  höchst  unwahrscheinlich,  daß  ihnen  eine  solche  Be- 
deutung zukommt.  Es  wird  aber  auch  hierüber  eine  experi- 
mentelle Entscheidung  möglich  sein.  Im  Jahre  1889  (10)  habe 
ich  bei  Seeigeln  einen  abnormen  Befruchtungsmodus  beob- 
achtet, bei  dem  die  erste  Furchung sspindel,  die  in  der  gewöhn- 
lichen Weise  von  den  Abkömmlingen  des  Spermocentrums  ge- 
bildet wird,  nur  die  Chromosomen  des  Eikerns  zwischen  sich 
nimmt  und  dieselben  in  regulärer  Weise  auf  die  Tochterzellen 
verteilt,  wogegen  der  Spermakern  ungeteilt  in  die  eine  Blasto- 
mere  gelangt.  Hier  entwickelt  sich  also  ein  Organismus,  dessen 
Centrosomen  durchaus  gleichartig  sind;  dagegen  besitzt  die 
eine  Körperhälfte  rein  mütterliche,  die  andere  gemischte  Kern- 
substanz.    Ist  sonach  die  Determinierung  der  Larvenmerkmale 


I  IO 


v«.n  Seiten  des  Vaters  in  den  Centrosomen  gelegen,  so  muß 
eine  solche  Larve  in  allen  Teilen  die  gleichen  Vererbungs- 
denzen  besitzen  und  also,  wie  eine  normale  Larve,  sym- 
metrisch -.Lüdet  sein,  sind  die  Kerne  das  Entscheidende,  so 
ist  ein  individuell  verschiedener  Typus  zu  erwarten.  Ich  habe 
neuerdings  ein  Exemplar  dieser  Abnormität,  und  zwar  nur 
dieses  einzige,  erhalten  und  isoliert  gezüchtet,  welches,  auf 
dem  Gastrulastadium  abgetötet,  eine  höchst  auffallende  Asym- 
metrie der  beiden  Körperhaften  besitzt.  Diese  Erscheinung 
kann  nach  dem  Gesagten  nur  in  der  Verschiedenheit  der  Kerne 
ihren  Grund  haben. 

Alles  dies  sind  Anfänge,  die  aber  doch  zeigen,  daß  diese 
Fragen  einer  experimentellen  Behandlung  sehr  wohl  zugänglich 
sind    und    die    schon   jetzt,    im  Verein    mit    anderen   Tatsachen 
und  Überlegungen,  die  spezifische  formbestimmende  Bedeutung 
d<r    Chromosomen    in    der   Ontogenese    nahezu    außer    Zweifel 
stellen.      Denn  nachdem  wir  auf  Grund  der  eben  besprochenen 
I  >ispermieversuche  einem  etwa  vorhandenen  indifferenten  Sperma- 
j>r<>tMplasma  eine  derartige  Rolle  mit  Bestimmtheit  absprechen 
dürfen,    nachdem    weiterhin    diese   Rolle   dem    Spermocentrum, 
lches  nach  seiner  regulären  Verteilung  auf  alle  Embryonal- 
zellen    hiefür    wohl    in  Betracht    käme,    schon    wegen  der  Tat- 
he,    daß   es  Organismen    ohne  Centrosomen   gibt,   kaum  zu- 
schrieben werden  kann,  so  bleibt  eben  nur  der  Spermakern 
übr 

Daß  K'-rnsubstanz  zu  den  ontogenetischen  Prozessen  nötig 
sen  wir;  daß  das  väterliche  Chromatin  ohne  mütterliches, 
vereint  mit  dem  Eiprotoplasma,  im  Stande  ist,  diese  ontogene- 
tischen  Leistungen  auszuüben,  ist  festgestellt.  Soll  man  nun 
annehmen,  daß  dieses  Spermachromatm  lediglich  die  Bedeutung 
habe,  den  Ablauf  der  Entwicklung  und  damit  das  Auftreten 
der  väterlichen  Merkmale  möglich  zu  machen,  für  die  Über- 
tragung   dieser    väterlichen  Anlagen    selbst    aber    nach    einem 


1 1 1 


andern  unbekannten  Substrat  im  Spermium  suchen?  Man 
könnte  ein  solches  Bestreben  verstehen,  wenn  für  den  Kern 
eine  bestimmte  spezifische  Funktion  nachgewiesen  wäre,  wie 
etwa  für  die  Chlorophyllkörner  der  Pflanzenzelle.  Allein  aus 
den  Dispermieversuchen  ergibt  sich  das  Gegenteil.  In  Fig.  49, 
51  und  52  (pag.  49)  sind  drei  Larven  aus  doppeltbefruchtet« -n, 
simultan  dreiteiligen  Eiern  abgebildet,  wo  der  einen  (Fig.  51)  ein 
Drittel,  der  andern  (Fig.  52)  zwei  Drittel  des  Skeletts  fehlt,  die 
dritte  (Fig.  49)  die  eine  Skeletthälfte  in  tadelloser  Entwicklung,  v«  >n 
der  andern  keine  Spur  und  auch  keine  Andeutung  eines  Darms 
besitzt.  Alle  diese  Defekte  können  nur  aus  abnormer  Chro- 
matin Verteilung  erklärt  werden.  Daraus  folgt,  wie  oben  schon 
betont,  daß  die  Chromosomen  nicht  auf  eine  einzige  Funktion 
im  Zellenleben  beschränkt  sind,  sondern  daß  es  spezifisches, 
zu  bestimmter  Organbildung  in  Beziehung  stehendes  Chromatin 
gibt.  Und  wenn  wir  danach  schließlich  das  merkwürdige  Zu- 
sammentreffen betrachten  (20,20a),  daß  gerade  von  dem  Punkt 
der  Ontogenese  an,  wo,  nach  den  Dispermieversuchen,  spezi- 
fisches Chromatin  zur  normalen  Weiterentwicklung  nötig  ist, 
auch  ein  formbestimmender  Einfluß  des  Vaters  auf  die 
Entwicklung  beginnt,  so  drängt  alles  dies  gegen  den  gleichen 
Schluß  hin,  daß  die  Bestimmung  der  morphologischen  Spezifität 
durch  das  Chromatin  bewirkt  wird. 

Der  Satz,  daß  zur  Vererbung  eine  ganze  Zelle  und  also 
auch  Protoplasma  nötig  ist,  der  so  oft  diesem  Resultat  ent- 
gegengehalten worden  ist,  wird  dadurch  gar  nicht  bestritten. 
Wo  der  ganze  Organismus  aus  Zellen  besteht  und  Zellen  nur 
aus  schon  vorhandenen  Zellen  sich  bilden  können,  ist  freilich 
zur  Entstehung  eines  neuen  Individuums  mindestens  eine  ganze 
Zelle  und  also  neben  dem  Kern  auch  Protoplasma  nötig.  Aber 
das  Protoplasma  dieser  Zelle  wird  so  gut  wie  ausschließlich 
von  der  Mutter  geliefert  und  es  ist  sehr  fraglich,  ob  man  das 
Spermium  als  eine  „ganze  Zelle",  als  einen  „ganzen  Proto- 


1  I  2 


p lastm"  bezeichnen  darf,  solange  mit  diesen  Bezeichnungen 
mehr  als  etwas  völlig  Nichtssagendes  ausgedrückt  werden  soll. 
fedenfalls  vermag  das  Spermium  das  nicht  zu  leisten,  was  wir 
von  rin.r  „ganzen  Fortpflanzungszelle"  erwarten  müssen:  einen 
neuen  I  Organismus  zu  liefern;  und  daß  dasselbe  etwa  auf  einem 
Nährboden  zu  dieser  Fähigkeit  gebracht  werden  könnte,  ist 
eine  (\w  allerunwahrscheinlichsten  Annahmen.  Erst;  mit  Ei- 
protoplasma  vereint  erlangt  es  diese  Qualität,  es  wird  zu 
einem  „ganzen  Fortpflanzungsprotoplasten".  Die  Eizelle  da- 
gen  ist,  wie  wir  durch  die  Parthenogenese  wissen,  für  sich 
allein  eine  ganze  Fortpflanzungszelle;  und  es  hat  somit  die 
Eizelle,  wenn  wir  auf  diesen  Tatbestand  den  Begriff  der  Ver- 
erbung anwenden,  eine  andere  und  ungleich  viel  größere  Be- 
deutung bei  der  Vererbung  als  die  Samenzelle.  Aber  trotzdem 
und  damit  kommen  wir  wieder  auf  den  kardinalen  Punkt 
zurück,  von  dem  wir  ausgegangen  sind  —  trotz  dieser  unbestreit- 
baren gewaltigen  Verschiedenheit  sieht  das  neue  Individuum 
so  aus,  als  wenn  die  beiden  Eltern  in  völlig  gleicher  Weise 
zu  seiner  Bildung  zusammengewirkt  hätten.  Kann  man  diesen 
Widerspruch  anders  lösen  als  durch  die  NAEGELische  Annahme? 
[ch  glaube  nicht;  zugleich  erscheint  mir  nun  aber  folgende  Er- 
wägung, die  ich  kürzlich  schon  an  anderer  Stelle  ausgesprochen 
habe  (20a),  bei  der  Aufklärung  dieses  eigentümlichen  Tat- 
bestandes sehr  geeignet.  Wenn  wir  ein  Pferd  und  einen  Esel 
bastardieren,  so  ist  es  für  den  Effekt  ganz  gleichgültig,  durch 
welche  der  beiden  Sexualzellen  und  in  welcher  Weise  der 
neue  «  Organismus  zu  einem  Bilaterium,  einem  Wirbeltier,  einem 
Säugetier  und  einem  Perissodactylen  gestempelt  wird;  denn  in 
allen  diesen  allgemeinen  Merkmalen  stimmen  beide  Eltern 
überein,  über  ihre  Grenzen  hinaus  ist  Kreuzung  unmöglich, 
und  diese  Merkmale  müssen  sich,  soll  aus  dem  Keim  über- 
haupt etwas  werden,  unter  allen  Umständen  an  ihm  entfalten. 
Vielmehr  handelt  es  sich  für  die  Oualität  des  Bastards  wesent- 


—      H3      — 

lieh  nur  darum,  welche  Teile  der  Sexualzellen  für  die  Spezies- 
merkmale bestimmend  sind.  Nur  für  diese  Bestimmungs- 
stücke haben  wir,  wenn  die  Bastarde  eine  Mittelform  darbieten 
und  wenn  reziproke  Bastarde  identisch  sind,  Äquivalenz  der 
beiden  Sexualzellen  zu  fordern.  Da  bleiben  also  Vererbungs- 
leistungen genug  übrig,  welche  einseitig  an  die  eine  Sexual- 
zelle und  somit  an  Teile,  die  der  anderen  fehlen,  d.  h.  an  das 
Protoplasma  gebunden  sein  können;  und  wenn  mir  auch  nichts 
ferner  liegt,  als  einen  bestimmenden  Einfluß  der  Kerne  auf  alle 
diese  allgemeinen  Charaktere  in  Abrede  zu  stellen,  so  ist  es  doch 
andererseits  schon  jetzt  sicher,  daß  einzelne  von  ihnen,  wie  gewisse 
Achsen  Verhältnisse  des  neuen  Individuums,  ausschließlich  vom 
Eiprotoplasma  bestimmt  und  also  durch  dasselbe  vererbt  werden. 
Vor  allem  aber  wird  eben  im  Protoplasma  das  ganze  Heer 
des  Arbeitsvolks  vererbt,  ohne  welches  selbst  ein  Alleinherrscher, 

4 

wenn  wir  einmal  dieses  Bild  gebrauchen  wollen,  nicht  existiert. 
Eines  ist  so  nötig,  wie  das  andere,  und  über  die  Frage,  was 
wichtiger,  ist  es  müßig  zu  streiten.  Darum  wird  es  aber 
auch  angezeigt  sein,  nicht  mehr  in  unbestimmter  Weise  den 
Kern  als  „Vererbungsträger"  oder  „Erbmasse"  zu  bezeichnen, 
sondern  genau  zu  formulieren,  was  man  ihm  oder  einem  andern 
Teil  bei  der  Vererbung  zuschreibt;  und  diese  Formulierung 
möchte  ich  nach  allen  angeführten  Tatsachen  und  Betrachtungen 
für  den  Kern  vorläufig  dahin  geben,  daß  wenigstens  alle  essen- 
tiellen Merkmale  des  Individuums  und  der  Spezies  ihre  Deter- 
minierung durch  das  Chromatin  von  Ei-  und  Spermakern  er- 
halten. 

Die  vorstehenden  Erörterungen  gehören,  genau  genommen, 
nur  insofern  in  eine  Betrachtung  der  Lehre  von  der  Chromatin- 
konstitution,  als  ihr  Resultat  zum  Teil  auf  Experimente  g 
stützt  ist,  die  ihrerseits  nur  durch  die  Kenntnis  einer  bestimmten 
Kernkonstitution  möglich  sind.  Auf  der  anderen  Seite  aber 
würde   unser  Resultat   über  die  Bedeutung   der  Chromosomen 

o 
Boveri,  Konstitution  der  chromatischen  Kernsubstanz. 


I 


—      ii4      — 

der  Übertragung  der  elterlichen  Qualitäten  der  Ausgangs- 
punkt sein,  um  in  der  Frage  der  Chromatinkonstitution  noch 
tiefer  vorwärts  zu  dringen. 

In  meinem  Aufsatz  über  mehrpolige  Mitosen,  in  dem  ich 
ZU  dem  Resultat  einer  physiologischen  Verschiedenwertigkeit 
der  Chromosomen  gelangt  bin,  habe  ich  (20,  pag.  81,  Anm.  1) 
./  kurz  darauf  hingewiesen,  daß  dieses  Resultat  eine  be- 
stimmte Forderung  bezüglich  des  Vorgangs  der  Chromatin- 
reduktion  involviert  (wie  dies  oben  eingehend  auseinander- 
setzt worden  ist)  und  daß  sich  dann  von  hier  aus  Bezie- 
hungen zu  den  merkwürdigen  Erfahrungen  über  das  Verhalten 
■  Pflanzenbastarde  und  ihrer  Abkömmlinge  ergeben.  Ich 
hatte  dort  die  Absicht  ausgesprochen,  auf  diese  Dinge  aus- 
führlicher zurückzukommen.  Inzwischen  hat  nun  Sutton,  der 
von  der  morphologischen  Seite  zu  den  gleichen  Schlüssen  über 
Wrschiedenwertigkeit  der  Chromosomen  und  über  die  Art  der 
Reduktion  geführt  worden  ist,  wie  ich  von  der  physiologischen, 
einen  ausführlichen  Aufsatz  über  diese  höchst  interessante 
Frage  veröffentlicht  (95),  der  mit  meinen  Anschauungen  so 
genau  übereinstimmt,  daß  ich  mich,  unter  Verweisung  auf  diese 
Schrift,  auf  eine  kurze  Darstellung  der  Hauptpunkte  be- 
schränken kann. 

Im  Jahre   1865    hat    Gregor  Mendel  (63)   bei   Versuchen 
über   Pflanzenbastardierung    ein    bis    vor    drei  Jahren   völlig  in 
Vergessenheit  geratenes,  seither  aber  durch  Correns,  Tschermak 
und   DB   Ykiks    ans    Licht    gezogenes    und    vielfach    bestätigtes 
setz  entdeckt,  das  sich  auf  das  Verhalten  solcher  Merkmale 
bezieht,  die  sich  im  Bastard  nicht  mischen,  wie  z.  B.  die  Blüten- 
farbe   verschiedener   Erbsenvarietäten.     Bastardiert    man    z.  B. 
rotblühende  und  weißblühende  Erbsen,    so  sind  alle  Abkömm- 
in  der  ersten  Generation  rotblühend.      Züchtet  man  aber 
Individuen  dieser  ersten  Generation  untereinander,  so  treten 


—     n5     — 

wieder  und  zwar  in  ganz  bestimmtem  Prozentsatz  weiße  auf*). 
Daraus  folgt  zunächst,  daß  das  Merkmal  weiß  in  der  ersten 
Generation  nicht  verloren  gegangen  ist,  sondern  nur  latent  war. 
Mendel  nennt  diese  unterdrückte  Oualität  das  rezessive 
Merkmal,  die  rote  Farbe  in  unserem  Fall  das  dominierende. 
Das  von  ihm  gefundene  Gesetz  besagt  nun,  daß,  wenn  wir 
die  erste  Generation  der  Bastarde  unter  sich  kreuzen ,  die 
nächste  Generation  das  dominierende  und  rezessive  Merkmal 
in  folgendem  Prozentsatz  aufweist:  auf  vier  Individuen  treffen 

1D+2DR+1R 

d.  h.  ein  Viertel  der  Individuen  enthält  nur  das  rezessive  Merk- 
mal (R)  und  diese  unter  sich  weiter  gezüchtet  zeigen  nun 
ausnahmslos  und  für  immer  das  rezessive  Merkmal.  Drei 
Viertel  weisen  das  dominierende  Merkmal  (D)  auf,  aber  weitere 
Zucht  lehrt,  daß  von  diesen  drei  Vierteln  nur  wieder  eines  das 
dominierende  Merkmal  rein  enthält,  wrogegen  die  zwei  anderen 
auch  das  rezessive  in  sich  haben,  das  hier,  mit  dem  dominie- 
renden gepaart,  unterdrückt  ist  und  erst  in  den  späteren  Gene- 
rationen zum  Vorschein  kommt. 

Wir  können  sonach,  ohne  auf  weitere  Einzelheiten  ein- 
zugehen, folgende  wichtige  Aussage  machen:  Die  korrespondie- 
renden Qualitäten  D  und  R  zweier  Varietäten  gehen  im 
Bastard  ganz  selbständig  nebeneinander  her,  sie  werden,  was 
schon  Mendel  klar  erkannt  hat,  in  den  Keimzellen  wieder 
ganz  rein  voneinander  gelöst,  und  zwTar,  wie  aus  den  Zahlen 
der  Versuche  zu  entnehmen  ist,  in  der  einfachen  Weise,  daß 
die  Hälfte  der  Eizellen  D  erhält,  die  andere  Hälfte  R,  und 
ebenso  bei  den  Samenzellen.  Nur  unter  dieser  Voraussetzung 
nämlich    läßt    sich     die    MENDELsche    Formel     verstehen.      Bei 


*)  Ganz  ebenso  sind  bei  der  Kreuzung  grauer  und  weißer  M  cause  alle  In- 
dividuen der  ersten  Bastardgeneration  grau  und  erst  in  den  folgenden  Generationen 
treten  neben  grauen  wieder  weiße  auf  (vergl.  W.  E.  CASTLE   24). 

8* 


i  i6     — 

gleicher  Anzahl  von  D  und  R  sowohl  in  den  Ei-  wie  in  den 
Samenzellen  müssen,  sobald  dieselben  in  großen  Mengen  mit- 
einander -»kreuzt  werden,  nach  den  Gesetzen  der  Wahrschein- 
lichkeit tue  drei  möglichen  Kombinationen  DD,  DR  und  RR 
in  dem   Prozentsatz 

i  DD  +  2  DR  +  i  RR 
auftreten,  d.  i.  eben  der  Prozentsatz  des  MEXDELschen  Gesetzes, 
l'nd     man     drückt     dieses    Gesetz,    nach    dem    Vorgang    von 
Bateson  und  Saunders  (2)  wohl  am  besten  durch  diese  letztere 
Formel  aus. 

Denken  wir  uns  nun,  und  damit  kommen  wir  zu  unserem 
I  hema  zurück,  das  dominierende  Merkmal  auf  ein  Chromo- 
soma  D  des  einen  Elters,  das  rezessive  auf  das  homologe 
Chromosoma  R  des  anderen  Elters  lokalisiert,  so  werden  alle 
Abkömmlinge  in  der  ersten  Generation  die  Kombination  DR 
in  ihren  Kernen  enthalten.  Bei  der  Reduktion  in  der  Oo-  und 
Spermatogense  werden  diese  homologen,  zu  einer  Kopula  der 
Reduktionsspindel  verbundenen  Chromosomen  wieder  auf  ver- 
schiedene Samen-  und  Eizellen  verteilt.  Genau  die  Hälfte 
der  Samenzellen  erhält  D,  die  andere  Hälfte  R,  ebenso  bei 
den  Eizellen  *).  Und  nun  gilt  das  gleiche,  was  oben  für  die 
Neugruppierung  der  Merkmale  bei  den  MENDELschen  Ver- 
suchen ausgeführt  worden  ist.  Werden  die  Individuen,  deren 
I  reschlechtszellen    zur    einen    Hälfte    das    Chromosoma    D,    zur 


I  "nter   den    bei   Tieren   bestehenden  Verhältnissen  gilt  dieser  Satz  für  die 

eilen    streng    nur    dann,    wenn    wir    als  Eizellen  auch  die  rudimentären,  nämlich 

die    zweiten    I'olocyten,    mitzählen.     Die    wirklichen,    d.  h.    die    befruchtungsfähigen 

Heu  könnten  unter  bestimmten  Voraussetzungen  sogar  sämtlich  D  oder  sämtlich 
R  besitzen.  Da  jedoch, -wie  im  V.Abschnitt  dargelegt  worden  ist,  die  Stellung 
der  Kopulae    in    der  Reduktionsspindel    allem    Anschein    nach    vom    Zufall    abhängt, 

vnd  bei  großen  Zahlen  doch  annähernd  die  Hälfte  der  funktionierenden  Ei- 
zellen /),  die  andere  J\  erhalten.  Für  den  Effekt  bei  der  nächsten  Kreuzung 
handelt  es  sich  übrigens  auch  bei  den  Samenzellen  nur  um  annähernde  Gleichheit, 
da  ja  von  den  überhaupt  gebildeten  Spermien  nur  ein  ganz  kleiner  Teil  zur  Be- 
fruchtung gelangt. 


—      ii7 

andern  das  Chromosoma  R  besitzen,  miteinander  gepaart,  so 
müssen  bei  großen  Zahlen  die  Neukombinationen  von  D  und 
R  in  dem  Verhältnis 

i  DD+2  DR-f-i  RR, 
d.  h.    eben   in    dem  Prozentsatz  der   MENDELschen  Regel,  ver- 
treten sein. 

Wir  sehen  also  hier  auf  zwei  Forschungsgebieten,  die 
sich  ganz  unabhäng  voneinander  entwickelt  haben,  Resultate 
erreicht,  die  so  genau  zusammenstimmen,  als  sei  das  eine 
theoretisch  aus  dem  andern  abgeleitet;  und  wenn  wir  uns  vor 
Augen  halten,  was  wir  aus  anderen  Tatsachen  über  die  Be- 
deutung der  Chromosomen  bei  der  Vererbung  entnommen 
haben,  so  wird  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  die  in  den  MENDEL- 
schen Versuchen  verfolgten  Merkmale  wirklich  an  bestimmte 
Chromosomen  gebunden  sind,  ganz  außerordentlich  groß. 

Durch  dieses  Ergebnis  kommt  nun  zu  den  oben  be- 
trachteten Experimentalmöglichkeiten  über  die  Kernkonstitu- 
tion und  deren  Bedeutung,  also  zu  den  Versuchen  über  mero- 
gonische  Bastardierung,  über  mehrpolige  Mitosen  und  über  die 
sogen,  partielle  Befruchtung  ein  weiteres  und  vermutlich  das 
aussichtsreichste  Experimentalverfahren  hinzu:  systematische 
Züchtung  und  vor  allem  Bastardierung  verbunden 
mit  Chromatinstudien  am  gleichen  Objekt.  Was  wir 
bei  jenen  anderen  Experimenten  künstlich  zu  erreichen 
suchen:  einen  spezifischen,  womöglich  genau  bestimmbaren 
Chromosomenbestand  in  entwicklungsfähigen  Embryonalzellen 
herzustellen,  das  bietet  uns  die  Natur  in  einem  beschränkten 
Maß  durch  die  in  der  Befruchtung  erfolgende  immer  neue 
Kombinierung  der  in  der  Reduktionsteilung  voneinander  ge- 
schiedenen Chromosomen  selbst  dar.  Nachdem  diese  Gruppie- 
rungen einer  rechnerischen  Behandlung  zugänglich  sind,  führt 
die  Voraussetzung  der  Bindung  bestimmter  Merkmale  an  be- 
stimmte Chromosomen  zu  streng  formulierbaren  Postulaten  über 


i  18     — 

das  prozentische  Verhältnis,  in  welchem  diese  Merkmale  bei 
der  Züchtung  auftreten  müssen,  und  die  Züchtungsresultate 
werden  als«»  /.»-igen,  <»b  die  Annahme  für  das  Chromatin  richtig 
gewesen  sein  kann  oder  nicht.  Wird  sich  durch  solche  Studien 
ergeben,  daß  in  der  Tat  der  hier  vorausgesetzte  Zusammen- 
hang besteht,  so  wird  dann  umgekehrt  das  Verhalten  der 
Merkmale  genauere  Aussagen  über  die  Chromatinkonstitution 
möglich  machen.  Ähnlich  wie  wir  aus  der  Entwicklung 
doppeltbefruchteter  Eier  eine  Verschiedenwertigkeit  der  Chro- 
mosomen ganz  unabhängig  von  einer  etwa  für  das  Auge  an 
ihnen  nachweisbaren  Verschiedenheit  zu  erkennen  vermögen, 
würde  z.  B.  die  Tatsache,  daß  zwei  Merkmale  bei  fortgesetzter 
Zucht  immer  gemeinsam  auftreten  oder  gemeinsam  verschwinden, 
mit  größter  Wahrscheinlichkeit  den  Schluß  zu  ziehen  erlauben, 
daß  die  Anlagen  für  diese  beiden  Merkmale  in  dem  gleichen 
(  hromosoma  lokalisiert  sind.  Und  weiter:  wenn  sich  eine 
Bastardierung  auf  zahlreiche  Merkmale  erstreckt  und  sich  bei 
fortgesetzter  Zucht  ergibt,  daß  die  Zahl  der  Kombinationen, 
in  welchen  die  einzelnen  Merkmale  verbunden  sein  können, 
größer  ist  als  es  den  Kombinationsmöglichkeiten  der  vorhan- 
denen Chromosomen  entspricht,  so  wäre  daraus  zu  folgern,  daß 
die  in  einem  Chromosoma  lokalisierten  Merkmale  sich  bei  der 
K'duktionsteilung  unabhängig  voneinander  in  die  eine  oder 
die  andere  Tochterzelle  begeben  können,  was  auf  einen  Um- 
tausch von  Teilen  zwischen  den  homologen  Chromosomen  hin- 
weisen würde*).  Damit  kommen  wir  auf  die  im  V.  Abschnitt 
angestellte  Überlegung  zurück,  ob  die  Kopulation  der  homo- 
gen Chromosomen  vor  der  Reduktion  nur  eine  mechanische 
Bedeutung  hat  oder  ob  sie  auf  eine  gegenseitige  Beeinflussung 
abzielt,  also  als  eine  Art  von  Konjugation  aufzufassen  ist. 
I  nd    diese    Betrachtung    führt    wieder    auf    eine    weitere    sehr 

*)  In  einer  soeben  erschienenen  Schrift  von  DE  VRIES  (97)  ist  gerade  diesem 
Punkt  eine  höchst  anschauliche  Darstellung  gewidmet. 


—       I  IQ 

wichtige  Tatsache  bei  Bastardierungsversuchen,  daß  nämlich 
in  manchen  Fällen*)  die  Merkmale  der  Eltern  in  der  ersten 
Generation  der  Bastarde  einen  Mischtypus  ergeben,  aus  dem 
in  den  folgenden  Generationen  die  originalen  Merkmale  der 
beiden  Spezies  nicht  wieder  rein  zum  Vorschein  kommen, 
sondern  der  sich  ganz  unverändert  und  also  bei  allen  Indi- 
viduen gleichartig  von  Generation  zu  Generation  forterbt.  Hier 
müßte,  wie  auch  Sutton  (95)  ausführt,  an  eine  völlige  Ver- 
schmelzung der  homologen  Chromosomen  zu  einem  einheit- 
lichen neuen  gedacht  werden,  ähnlich  wie  dies  für  ganze 
Zellen  bei  der  Befruchtung  und  ersten  Teilung  des  Eies 
gilt**);  und  es  wäre  unter  diesem  Gesichtspunkt  von  großem 
Interesse,  gerade  solche  Organismen,  für  welche  eine  Reduk- 
tionsteilung geleugnet  wird,  auf  das  Verhalten  ihrer  Merkmale 
bei  Bastardierung  zu  prüfen. 

Noch  manche  Beziehungen  zwischen  Bastardierungs- 
ergebnissen und  Chromosomenschicksalen  ließen  sich  hier  an- 
führen; allein  ich  betrachte  es  nicht  als  meine  Aufgabe  in 
dieser  Schrift,  Dinge  hypothetisch  auszumalen,  von  denen  wir 
erwarten  können,  daß  sie  der  Beobachtung  zugänglich  sind. 
Nur  die  Aussicht  eben,  daß  durch  Verbindung  der  experimen- 
tellen Vererbungslehre  mit  Chromosomenuntersuchungen  die 
Theorie  des  Chromatins  die  wichtigste  Förderung  erhalten  wird, 
sollte  durch  das  Gesagte  vor  Augen  gestellt  werden. 


*)  Nach  DE  VßlES  (97)  gerade  bei  Bastardierungen  zwischen  verschiedenen 
Arten. 

**)  Allerdings  gäbe  es  noch  eine  Möglichkeit,  Verhältnisse  dieser  Art  zu 
erklären,  die  jedoch  viel  unwahrscheinlicher  ist.  Es  könnten  Einrichtungen  vor- 
handen sein,  daß  sich  bei  der  Reduktionsteilung  die  väterlichen  und  mütterlichen 
Chromosomen  genau  voneinander  scheiden ,  so  daß  also  jede  Geschlechtszelle  nur 
wieder  diejenigen  der  einen  Spezies  besitzt,  und  daß  bei  der  Befruchtung  jede 
Samenzelle  eine  so  viel  größere  Affinität  zu  den  andersartigen  Eizellen  hat  als  zu 
den  gleichartigen,  daß  in  allen  Individuen  der  nächsten  Generation  wieder  die 
Chromosomen  beider  Spezies  in  genau  gleicher  Weise  gemischt  wären. 


I  20 


Noch    ein    Punkt   verdient   Beachtung.      Der   „Kern"   hat 
nach  ehm.    was  die   Versuche    über  Merogonie   und  Dispermie 
lehren,  kein  Regenerationsvermögen.  Das  einzelne  Chromosom a 
mag  solcho  besitzen;    darüber   wissen   wir  nichts.     Aber  Ver- 
lust ganzer  Chromosomen   wird  in  den  bekannten  Fällen  nicht 
zt  und  auch    die   mit  den    weggenommenen  Chromosomen 
entfernten    Qualitäten    stellen    sich,    soweit    wir    es    verfolgen 
können,    nicht  mehr    her.     Der  Kern    zeigt   in    dieser  Hinsicht 
einen  auffallenden  Gegensatz   zu   den  Fähigkeiten    der   ganzen 
Zelle,  bezw.  des  ganzen  Keimes,   wie  sie  am  gleichen  Objekt, 
dem  Echinidenkeim,   für   die    nämlichen  Stadien    nachgewiesen 
worden    sind;     Bruchstücke    von     Eiern    und     ebenso    isolierte 
Blastomeren    liefern    innerhalb   gewisser   Grenzen    das    propor- 
tionalverkleinerte Ganze,  jeder  solche  Teil  besitzt  also  die  Po- 
tenzen  des   Ganzen.     Aber   freilich   in    einer  Beziehung   ist    er 
.ben  auch   trotz    seiner  Fragmentnatur   ein  Ganzes:    der  Kern 
ist  bei  allen  diesen  Versuchen   ganz  vorhanden.     Nehmen  wir 
I  i  ile  vom  Kern  hinweg,   so  hört  die  Fähigkeit,   das  Normale 
zu  bilden,   auf,    und  wenn    diese  Kerndefekte  in  verschiedenen 
Bereichen  des  Keimes   verschiedenartiges  Chromatin  betreffen, 
zeigt    sich,    wie    Fig.  49—52    (pag.  49)    lehren,    in   ausge- 
prägter Weise  eine  mosaikartige  Verschiedenheit  der  einzelnen 
K<-imbezirke;    die    Befähigung    zum    einheitlichen    Ganzen    ist 
trloren  gegangen. 

Als«»  nur  das  Protoplasma  des  Echinideneies  besitzt 
jene  Einfachheit  oder  vielleicht  richtiger:  Gleichartigkeit  der 
Struktur,  welche  wir  voraussetzen  müssen,  wo  der  Teil  das 
1  ranze  zu  repräsentieren  vermag.  Und  der  Schluß  liegt  nahe: 
eben  weil  der  Kern  kompliziert  ist  und  weil  in  ihm  offenbar 
diejenige  Komplikation  enthalten  ist,  die  von  der  Ausgangs- 
zelle eines  hoch  differenzierten  Organismus  gefordert  werden 
muß,  kann  das  Protoplasma  einfach  sein.  Denn  es  erscheint 
genügend,  wenn    im  Protoplasma  so   viel   von  Differenz   liegt, 


12  I 


um  zunächst  in  einem  beschränkten  Keimbereich  zeitlich  vor 
den  anderen  Bereichen  bestimmte  Qualitäten  der  überall  gleichen 
Kerne  zu  einer  Tätigkeit  anzuregen,  welche  rückwirkend  das 
Protoplasma  dieser  Zellen  von  dem  der  übrigen  verschieden 
macht.  Ist  nur  einmal  ein  solcher  Anfang  da,  so  läßt  sich 
verstehen,  wie  in  gegenseitiger  Wechselwirkung  von  Proto- 
plasmagestaltung und  Aktivierung  von  Kernqualitäten  die  ganze 
im  Kern  gelegene  Komplikation  allmählich  in  den  Differen- 
zierungen des  Protoplasmas  zur  Erscheinung  gebracht  wird. 
Wie  nahe  wir  mit  diesem  Ergebnis  zu  den  Betrachtungen 
über  die  Rolle  des  Kerns  bei  der  Vererbung  zurückkommen, 
braucht  nicht  weiter  dargelegt  zu  werden. 


Nachdem  ich  im  Vorstehenden  versucht  habe,  die  wesent- 
lichen Elemente  vorzuführen,  welche  gegenwärtig  die  Lehre 
von  der  Chromatinkonstitution  ausmachen,  und  die  Punkte  zu 
bezeichnen,  an  welche  sich  voraussichtlich  der  weitere  Fort- 
schritt anknüpfen  wird,  dürfte  es  zum  Schluß  nicht  unnütz 
sein,  über  die  Methodik  unseres  Forschungsgebiets  mit  einigen 
Worten  Rechenschaft  abzulegen.  Da  es  sich  um  winzige  Be- 
standteile von  Zellen  handelt  und  also  um  Betrachtung  mit 
den  stärksten  mikroskopischen  Systemen,  da  überdies  fast  alles, 
was  wir  beschreiben,  an  toten  Objekten  erforscht  werden  muß, 
kann  die  Frage  auftreten,  ob  nicht  Artefakte  oder  sonstige 
Quellen  der  Täuschung  die  Zuverlässigkeit  der  gezogenen 
Schlüsse  zweifelhaft  machen  könnten.  Wir  dürfen  dies  ver- 
neinen. Die  „Chromosomen"  als  Fädchen  oder  Stäbchen  lassen 
sich  in  manchen  Zellen  mit  voller  Deutlichkeit  im  Leben  er- 
kennen und  mit  genügender  Klarheit  in  ihren  Bewegungen 
während  der  Zellteilung  verfolgen.  Aber  selbst,  wenn  dies 
nicht   der   Fall   wäre,    würde    die   Art,    wie   sie   von   den    ver- 


122        


schiedensten  Reagentien  in  gleicher  Weise  zur  Anschauung 
»rächt  werden,  und  die  Tatsache,  daß  die  konservierten  Zu- 
stand«- genau  mit  bestimmten  Lebensphasen  der  Zelle  in  kon- 
tinuierlicher  Reihe  zusammentreffen,  an  der  Realität  der  Be- 
funde über  Zahl.  Spaltung  und  Verteilung  keinen  Zweifel  lassen. 
Anders  steht  es  mit  der  Frage  über  Form,  Größe  und  feinere 
Struktur  der  Chromosomen.  Allein  soweit  hier  Sicherheit 
fehlt,  sind  unsere  Schlüsse  davon  unabhängig.  Ob  die  Chro- 
mosomen durch  unsere  Konservierungsmittel  quellen  oder 
schrumpfen,  berührt  uns  nicht;  denn  nur  auf  Relatives  kommt 
es  bei  unseren  Folgerungen  an.  Ob  aber  die  feinere  Struktur, 
die  sich  unter  Umständen  an  konservierten  Chromosomen  zeigt, 
und  ob  die  Anordnungen,  die  unsere  Fixierungsmittel  in  ruhen- 
den Kernen  zum  Vorschein  bringen,  der  Wirklichkeit  ent- 
sprechen,  ist  deshalb  gleichgültig*,  weil  unsere  Betrachtung  sich 
mit  diesen  Verhältnissen  überhaupt  nicht  befaßt. 

Wenn    ich    für   den    besprochenen    morphologischen   Tat- 
sachenkomplex den  Ausdruck  „Konstitution"  gewählt  habe, 
so  ist  dies  nicht  zum  wenigsten  deshalb  geschehen,  weil  dieser 
Titel   vielleicht  bei  manchem  Leser  biochemische  Assoziationen 
hervorruft  und  weil  ich  nicht  deutlicher  als  durch  den  Kontrast, 
in  welchem  die  vorgeführten  Tatsachen  dazu  stehen,  der  nicht 
selten   sich   kundgebenden    Meinung    entgegentreten    kann,  als 
ginne  bei  den  cellulären  Bestandteilen,  die  wir  als  Chromatin, 
Plastin,  Protoplasma   etc.   bezeichnen,   bereits   die   Domäne   des 
(  hemikers.     Die  mitgeteilten  Ergebnisse  zeigen  genugsam,  daß 
von   chemischer   Konstitution   des  Chromatins   kaum   mit  mehr 
Recht    gesprochen    werden    kann,    wie    von    chemischer    Kon- 
stitution   der    Niere   oder   des    Hirns.      F.  Miescher,    der   aus- 
zeichnete Begründer   der  Zellenchemie,    prophezeit    in  einem 
seiner  letzten  Briefe  vom  Jahre   1895*)  gewaltige  Kämpfe,  die 

*)  Die  histochemischen  und  physiologischen  Arbeiten  von  FRIEDRICH 
MIESCHER,  gesammelt  nnd  herausgegeben  von  seinen  Freunden.  Bd.  I,  (pag.  128). 
Leipzig    1897. 


—      123     — 

auf  dem  Feld  der  Kernkonstitution  und  der  damit  zusammen- 
hängenden Vererbungsfrage  im  zwanzigsten  Jahrhundert 
zwischen  Morphologen  und  Biochemikern  auszufechten  sein 
werden,  und  sein  ganzes  Lebenswerk  drückt  klar  genug  die 
Überzeugung  aus,  daß  seiner  Wissenschaft  der  Sieg  zufallen 
wird.  Auch  der  Morphologe  wird  im  Streben  nach  Erkenntnis 
so  viel  Selbstverleugnung  besitzen,  um  den  endlichen  Sieg 
seinem  Wettbewerber  zu  wünschen;  auch  er  könnte  sich  nichts 
Besseres  denken,  als  wenn  die  morphologische  Analyse  bis  zu 
einem  Punkt  geführt  wäre,  wo  ihre  letzten  Elemente  direkt 
chemische  Individuen  sind.  Allein  gerade  gegenwärtig  er- 
scheint dieses  Ziel  ferner  als  je;  ist  es  doch  sogar  fraglich,  ob  ein 
solches  Ziel  in  dem  Sinne,  daß  die  letzten  wesentlichen  Ele- 
mente der  lebenden  Materie  chemische  Körper  seien,  überhaupt 
existiert.  Wie  dem  auch  sein  mag,  die  auf  dem  Wege  der 
deskriptiven  und  experimentellen  Morphologie  erlangte  Einsicht 
in  die  Konstitution  des  Kerns  hat  eine  Unterscheidbarkeit  von 
solcher  Feinheit  aufgedeckt,  daß  wir  uns  vorläufig  kaum  ein 
Mittel  vorstellen  können,  diese  Verschiedenheiten  chemisch  zu 
fassen.  Denn  nicht  Zellkerne,  ja  auch  nicht  einzelne  Chromo- 
somen, sondern  bestimmte  Teile  bestimmter  Chromosomen  aus 
bestimmten  Zellen  in  ungeheueren  Mengen  zu  isolieren  und 
zur  Analyse  zu  sammeln,  das  wäre  die  Vorbedingung  dafür, 
daß  der  Chemiker  in  den  Stand  gesetzt  wäre,  feiner  zu  scheiden 
als  der  Morphologe.  Und  so  dürfen  wir  einstweilen,  bei  voller 
Erkenntnis  des  Minimums  an  erreichter  Einsicht,  behaupten, 
daß  die  mit  unseren  Mitteln  erarbeitete  Analyse  des  Kerns 
für  die  Physiologie,  d.  h.  für  die  Erforschung  der  Lebens- 
vorgänge, ungleich  mehr  zu  bedeuten  hat,  als  die  ganze  jetzige 
Kernchemie.  Denn  die  Kernmorphologie  bezieht  sich 
wenigstens  auf  das  Räderwerk  der  Uhr,  die  Kernchemie 
im  besten  Fall  nur  auf  das  Metall,  aus  dem  die  Räder  ge- 
formt sind. 


124      — 

Wenn  aber  nicht  Chemie,  so  ist  doch  etwas  von  dem 
Wesen  chemischer  Forschung  in  unserer  Art  des  Vorgehens. 
Maß  und  Zahl,  wenn  auch  in  einfachster  Anwendung,  sind 
unsere  wichtigsten  Hilfsmittel.  Wir  messen  die  Größe  der 
Chromosomen,  wir  zahlen  sie,  wir  messen  die  Größe  der  Kerne, 
welche  bestimmten  Zahlen  von  Chromosomen  entsprechen;  und 
wie  der  I Musiker  das  weiße  Licht  zerspaltet  und  seine  einzelnen 
-tandteile  getrennt  untersucht,  so  zerlegen  wir,  wenn  auch 
noch  so  primitiv,  den  einheitlichen  Kern  in  verschiedene  Kom- 
binationen seiner  Elemente  und  verfolgen  deren  Wirkung. 

Lud  noch  in  einer  andern  Hinsicht  vermag  die  Spektral- 
anal vse  etwas  Wesentliches  in  unseren  Forschungsmitteln  zu 
erläutern.  Gleich  dem  Prisma,  welches  das  von  einem  Körper 
ausstrahlende  Licht  auseinanderlegt  und  uns  die  Substanzen 
anzeigt,  die  ihn  zusammensetzen,  zerlegt  die  Embryonalent- 
wicklung  die  im  Ei  enthaltenen  Qualitäten,  indem  sie  aus  ihnen 
den  fertigen  Zustand  hervorgehen  läßt.  So  ist  der  entfaltete 
Organismus  gleichsam  das  Spektrum,  in  welchem  die  zahllosen 
kleinsten  Besonderheiten  der  Keimzelle  unseren  Wahrnehmungs- 
mitteln zugänglich  werden. 

Darin  liegt  das  unendliche  Übergewicht  begründet,  das 
alle  Kernexperimente,  die  sich  auf  Eier  oder  Embryonalzellen 
beziehen  und    dazu    gehören    auch    die    Bastardierungsver- 

suche —  gegenüber  denen  an  fertigen  Körperzellen  oder  an 
einzelligen  Wesen  besitzen.  Denn  für  keine  andere  Zelle  haben 
wir  ein  nur  im  entferntesten  so  feines  Maß  der  ihr  zukom- 
menden Qualitäten,  wie  sie  uns  für  die  Eizelle  und  ihren 
Kern  in  der  Gestaltung  des  fertigen  Organismus  gegeben  ist. 
„Embryonalanalyse  des  Zellkerns",  so  ließe  sich  die  Me- 
thode  bezeichnen,  von  der  wir  die  besten  Früchte  auf  unserem 
jungbepflanzten   Forschungsfeld  erhoffen  dürfen. 


Verzeichnis  der  zitierten  Literatur. 


i)  E.  Amelung,   Beziehungen  zwischen  dem  Volumen  der  Zellen  und  dem   Vo- 
lumen der  Pflanzenorgane.     Dissert.     Würzburg   1893. 

2)  W.  Bateso n  and  R.  E.  Saunders,  Experimental  Studies  in  the  Physiology 
of  Heredity.     Reports  to  the  Evolution  Committee.     Report  I.     London  1902. 

3)  E.  van  Beneden,    Recherches    sur   la   maturation    de  l'oeuf  la  fecondation  et 
la  division  cellulaire.     Gand  et  Leipzig   1883. 

4)  M.  W.  Black  man,    Notes    on    the    Spermatocytes   and    Spermatids    of   Scolo- 
pendra.     Bull.  Univ.   of  Kansas.,  Bd.  X,   1902. 

5)  K.  Bonnevie,    Über  Chromatindiminution   bei  Nematoden.     Jen.  Zeitschr.   f. 
Nat.-Wiss.,  Bd.  XXXVI,   1901. 

6)  M.  Boveri,    Über  Mitosen  bei  einseitiger  Chromosomenbindung.  Jen.  Zeitschr. 
f.  Nat.-Wiss.,  Bd.  XXXVII,   1903. 

7)  Th.  Boveri,    Über  die  Befruchtung  der  Eier  von  Ascaris    meg.     Sitz.-Ber.  d. 
Ges.  für  Morph,  u.  Phys.,  München,  Bd.  III,  1887. 

8)  Th.  Boveri,    Über  Differenzierung   der  Zellkerne    während  der  Furchung  des 
Eies  von  Ascaris  meg.     Anat.  Anz.,  Bd.  II,    1887. 

9)  Th.  Boveri,    Zellenstudien.      I.  Die  Bildung  der  Richtungskörper  bei  Ascaris 
meg.  und  Ascaris   lumbr.     Jena   1887. 

10)  Th.   Boveri,     Über    partielle    Befruchtung.      Sitz.-Ber.    d.    Ges.    f.   Morph,  u. 
Phys.,  München,  Bd.  IV,    1888. 

11)  Th.  Boveri,    Zellenstudien.     IL  Die  Befruchtung    und    Teilung  des  Eies  von 
Ascaris  meg.     Jena   1888. 

12)  Th.  Boveri,  Ein  geschlechtlich  erzeugter  Organismus  ohne  mütterliche  Eigen- 
schaften.    Sitz.-Ber.  d.  Ges.  f.  Morph,  u.  Phys.,  München,  Bd.  V,   1889. 

13)  Th.    Boveri,     Zellenstudien.      III.    Über    das    Verhalten     der     chromatischen 
•     Kernsubstanz    bei   der  Bildung   der  Richtungskörper    und  bei  der  Befruchtung. 

Jena    1890. 


—       I  26       — 

14)  Th.   Boveri,  Über  die  Entstehung  des  Gegensatzes  zwischen  den  Geschlechts- 
llen   und  den  somatischen   Zellen  bei  Ascaris  meg.  etc.     Sitz.-Ber.  d.   Ges.   f. 

Morph,   u.    I'hys..    München.    Bd.   VIII.    1892. 

1h.  Boveri.   Befruchtung.     Erg.  d.   Anat.  u.  Entw.-Gesch.,   Bd.  I,   1892. 

Th.    Boveri,     Über    die    Befmchtungs-    und    Entwicklungfähigkeit    kernloser 

Seeigeleiei     tc     Arch.  f.  Entw.-Mech.,  Bd.  II,   1895. 
171    1  h.    Boveri,   Zur  Physiologie  der  Kern- und  Zellteilung.     Sitz.-Ber.  phys. -med. 
-     Würzburg,  Jahrg.  1896,    1897. 

Th.    Boveri,    Die  Entwicklung    von  Ascaris  meg.    mit    besonderer  Rücksicht 

auf  die  Kernverhaltnisse.     Festschr.  f.  C.  von  Kupffer.    Jena  1899. 

19)  Th.   Boveri,    Merogonie   und    Ephebogenesis.      Anat.   Anz.,  Bd.  XIX,    1901. 

20)  I'h.   Boveri,    Über  mehrpolige  Mitosen  als  Mittel  zur  Analyse  des  Zellkerns. 
Verh.  d.  phys.-med.  Ges.   Würzburg,  N.  F.   Bd.  XXXV,    1902. 

2<>a)  Th.   Boveri,  Über  den  Einfluß  der  Samenzelle  auf  die  Larvencharaktere  der 
Echiniden.     Arch.   f.   Entw.-Mech.,  Bd.  XVI,   1903. 

21)  A.  Brauer,    Zur    Kenntnis  der    Spermatogenese    von    Ascaris    meg.      Arch.   f. 
mikr.  Anat.,  Bd.  XLII,    1893. 

::     '  >.  Bütschli,    Studien    über   die  ersten  Entwicklungsvorgänge  der  Eizelle,  die 
Zellteilung  und  Konjugation  der  Infusorien.  Abh.  d.  Senckenb.  Ges.,  Bd.  X,  1876. 

23)  J.  B.  Carnoy  et  H.  Lebrun,  La  cytodierese  de  Poeuf.     La  Cellule,  Bd.  XII, 
1897,  Bd.  XIV,    1898. 

24)  W.  E.   Castle,  The  Heredity  of  Sex.     Bull.  Mus.  Comp.  Zool.  Harvard  Coli., 
Bd.  XL,    1903. 

25)  E.  G.  Conklin,    The    Individuality    of    the    Germ  Nuclei  during  the  Cleavage 
of  the  Egg  of  Crepidula.     Biol.  Bull.,   Bd.  II,    1901. 

—  * ■ »    V-  Delage,  Etudes  sur  la  Merogonie.     Arch.  de  Zool.  exper.,  Bd.  VII,    1899. 

27)  Y.   Delage,     Etudes    experimentales    sur    la    Maturation  cytoplasmique  et  sur 
la   Parthenogenese  artificielle  etc.     Arch.  de  Zool.   exper.,   Bd.   IX,    190 1. 

28)  H.  Driesch,     Entwicklungsmechanische     Studien.      IV.    Experimentelle    Ver- 
änderungen des  Typus  der  Furchung  und  ihre  Folgen.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool., 

.  LV.    1892. 
II.  Driesch,  Entwicklungsmechanische  Studien.  V.  Von  der  Furchung  doppelt- 
befruchteter Eier.     Zeitschr.  f.   wiss.  Zool,   Bd.  LV,    1892. 

30)  H.  Driesch,  Zur  Verlagerung   der    Blastomeren    des  Echinideneies.     Anatom. 
Anz.,    l8'i}. 

31)  ff.  Driesch,    Die   isolierten  Blastomeren    des  Echinideneies.      Arch.   f.  Entw. - 
Mfo  eh.,    Bd.  X.    1900.    • 

II.  Driesch,    N<ue  Antworten  und  neue  Fragen  der  Entwicklungsphysiologie. 
gebn.   d.   Anat.   u.   Entw.-Gesch.,  Bd.  XI,   1902. 

Eisen,  The  Chromoplasts  and  the  Chromioles.    Biolog.  Centralbl,  Bd.  XIX, 
i8< 

34!  G.  Eisen,  The  Spermatogenesis  of  Batrachoseps.  Journ.  of  Morph.,   Bd.  XVII, 
1900. 


—        I27        — 

35)  R.  Fick,  Mitteilungen  über  die  Eireifung  bei  Amphibien.  Verh.  d.  Anat. 
Ges.    1899. 

36)  J.  J.  Gerassimow,  Die  Abhängigkeit  der  Größe  der  Zelle  von  der  Menge 
ihrer  Kernmasse.     Zeitschr.  f.  allgem.  Physiol.,  Bd.  I,    1902. 

37)  A.  Giardina,  Origine  dell  'oocite  e  delle  cellule  nutrici  nel  Dytiscus.  Internat. 
Monatsschr.   f.  Anat.  u.   Phys.,   Bd.  XVIII,    1901. 

38)  V.  Haecker,  Die  Vorstadien  der  Eireifung.  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XLV, 
1895. 

39)  V.  Haecker,  Über  die  Selbständigkeit  der  väterlichen  und  mütterlichen  Kern- 
bestandteile während  der  Embryonalentwicklung  von  Cyclops.  Arch.  f.  mikr. 
Anat.,  Bd.  XL  VI,  1896. 

40)  V.  Haecker,  Praxis  und  Theorie  der  Zellen-  und  Befruchtungslehre.  Jena  1899. 

41)  V.  Haecker,  Über  die  Autonomie  der  väterlichen  und  mütterlichen  Kern- 
substanz vom  Ei  bis  zu  den  Fortpflanzungszellen.    Anat.  Anz.,  Bd.  XX,    1902. 

42)  V.  Haecker,  Über  das  Schicksal  der  elterlichen  und  großelterlichen  Kern- 
anteile.    Jen.   Zeitsch.   f.  Nat.-Wiss.,  N.  F.  Bd.  XXX,    1902. 

43)  M.  Hartmann,  Studien  am  tierischen  Ei.  I.  Ovarialei  und  Eireifung  von 
Asterias  glacialis.     Zool.  Jahrb.,  Bd.  XV,    1902. 

44)  M.  Heidenhain,  Neue  Untersuchungen  über  die  Zentralkörper  und  ihre  Be- 
ziehungen zum  Kern  und  Zellenprotoplasma.  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XLIII, 
1894. 

45)  H.  Henking,  Über  Spermatogenese  und  deren  Beziehung  zur  Eientwicklung 
bei  Pyrrhocoris  apterus  L.     Zeitschr.  f.  wiss.   Zool.,  Bd.  LI,    1891. 

46)  C.  Herbst,  Über  das  Auseinandergehen  von  Furchungs-  und  Gewebezellen 
im  kalkfreien  Medium.     Arch.  f.  Entw\-Mech.,  Bd.  IX,    1900. 

47)  V.  Herla,  Etudes  des  variations  de  la  mitose  chez  l'Ascaride  meg.  Arch. 
de  Biol.,  Bd.  XIII,    1893. 

48)  O.  Hertwig,  Das  Problem  der  Befruchtung  und  der  Isotropie  des  Eies,  eine 
Theorie  der  Vererbung.     Jena   1884. 

49)  O.  Hertwig,  Vergleich  der  Ei-  und  Samenbildung  bei  Nematoden.  Arch.  f. 
mikr.  Anat,  Bd.  XXXVI,   1890. 

50)  O.  Hertwig,  Über  den  Wert  der  ersten  Furchungszellen  für  die  Organ- 
bildung des  Embryo.     Arch.   f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XLII,    1893. 

51)  O.  Hertwig,  Zeit-  und  Streitfragen  der  Biologie.  I.  Präformation  oder 
Epigenese?     Jena   1994. 

52)  R.  Hertwig,  Über  Korrelation  von  Zell-  und  Kerngröße  und  ihre  Bedeutung 
für  die  geschlechtliche  Differenzierung  und  die  Teilung  der  Zelle.  Biol.  Zen- 
tralbl.,  Bd.  XXIII,    1903. 

53)  O.  und  R.  Hertwig,  Über  den  Befruchtungs-  und  Teilungsvorgang  des 
tierischen  Eies  unter  dem  Einfluß  äußerer  Agenden.     Jena   1887. 

54)  E.  Heuser,  Beobachtung  über  Zellteilung.     Botan.  Centralbl.    1804. 

55)  A.  Koelliker,  Die  Bedeutung  der  Zellkerne  für  die  Vorgänge  der  Vererbung. 
Zeitschr.   f.  wiss.  Zool.,  Bd.  XLII,    1885. 


128       — 

E.  Korscheit,  Über  Kernteilung,  Eireifung  und  Befruchtung  bei  Ophryotrocha 

puerilis.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  Bd.   LX,   1895. 

E.   Korscheit  u.   K.   Heider,    Lehrbuch    der   vergleichenden    Entwicklungs- 

bichte  der  wirbellosen  Tiere.     Allgem.  Teil:  II.     Jena  1903. 
J.    Loeb,    Warum   ist  die  Regeneration  kernloser  Protoplasmastücke  unmöglich 
oder  erschwert?     Arch.   f.   Entw.-Mech.,  Bd.  VIII,   1899. 

J.    Loeb,    On    the    Nature    of    the    Process    of    Fertilization    and    the    artificial 
I'    duetion  of  Normal   Larvae  etc.     American  Journ.  of  Phys.,  Bd.  III,   1899. 
C.    1      Mc  Clung,    A    Peculiar   Nuclear   Element   in    the    Male  Reproductive 
Cells  of  Insects.     Zool.  Bull.,  Bd.  II,    1899. 
C.  E.   Mc  Clung,  The  Spermatocyte  Divisions    in  the  Acridiae.    Kan.  Univ. 

rt.,  Bd.   IX,    1900. 
C.    E.   Mc  Clung,   The  Accessory  Chromosome  —  Sex   Determinant?     Biol. 
Bull.,  Bd.   III,    1902. 

G.  Mendel,  Versuche  über  Pflanzenhybriden  (1865  und  1869).  Ostwalds 
Klassiker.     Leipzig   1901. 

O.  Meyer,  Celluläre  Untersuchungen  an  Nematodeneiern.  Jen.  Zeitschr.  1895. 
T.  H.  Montgomery,  The  Spermatogenesis  in  Pentatoma  up  to  the  For- 
mation of  the  Spermatid.      Zool.  Jahrb.,  Bd.   XII,    1898. 

T.  H.  Montgomery,  Further  Studies  on  the  Chromosomes  of  the  Hemiptera 
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T.   H.  Montgomery,    A  Study   of   the  Chromosomes  of  the  Germ  Cells  of 
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I.    H.   Montgomery,   The  Heterotypic  Maturation  Mitosis  in  Amphibia  and 
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J.  E.  S.  Moore,  On  the  Structural  Changes  in  the  Reproductive  Cells 
during  the  Spermatogenesis  of  Elasmobranchs.  Quart.  Journ.  of  Mikr.  Sc, 
Bd.    XXXVIII.    1895. 

T.  H.  Morgan,  The  Fertilization  of  non-nucleated  Fragments  of  Echinoderm- 
Eggs.      Arch.   f.   Entw.-Mech.,  Bd.  II,    1895. 

T.     H.    Morgan,     The    Action    of    Salt-Solutions    on    the    Unfertilized    and 
Fertilized  Eggs  of  Arbacia  etc.     Arch.  f.   Entw.-Mech.,  Bd.   VIII,   1899. 
M.     Nußbaum,     Über     Kern-     und    Zellteilung.      Arch.     f.     mikr.     Anat., 
Bd   LIX,  1902. 

I  C.  Paulmier,  The  Spermatogenesis  of  Anasa  tristis.  Journ.  of  Morph., 
Bd.   XV,    1899. 

W.    Pfeffer,   Pflanzenphysiologie,   2.  Auflage,  Bd.  I,    1897. 
C.   Rabl,   Über  Zellteilung.     Morph.  Jahrb.,  Bd.   X,    1885. 
C.   Rabl,  Über  Zellteilung.     Anat.  Anz.,  Bd.  IV,    1889. 
C.  Rabl,    Über  den  Bau  und  die  Entwicklung  der  Linse.     III.     Zeitschr.   f. 
wiss.  Zool.,  Bd.  LXVII,   1899. 
8)  E.  Rohde,    Untersuchungen   über   den  Bau    der  Zelle.     I.    Kern   und  Kern- 
körper.    Zeitschr.   f.  wiss.  Zool.,  Bd.  LXXIII,   1903. 


—      i2g     — 

79)  W.  Roux,   Über  die  Bedeutung  der  Kernteilungsfiguren.     Leipzig   1883. 

80)  W.  Roux,  Über  die  Ursachen  der  Bestimmung  der  Hauptrichtungen  des 
Embryo  im  Froschei.     Anatom.  Anz.,  Bd.   XXIII,   1903. 

81)  J.  Rückert,  Zur  Entwicklungsgeschichte  des  Ovarialeies  bei  Selachiern. 
Anat.  Anz.,   Bd.   VII,    1892. 

82)  J.   Rückert,  Zur  Eireifung  bei  Copepoden.     Anatom.  Hefte    1894. 

83)  J.  Rückert,  Die  Chromatinreduktion  bei  der  Reifung  der  Sexualzell«  n. 
Ergebn.  der  Anat.   u.   Entw. -Gesch.,  Bd.  III,    1894. 

84)  J.  Rückert,  Über  das  Selbständigbleiben  der  väterlichen  und  mütterlichen 
Kernsubstanz  während  der  ersten  Entwicklung  des  befruchteten  Cyklopseies. 
Arch.   f.   mikr.   Anat.,   Bd.   VL,    1895. 

85)  M.  Sabaschnikof f ,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Chromatinreduktion  in  der 
Ovogenese  von  Ascaris  meg.  biv.     Bull,   de  Moscou    1897. 

8b)  J.   Sachs.  Physiologische  Notizen   VI.     Flora.     Jahrg.    1893. 

87)  R.  de  Sinety,  Recherches  sur  la  Biologie  et  1' Anatomie  des  Phasmes.  La 
Cellule,   Bd.  XIX,    1902. 

88)  N.  M.  Stevens,  Experimental  Studies  on  Eggs  of  Echinus  microtuberculatus. 
Arch.  f.   Entw.-Mech.,   Bd.  XV,    1902. 

89)  N.  M.  Stevens,  On  the  Ovogenesis  and  Spermatogenesis  of  Sagitta  bipunc- 
tata.      Zool.  Jahrb.,   Abt.   f.   Anat   u.   Ont.,    Bd.   XVIII,    1903. 

90)  E.  Strasburger,  Neue  Untersuchungen  über  den  Befruchtungsvorgang  bei 
den  Phanerogamen  als  Grundlage  für  eine  Theorie  der  Zeugung.     Jena    1884. 

91)  E.  Strasburger,    Über  die  Wirkungssphäre    der    Kerne    und    die    Zellgn 
Histolog.  Beiträge,  V,    1893. 

92)  O.  zur  Straßen,  Über  die  Riesenbildung  bei  Ascariseiern.  Arch.  f.  Entw.- 
Mech.,   Bd.   VII,    1898. 

93)  W.  S.  Sutton,  The  Spermatogonial  Divisions  in  Brachystola  magna.  Bull. 
Univ.  Kansas,  Bd.   I,    1900. 

94)  W.  S.  Sutton,  On  the  Morphology  of  the  Chromosome  Group  in  Brachystola 
magna.      Biolog.   Bull.,   Bd.   IV,    1902. 

95)  W.  S.   Sutton,    The  Cnromosomes  in   Heredity.     Biol.  Bull.,   Bd.   IV,    1903. 
95a)  M.  Verworn,   Allgemeine  Physiologie.     II.   Aufl.    1897. 

96)  H.   de  Vries,  Intracelluläre  Pangenesis.     Jena   1889. 

97)  H.   de  Vries,  Befruchtung  und  Bastardierung.     Leipzig   1903. 

98)  W.  Waldeyer,  Die  Geschlechtszellen.  O.  Hertwigs  Handbuch  der  vergl. 
Entw.-Gesch.,  Bd.  I,  Jena   1903. 

99)  L.   B.   Wallace,    The    Accessory  Chromosome    in    the   Spider.      Anat.    An/.. 

Bd.   XVIII,   1900. 

100)  A.    Weismann,     Die     Kontinuität     des    Keimplasmas    als    Grundlage    einei 

Theorie  der  Vererbung.     Jena    1885. 

101)  A.  Weismann,  Über  die  Zahl  der  Richtungskörper  und  über  ihre  Be- 
deutung für  die  Vererbung.     Jena   1887. 

102)  A.  Weismann,  Das  Keimplasma.    Eine  Theorie  der  Vererbung.    Jena  [892. 


130 

A     Weismann,   Vorträge  über  Deszendenztheorie.     Jena   1902. 
104)   A.    Weismann   u.   C.   Ishikawa,  Über  die  Parakopulation   im  Daphnidenei, 
irie   über   Reifung   und  Befruchtung  desselben.      Zool.  Jahrb.,   Bd.   IV,    1889. 
1031    E.    V.    Wilcox,    Further  Studies  on  the  Spermatogenesis  of  Caloptenus  femur- 

rubrum.      Bull.    Mus.   Comp.   Zool.    Harvard  Coli.,   Bd.   XXIX,    1896. 

1      B.    Wilson,    The  Cell    in   Development    and  Inheritance,    IL   Ed.      New- 

Y'  >rk    1900. 
1071   E.    B.    Wilson.    Experimental    Studies    in    Cytology    I.      A    cytological    study 

of     artificial     parthenogenesis     in     seaurchin     eggs.        Arch.     f.     Entw.-Mech., 

Bd.   XII.    1901. 
lo8)    H.    Winkler,     Über     Merogonie    und     Befruchtung.      Jahrb.    f.     wiss.    Bot., 

Bd.    XXXVI.    1901. 
ioqi   II.   E.    Ziegler,    Experimentelle    Studien    über    die    Zellteilung    I.      Arch.    f. 

Entw.-Mech.,   Bd.   VI,    1898. 
uo)   R.   Zoja,    Sulla    independenza    della    cromatina    paterna  e    materna  nel   nucleo 

delle  cellule  embrionali.      Anat.   Anz.,   Bd.   XI,    1895. 


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Der  Anteil  äusserer  Einwirkungen  auf  die  Entwicklung.  2.  Kapitel.  Das  Deter- 
minationsproblem. 3.  Kapitel.  Ermittelungen  der  im  Innern  wirkenden  Entwicke- 
lungsfaktoren.  Zweiter  Abschnitt.  Die  Geschlechtszellen,  ihre  Entstehung,  Reifung 
und  Vereinigung.  4.  Kapitel.  Ei  und  Eibildung.  5.  Kapitel.  Sperma  und  Sper- 
matogenese. 

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Theorie  und  Vererbung. 


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\u-  dem    Inhalt:    Abschnitt  I.    Landschaft,  —  Vegetation.     Tauber- 

raubergrund,  Mainthal,  Saalethal  etc.  (S.  1—61).    Abschnitt  II.    Tiere.  — 

Vorkommen,    Bau    und   Leben.     Sporozoen,  Flagellaten  bis  Vögel,  Saugetiere 

!,    üagen:    Zur   Veränderung  des   Einzelwesens.     Zur  Veränderung 

«1,t  Fauna    Rückgang   der  Tierbevölkcrung.     Zur  Abstammungslehre  (S.  209—222). 

Abschnitt    Hl      Geschichtliches.     Linne,   Rothenburg  o.  T.,  Windsheini   etc. 

^       >  :  Verzeichnis   der  litterarischen  Veröffentlichungen  des  Verfassers. 

Die  progressiv  Reduktion  der  Uariabilität  und 
ibre  Beziehungen  zum  aussterben  und  zur 

0^%4-^4-^U«!^/^  A*%*  72\*b<\Y\  Von  Daniel  Rosa,  Professor  der  Zoologie 
UniSlCl)Uny  QCl  JinCn»  und  vergleichenden  Anatomie  an  der  K. 
Universität  in  Modena.  Im  Einverständnis  mit  dem  Verfasser  aus  dem 
Italienischen  übersetzt  von  Dr.  Heinrich  Bosshard,  Prof.  an  der  Kantons- 
schule  in  Zürich.     Preis:  2  Mark  50  Pf. 

Cebrbucb  der  »erreichenden  Histologie  der  Oere. 

Von  Dr.  Karl  Camillo  Schneider,  Privatdozent  an  der  Universität  Wien.  Mit 
691   Textabbildungen.     1902.     Preis:  24  Mark. 

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Dr.  August  Weismann.     Mit  3  farbigen  Tafeln  und  131  Textfiguren.  2  Bändr 
1902.     Preis:  20  Mark,  eleg.  geb.  22  Mark  50  Pf. 
Inhalt:   Allgemeine  und  historische  Einleitung.  —  Das  Prinzip  der  Natur- 
züchtung. —  Die  Färbungen  der  Tiere  und  ihre  Beziehungen  auf  Selektionsvorgänge. 

—  Eigentliche  Mimicry.  —  Schutzvorrichtungen  bei  Pflanzen.  —  Fleischfressende 
Pflanzen.  —  Die  Instinkte  der  Tiere.  —  Lebensgemeinschaften  oder  Symbiosen.  — 
Die  Entstehung  der  Blumen.  —  Sexuelle  Selektion.  —  Intraselektion  oder  Histonal^ 
Belektion.  Die  Fortpflanzung  der  Einzelligen.  —  Die  Fortpflanzung  durch  Keim- 
zellen. —  Der  Befruchtungsvorgang  bei  Pflanzen  und  Einzelligen.  —  Die  Keim- 
plasmatheorie.  Regeneration.  —  Anteil  der  Eltern  am  Aufbau  des  Kindes.  — 
Prüfung  der   Hypothese  einer  Vererbung  funktioneller  Abänderungen.  —  Einwürfe 

gen  die  Nichtvererbung  funktioneller  Abänderungen.  —  Germinalselektion.  —   Bio- 
oetisches  <  resetz.  —  Allgemeine  Bedeutung  der  Amphimixis.  —  Inzucht.  Zwittertum, 
Parthenogenese  und  asexuelle  Fortpflanzung  und  ihr  Einfluss  auf  das  Keimplasma.  - 
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beitet   von    Dr.    Robert    Wiedersheim,  o.  ö.  Prof.   der   Anatomie,  Direktor 
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IM  Hör  7 C\C\\c\C\\o  Von  Dr*  Heinricn  Ernst  Ziegler,  Prof.  an  de 
III  Uli  Z>UUIvylv»  Universität  Jena.  Vortrag  gehalten  in  der  gemeii 
halt  liehen  Sitzung  der  naturwissenschaftlichen  Hauptgruppe  der  73.  Versamn 
lung  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  zu  Hamburg  am  26.  September  1901 
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Ant.  Kämpfe,  Buohdruckerei,  Jena.